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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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geschäfften/ darinn er nach seinem abson-
lichen beruff oder pflicht der liebe arbeiten
solle/ wodurch er Göttliche ehre und des
nächsten nutzen zu befördern hat/ ob auch
solches durch gantz weltliche und leibliche
geschäffte geschehen müste/ deswegen ent-
hält/ oder wol gar den beruff daruber fah-
ren lässet/ weil er bey solchen geschäfften
nicht so viel zeit finde/ daß er den betrach-
tungen und andern geistlichen übungen/ die
sonsten an sich selbst ohne zweiffel erbaulich/
und von den jenigen/ die sie haben können/
nicht zu verachten sind/ nach seinem verlan-
gen abwarten könte. Jn dem wir wissen
müssen/ daß uns GOtt zwar die sorge vor
unsre seele hoch anbefohlen habe/ also/ daß
wir derselben billig alles nachsetzen/ aber
auch/ daß die sorge vor unsere seele eben die-
ses mit in sich fasse/ uns von dem HErrn
selbs führen zu lassen/ nicht aber in eigner
wahl einher zu gehen. Daher wir glau-
ben sollen/ unsrer seele werde nicht besser
auch vor sie selbs gerathen/ als wo sie in der
ordnung bleibet/ darein sie der HErr gesetzt
hat/ und thut/ was er von ihr fordert. So
bestehet der seelen erbauung nicht allein in
der unmittelbaren behandlung Göttlichen

Worts/
B 7

geſchaͤfften/ darinn er nach ſeinem abſon-
lichen beruff oder pflicht der liebe arbeiten
ſolle/ wodurch er Goͤttliche ehre und des
naͤchſten nutzen zu befoͤrdern hat/ ob auch
ſolches durch gantz weltliche und leibliche
geſchaͤffte geſchehen müſte/ deswegen ent-
haͤlt/ oder wol gar den beruff daruber fah-
ren läſſet/ weil er bey ſolchen geſchaͤfften
nicht ſo viel zeit finde/ daß er den betrach-
tungen und andern geiſtlichen übungen/ die
ſonſten an ſich ſelbſt ohne zweiffel erbaulich/
und von den jenigen/ die ſie haben koͤnnen/
nicht zu verachten ſind/ nach ſeinem verlan-
gen abwarten koͤnte. Jn dem wir wiſſen
müſſen/ daß uns GOtt zwar die ſorge vor
unſre ſeele hoch anbefohlen habe/ alſo/ daß
wir derſelben billig alles nachſetzen/ aber
auch/ daß die ſorge vor unſere ſeele eben die-
ſes mit in ſich faſſe/ uns von dem HErrn
ſelbs führen zu laſſen/ nicht aber in eigner
wahl einher zu gehen. Daher wir glau-
ben ſollen/ unſrer ſeele werde nicht beſſer
auch vor ſie ſelbs gerathen/ als wo ſie in der
ordnung bleibet/ darein ſie der HErr geſetzt
hat/ und thut/ was er von ihr fordert. So
beſtehet der ſeelen erbauung nicht allein in
der unmittelbaren behandlung Goͤttlichen

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[37/0099] geſchaͤfften/ darinn er nach ſeinem abſon- lichen beruff oder pflicht der liebe arbeiten ſolle/ wodurch er Goͤttliche ehre und des naͤchſten nutzen zu befoͤrdern hat/ ob auch ſolches durch gantz weltliche und leibliche geſchaͤffte geſchehen müſte/ deswegen ent- haͤlt/ oder wol gar den beruff daruber fah- ren läſſet/ weil er bey ſolchen geſchaͤfften nicht ſo viel zeit finde/ daß er den betrach- tungen und andern geiſtlichen übungen/ die ſonſten an ſich ſelbſt ohne zweiffel erbaulich/ und von den jenigen/ die ſie haben koͤnnen/ nicht zu verachten ſind/ nach ſeinem verlan- gen abwarten koͤnte. Jn dem wir wiſſen müſſen/ daß uns GOtt zwar die ſorge vor unſre ſeele hoch anbefohlen habe/ alſo/ daß wir derſelben billig alles nachſetzen/ aber auch/ daß die ſorge vor unſere ſeele eben die- ſes mit in ſich faſſe/ uns von dem HErrn ſelbs führen zu laſſen/ nicht aber in eigner wahl einher zu gehen. Daher wir glau- ben ſollen/ unſrer ſeele werde nicht beſſer auch vor ſie ſelbs gerathen/ als wo ſie in der ordnung bleibet/ darein ſie der HErr geſetzt hat/ und thut/ was er von ihr fordert. So beſtehet der ſeelen erbauung nicht allein in der unmittelbaren behandlung Goͤttlichen Worts/ B 7

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/99>, abgerufen am 17.05.2024.