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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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Worts/ mit dessen lesung/ hörung und be-
trachtung/ oder auch in langwiriger an-
dacht des gebets und dergleichen übungen/
welche zwar bey denen/ welche der HErr
darauff weiset/ und ihnen deswegen dazu
mehr gnade und zeit giebet/ an sich gut und
nützlich sind/ sondern sie stehen eben so wohl
in stäter übung des jenigen/ was wir in der
wenigen zeit/ so uns der HErr übrig lässet/
von ihm und seinem willen erkant haben.
Und weil die liebe die höchste haupt-tugend
ist/ in dero wir dem bilde GOttes/ welcher
lauter liebe ist/ am ähnlichsten werden/ hin-
gegen die liebe nicht nur durch die betrach-
tung und dergleichen übungen/ bey denen
eine abgezogenheit der seelen von andern
verrichtungen nöthig ist/ sondern auch selbs
durch dero übung gegen GOtt in dem ge-
horsam zu ihm/ und aus eben diesem gegen
den nächsten/ wächset/ können wir versichert
seyn/ daß in dem stande/ da uns der HErr
hin weiset/ unsrer seelen nicht weniger geist-
liche krafft zuwachsen wird durch die gottse-
lige abwartung der äusserlichen geschäffte/
als wo wir nach unserm belieben den be-
trachtungen obligen können. Ja wo wir
uns wider GOttes willen und beruff jener

ge-

Worts/ mit deſſen leſung/ hoͤrung und be-
trachtung/ oder auch in langwiriger an-
dacht des gebets und dergleichen übungen/
welche zwar bey denen/ welche der HErr
darauff weiſet/ und ihnen deswegen dazu
mehr gnade und zeit giebet/ an ſich gut und
nützlich ſind/ ſondern ſie ſtehen eben ſo wohl
in ſtaͤter übung des jenigen/ was wir in der
wenigen zeit/ ſo uns der HErr übrig laͤſſet/
von ihm und ſeinem willen erkant haben.
Und weil die liebe die hoͤchſte haupt-tugend
iſt/ in dero wir dem bilde GOttes/ welcher
lauter liebe iſt/ am aͤhnlichſten werden/ hin-
gegen die liebe nicht nur durch die betrach-
tung und dergleichen übungen/ bey denen
eine abgezogenheit der ſeelen von andern
verrichtungen noͤthig iſt/ ſondern auch ſelbs
durch dero übung gegen GOtt in dem ge-
horſam zu ihm/ und aus eben dieſem gegen
den naͤchſten/ waͤchſet/ koͤnnen wiꝛ verſichert
ſeyn/ daß in dem ſtande/ da uns der HErr
hin weiſet/ unſrer ſeelen nicht weniger geiſt-
liche krafft zuwachſen wird duꝛch die gottſe-
lige abwartung der aͤuſſerlichen geſchaͤffte/
als wo wir nach unſerm belieben den be-
trachtungen obligen koͤnnen. Ja wo wir
uns wider GOttes willen und beruff jener

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[38/0100] Worts/ mit deſſen leſung/ hoͤrung und be- trachtung/ oder auch in langwiriger an- dacht des gebets und dergleichen übungen/ welche zwar bey denen/ welche der HErr darauff weiſet/ und ihnen deswegen dazu mehr gnade und zeit giebet/ an ſich gut und nützlich ſind/ ſondern ſie ſtehen eben ſo wohl in ſtaͤter übung des jenigen/ was wir in der wenigen zeit/ ſo uns der HErr übrig laͤſſet/ von ihm und ſeinem willen erkant haben. Und weil die liebe die hoͤchſte haupt-tugend iſt/ in dero wir dem bilde GOttes/ welcher lauter liebe iſt/ am aͤhnlichſten werden/ hin- gegen die liebe nicht nur durch die betrach- tung und dergleichen übungen/ bey denen eine abgezogenheit der ſeelen von andern verrichtungen noͤthig iſt/ ſondern auch ſelbs durch dero übung gegen GOtt in dem ge- horſam zu ihm/ und aus eben dieſem gegen den naͤchſten/ waͤchſet/ koͤnnen wiꝛ verſichert ſeyn/ daß in dem ſtande/ da uns der HErr hin weiſet/ unſrer ſeelen nicht weniger geiſt- liche krafft zuwachſen wird duꝛch die gottſe- lige abwartung der aͤuſſerlichen geſchaͤffte/ als wo wir nach unſerm belieben den be- trachtungen obligen koͤnnen. Ja wo wir uns wider GOttes willen und beruff jener ge-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/100>, abgerufen am 17.05.2024.