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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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heilige Apostel selbs dazu setzet: v. 12. Wir
haben den geist aus Gott empfangen/
daß wir wissen können/ was uns von
GOtt gegeben ist.
Daher dieser freylich
auch um sein licht und leitung hertzlich anzu-
ruffen/ und von seiner führung die gewißheit
zu erwarten ist.

§. 88.

Wir haben aber sonderlich auff
die 2. extrema zu sehen/ daß man nemlich
sich nicht in sicherheit vergehe/ und was
natur ist vor grosse gnaden-werck achte/ auff
der andern seiten/ daß man nicht in klein-
muth
die gnaden-werck vor blosse natur-
werck ansehe/ und sich über die gebühr äng-
stige. Was das erste anlanget/ so ist zum
fördersten zu mercken/ wo sich bey einem
menschen offenbarliche laster und sünden/
die in ihme herrschen/ und er ihnen dienet fin-
den/ ja auch/ wo nur eines/ so er weißt/ und
darüber von andern erinnert/ oder in seinem
gewissen überzeuget wird/ das regiment in
ihm hat/ daß er dasselbe fort wissentlich und
mit willen begehet/ so ist ein solcher mensch
ausser Göttlicher gnade/ und also auch was
er thut/ was vor ein ansehen es hat/ nur na-
turwerck/ ja gar fleisches betrug/ nicht aber
göttliche gnaden-wirckung/ daher aller übri-

ge

heilige Apoſtel ſelbs dazu ſetzet: v. 12. Wir
haben den geiſt aus Gott empfangen/
daß wir wiſſen koͤnnen/ was uns von
GOtt gegeben iſt.
Daher dieſer freylich
auch um ſein licht und leitung hertzlich anzu-
ruffen/ und von ſeiner führung die gewißheit
zu erwarten iſt.

§. 88.

Wir haben aber ſonderlich auff
die 2. extrema zu ſehen/ daß man nemlich
ſich nicht in ſicherheit vergehe/ und was
natur iſt vor groſſe gnaden-werck achte/ auff
der andern ſeiten/ daß man nicht in klein-
muth
die gnaden-werck vor bloſſe natur-
werck anſehe/ und ſich über die gebühr aͤng-
ſtige. Was das erſte anlanget/ ſo iſt zum
foͤrderſten zu mercken/ wo ſich bey einem
menſchen offenbarliche laſter und ſünden/
die in ihme herrſchen/ uñ er ihnen dienet fin-
den/ ja auch/ wo nur eines/ ſo er weißt/ und
darüber von andern erinnert/ oder in ſeinem
gewiſſen überzeuget wird/ das regiment in
ihm hat/ daß er daſſelbe fort wiſſentlich und
mit willen begehet/ ſo iſt ein ſolcher menſch
auſſer Goͤttlicher gnade/ und alſo auch was
er thut/ was vor ein anſehen es hat/ nur na-
turwerck/ ja gar fleiſches betrug/ nicht aber
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[279/0341] heilige Apoſtel ſelbs dazu ſetzet: v. 12. Wir haben den geiſt aus Gott empfangen/ daß wir wiſſen koͤnnen/ was uns von GOtt gegeben iſt. Daher dieſer freylich auch um ſein licht und leitung hertzlich anzu- ruffen/ und von ſeiner führung die gewißheit zu erwarten iſt. §. 88. Wir haben aber ſonderlich auff die 2. extrema zu ſehen/ daß man nemlich ſich nicht in ſicherheit vergehe/ und was natur iſt vor groſſe gnaden-werck achte/ auff der andern ſeiten/ daß man nicht in klein- muth die gnaden-werck vor bloſſe natur- werck anſehe/ und ſich über die gebühr aͤng- ſtige. Was das erſte anlanget/ ſo iſt zum foͤrderſten zu mercken/ wo ſich bey einem menſchen offenbarliche laſter und ſünden/ die in ihme herrſchen/ uñ er ihnen dienet fin- den/ ja auch/ wo nur eines/ ſo er weißt/ und darüber von andern erinnert/ oder in ſeinem gewiſſen überzeuget wird/ das regiment in ihm hat/ daß er daſſelbe fort wiſſentlich und mit willen begehet/ ſo iſt ein ſolcher menſch auſſer Goͤttlicher gnade/ und alſo auch was er thut/ was vor ein anſehen es hat/ nur na- turwerck/ ja gar fleiſches betrug/ nicht aber goͤttliche gnaden-wiꝛckung/ daher aller übri- ge

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/341>, abgerufen am 12.06.2024.