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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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ursachen die frucht mehr hindern oder schla-
gen/ und daher dieselbe nicht rathsam ma-
chen mochte. Da hingegen es aber mahl
nicht nur eine ungerechtigkeit/ sondern auch
ein hochmuth ist/ wo man gern verhälet/
von wem man gelernet/ es nicht nur willig
andern nicht selbs bezeuget/ sondern es wol
gar läugnet/ und nur aus sich selbs klug ge-
wesen seyn will. We aber jenes erste sich
findet/ da ist/ was aus und mit solchem her-
tzen geschiehet/ warhafftig ein werck Got-
tes/ und nicht der natur/ als welche einmal
nie anders kan/ als ihre eigne ehre suchen/
und daran ein miß fallen haben/ was ihr zu
wider ist oder sie schmälert.

§. 69.

Ob wol die demuth nichts eus-
serliches sondern eine innerliche tugend des
hertzens ist/ ist doch 6. billich zu mercken/ daß
sie sich auch in dem eusserlichen hervor thue/
und so wol was kleidung als auch sonsten
gebärden/ wohnung/ und ubrige einrichtung
seines stands angehet/ nach dem innerlichen
sich richte. Es sind in solcher sache sonder-
lich zweyerley dinge zu meiden/ daß man we-
der auff eine noch andere seite zu weit gehe
oder urtheile. Einmahl sind einige/ welche
fast das gantze wesen der demuth in das eus-

serli-

urſachen die frucht mehr hindern oder ſchla-
gen/ und daher dieſelbe nicht rathſam ma-
chen mochte. Da hingegen es aber mahl
nicht nur eine ungerechtigkeit/ ſondern auch
ein hochmuth iſt/ wo man gern verhaͤlet/
von wem man gelernet/ es nicht nur willig
andern nicht ſelbs bezeuget/ ſondern es wol
gar laͤugnet/ und nur aus ſich ſelbs klug ge-
weſen ſeyn will. We aber jenes erſte ſich
findet/ da iſt/ was aus und mit ſolchem her-
tzen geſchiehet/ warhafftig ein werck Got-
tes/ und nicht der natur/ als welche einmal
nie anders kan/ als ihre eigne ehre ſuchen/
und daran ein miß fallen haben/ was ihr zu
wider iſt oder ſie ſchmaͤlert.

§. 69.

Ob wol die demuth nichts euſ-
ſerliches ſondern eine innerliche tugend des
hertzens iſt/ iſt doch 6. billich zu mercken/ daß
ſie ſich auch in dem euſſerlichen hervor thue/
und ſo wol was kleidung als auch ſonſten
gebaͤrdẽ/ wohnung/ und ubrige einrichtung
ſeines ſtands angehet/ nach dem innerlichen
ſich richte. Es ſind in ſolcher ſache ſonder-
lich zweyerley dinge zu meiden/ daß man we-
der auff eine noch andere ſeite zu weit gehe
oder urtheile. Einmahl ſind einige/ welche
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[207/0269] urſachen die frucht mehr hindern oder ſchla- gen/ und daher dieſelbe nicht rathſam ma- chen mochte. Da hingegen es aber mahl nicht nur eine ungerechtigkeit/ ſondern auch ein hochmuth iſt/ wo man gern verhaͤlet/ von wem man gelernet/ es nicht nur willig andern nicht ſelbs bezeuget/ ſondern es wol gar laͤugnet/ und nur aus ſich ſelbs klug ge- weſen ſeyn will. We aber jenes erſte ſich findet/ da iſt/ was aus und mit ſolchem her- tzen geſchiehet/ warhafftig ein werck Got- tes/ und nicht der natur/ als welche einmal nie anders kan/ als ihre eigne ehre ſuchen/ und daran ein miß fallen haben/ was ihr zu wider iſt oder ſie ſchmaͤlert. §. 69. Ob wol die demuth nichts euſ- ſerliches ſondern eine innerliche tugend des hertzens iſt/ iſt doch 6. billich zu mercken/ daß ſie ſich auch in dem euſſerlichen hervor thue/ und ſo wol was kleidung als auch ſonſten gebaͤrdẽ/ wohnung/ und ubrige einrichtung ſeines ſtands angehet/ nach dem innerlichen ſich richte. Es ſind in ſolcher ſache ſonder- lich zweyerley dinge zu meiden/ daß man we- der auff eine noch andere ſeite zu weit gehe oder urtheile. Einmahl ſind einige/ welche faſt das gantze weſen der demuth in das euſ- ſerli-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/269>, abgerufen am 07.06.2024.