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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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wol nach seiner vollkommenen seligkeit eine
hertzliche begierde hat/ dennoch solche dem
rath seines lieben Vaters dermassen unter-
gibet/ daß er auch dieselbe nit eher verlangen
wolte/ als eben demselben gefiele/ daher sich
nicht beschwehret/ seine ehendere versetzung
in die ewigkeit lieber weiter hinaus selbs zu
schieben/ als etwas wider den willen dessen
zu begehren/ den er allem eigenen wunsch
vorzeucht: sondern es wird auch vornemlich
erkannt/ aus der ursach/ daraus es entstehet/
welche ist die liebe GOttes/ und zwar auff
zweyerley art: einmal wie die liebe angezeig-
ter massen mit dem geliebten stets verlangt
näher vereinigt zu werden/ daß also die liebe
GOttes den Christen treibt/ zu verlangen
bey dem HErrn zu seyn/ und dessen zu genies-
sen/ den er so innig liebet: auff die andere art
komt abermal solches verlangen aus der lie-
be Gottes: in dem diese einen solchen mißfal-
len an der sünde würcket/ davon auch §. 30.
und 35. geredet worden/ daß daher der
mensch/ wann er sihet/ daß er/ so lang er in
dem fleisch seyn werde/ nimmermehr in den
stand kommen könne/ da er sich nicht auch noch
mit der sünde schleppen müsse/ eben deswe-
gen aus dieser irrdischen hütte/ die die

seele

wol nach ſeiner vollkommenen ſeligkeit eine
hertzliche begierde hat/ dennoch ſolche dem
rath ſeines lieben Vaters dermaſſen unter-
gibet/ daß er auch dieſelbe nit eher verlangen
wolte/ als eben demſelben gefiele/ daher ſich
nicht beſchwehret/ ſeine ehendere verſetzung
in die ewigkeit lieber weiter hinaus ſelbs zu
ſchieben/ als etwas wider den willen deſſen
zu begehren/ den er allem eigenen wunſch
vorzeucht: ſondern es wird auch vornemlich
erkannt/ aus der urſach/ daraus es entſtehet/
welche iſt die liebe GOttes/ und zwar auff
zweyerley art: einmal wie die liebe angezeig-
ter maſſen mit dem geliebten ſtets verlangt
naͤher vereinigt zu werden/ daß alſo die liebe
GOttes den Chriſten treibt/ zu verlangen
bey dem HErrn zu ſeyn/ uñ deſſen zu genieſ-
ſen/ den er ſo innig liebet: auff die andere art
komt abermal ſolches verlangen aus der lie-
be Gottes: in dem dieſe einen ſolchen mißfal-
len an der ſünde würcket/ davon auch §. 30.
und 35. geredet worden/ daß daher der
menſch/ wann er ſihet/ daß er/ ſo lang er in
dem fleiſch ſeyn werde/ nimmermehr in den
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[120/0182] wol nach ſeiner vollkommenen ſeligkeit eine hertzliche begierde hat/ dennoch ſolche dem rath ſeines lieben Vaters dermaſſen unter- gibet/ daß er auch dieſelbe nit eher verlangen wolte/ als eben demſelben gefiele/ daher ſich nicht beſchwehret/ ſeine ehendere verſetzung in die ewigkeit lieber weiter hinaus ſelbs zu ſchieben/ als etwas wider den willen deſſen zu begehren/ den er allem eigenen wunſch vorzeucht: ſondern es wird auch vornemlich erkannt/ aus der urſach/ daraus es entſtehet/ welche iſt die liebe GOttes/ und zwar auff zweyerley art: einmal wie die liebe angezeig- ter maſſen mit dem geliebten ſtets verlangt naͤher vereinigt zu werden/ daß alſo die liebe GOttes den Chriſten treibt/ zu verlangen bey dem HErrn zu ſeyn/ uñ deſſen zu genieſ- ſen/ den er ſo innig liebet: auff die andere art komt abermal ſolches verlangen aus der lie- be Gottes: in dem dieſe einen ſolchen mißfal- len an der ſünde würcket/ davon auch §. 30. und 35. geredet worden/ daß daher der menſch/ wann er ſihet/ daß er/ ſo lang er in dem fleiſch ſeyn werde/ nimmermehr in den ſtand kom̃en koͤnne/ da er ſich nicht auch noch mit der ſünde ſchleppen müſſe/ eben deswe- gen aus dieſer irrdiſchen hütte/ die die ſeele

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/182>, abgerufen am 22.11.2024.