Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

ist/ daß/ wer also in solchem einfältigen ge-
horsam einher gehet/ zu seiner zeit deß see-
gens GOttes/ und wie er an den rechten
tugenden der liebe/ demuth/ sanfftmuth/ ge-
dult/ glauben und andern gleichwohl zuge-
nommen/ gewahr werde werden/ wo er ge-
meynt/ daß ihm vor seine seele allzuwenig
zeit übrig bleibe/ aber auch darinnen GOt-
tes liebe der seinigen hat vorziehen wollen.
Und zwar werden solche aus der übung
wachsende tugenden stets mehr solidität
und krafft haben/ als gemeiniglich die je-
nige/ so man nach eigenem willen durch die
betrachtung und andacht gesucht hat. Also
fuhren uns die geschäffte/ so in liebe und ge-
horsam geschehen/ in der that von GOtt
nicht ab/ sondern zu ihm. Die jenige aber
führen uns von ihm/ dadurch wir uns ge-
wehnen uns selbs zu suchen/ und den crea-
turen um ihrer selbs willen zu dienen. Hie-
mit aber wird nicht verneinet/ daß gleich-
wol/ weil der glaube und die erkantniß
GOttes die wurtzel sind/ daraus alle übrige
tugenden und früchten wachsen sollen/ daß
Göttliche Wort aber und seine handlung
dero tägliche nahrung seyn muß/ allen kin-
dern GOttes oblige/ daß sie ihren übrigen

auch

iſt/ daß/ wer alſo in ſolchem einfaͤltigen ge-
horſam einher gehet/ zu ſeiner zeit deß ſee-
gens GOttes/ und wie er an den rechten
tugenden der liebe/ demuth/ ſanfftmuth/ ge-
dult/ glauben und andern gleichwohl zuge-
nommen/ gewahr werde werden/ wo er ge-
meynt/ daß ihm vor ſeine ſeele allzuwenig
zeit übrig bleibe/ aber auch darinnen GOt-
tes liebe der ſeinigen hat vorziehen wollen.
Und zwar werden ſolche aus der übung
wachſende tugenden ſtets mehr ſoliditaͤt
und krafft haben/ als gemeiniglich die je-
nige/ ſo man nach eigenem willen durch die
betrachtung und andacht geſucht hat. Alſo
fuhren uns die geſchaͤffte/ ſo in liebe und ge-
horſam geſchehen/ in der that von GOtt
nicht ab/ ſondern zu ihm. Die jenige aber
führen uns von ihm/ dadurch wir uns ge-
wehnen uns ſelbs zu ſuchen/ und den crea-
turen um ihrer ſelbs willen zu dienen. Hie-
mit aber wird nicht verneinet/ daß gleich-
wol/ weil der glaube und die erkantniß
GOttes die wurtzel ſind/ daraus alle übrige
tugenden und früchten wachſen ſollen/ daß
Goͤttliche Wort aber und ſeine handlung
dero taͤgliche nahrung ſeyn muß/ allen kin-
dern GOttes oblige/ daß ſie ihren übrigen

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="40"/>
i&#x017F;t/ daß/ wer al&#x017F;o in &#x017F;olchem einfa&#x0364;ltigen ge-<lb/>
hor&#x017F;am einher gehet/ zu &#x017F;einer zeit deß &#x017F;ee-<lb/>
gens GOttes/ und wie er an den rechten<lb/>
tugenden der liebe/ demuth/ &#x017F;anfftmuth/ ge-<lb/>
dult/ glauben und andern gleichwohl zuge-<lb/>
nommen/ gewahr werde werden/ wo er ge-<lb/>
meynt/ daß ihm vor &#x017F;eine &#x017F;eele allzuwenig<lb/>
zeit übrig bleibe/ aber auch darinnen GOt-<lb/>
tes liebe der &#x017F;einigen hat vorziehen wollen.<lb/>
Und zwar werden &#x017F;olche aus der übung<lb/>
wach&#x017F;ende tugenden &#x017F;tets mehr <hi rendition="#aq">&#x017F;olidi</hi>ta&#x0364;t<lb/>
und krafft haben/ als gemeiniglich die je-<lb/>
nige/ &#x017F;o man nach eigenem willen durch die<lb/>
betrachtung und andacht ge&#x017F;ucht hat. Al&#x017F;o<lb/>
fuhren uns die ge&#x017F;cha&#x0364;ffte/ &#x017F;o in liebe und ge-<lb/>
hor&#x017F;am ge&#x017F;chehen/ in der that von GOtt<lb/>
nicht ab/ &#x017F;ondern zu ihm. Die jenige aber<lb/>
führen uns von ihm/ dadurch wir uns ge-<lb/>
wehnen uns &#x017F;elbs zu &#x017F;uchen/ und den crea-<lb/>
turen um ihrer &#x017F;elbs willen zu dienen. Hie-<lb/>
mit aber wird nicht verneinet/ daß gleich-<lb/>
wol/ weil der glaube und die erkantniß<lb/>
GOttes die wurtzel &#x017F;ind/ daraus alle übrige<lb/>
tugenden und früchten wach&#x017F;en &#x017F;ollen/ daß<lb/>
Go&#x0364;ttliche Wort aber und &#x017F;eine handlung<lb/>
dero ta&#x0364;gliche nahrung &#x017F;eyn muß/ allen kin-<lb/>
dern GOttes oblige/ daß &#x017F;ie ihren übrigen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0102] iſt/ daß/ wer alſo in ſolchem einfaͤltigen ge- horſam einher gehet/ zu ſeiner zeit deß ſee- gens GOttes/ und wie er an den rechten tugenden der liebe/ demuth/ ſanfftmuth/ ge- dult/ glauben und andern gleichwohl zuge- nommen/ gewahr werde werden/ wo er ge- meynt/ daß ihm vor ſeine ſeele allzuwenig zeit übrig bleibe/ aber auch darinnen GOt- tes liebe der ſeinigen hat vorziehen wollen. Und zwar werden ſolche aus der übung wachſende tugenden ſtets mehr ſoliditaͤt und krafft haben/ als gemeiniglich die je- nige/ ſo man nach eigenem willen durch die betrachtung und andacht geſucht hat. Alſo fuhren uns die geſchaͤffte/ ſo in liebe und ge- horſam geſchehen/ in der that von GOtt nicht ab/ ſondern zu ihm. Die jenige aber führen uns von ihm/ dadurch wir uns ge- wehnen uns ſelbs zu ſuchen/ und den crea- turen um ihrer ſelbs willen zu dienen. Hie- mit aber wird nicht verneinet/ daß gleich- wol/ weil der glaube und die erkantniß GOttes die wurtzel ſind/ daraus alle übrige tugenden und früchten wachſen ſollen/ daß Goͤttliche Wort aber und ſeine handlung dero taͤgliche nahrung ſeyn muß/ allen kin- dern GOttes oblige/ daß ſie ihren übrigen auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/102
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/102>, abgerufen am 18.05.2024.