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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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sehr merckwürdig tractätlein geschrieben) dasjenige/ was in vita academica
versäumet worden/ ersetzet/ und so zu reden vitium primae concoctionis in
secunda corrigiret
würde/ als worzu eine seine gelegenheit dadurch gemachet
würde.

Jn dem folgenden 5. §. ist abermal ein wichtiger mangel notiret/ daß
insgemein alle studiosi ohne alle vorübung etwas desjenigen/ was ihnen in ih-
rem amt (ohne die predigten/ darinnen sie sich exerciren können) dermal-
eins obliegen wird/ bleiben/ und die ersten experimenta in ihrem eigenen amt
machen müssen. Eben dieses bemercket auch der treue und gewissenhaffte
Theoph. Großgebauer in seiner bedencklichen Wächterstimme c. 6. p. 95.
nechst andern dergleichen materien. Der schad/ welcher hieraus entstehet/
ist groß/ und liegt offenbar vor augen. Da wäre aber wiederum dieses semina-
rium
ein sehr nützliches mittel/ welches von so viel mehr frucht seyn würde/ je
volckreicher eine stadt und stärcker ein ministerium seyn würde/ wo ein solches
seminarium angerichtet wird/ daß destomehr bequemlichkeit wäre/ offters sol-
chen guten leuten gelegenheit zu dergleichen verrichtungen zu machen. So wäre
es auch bey den universitäten/ sonderlich wiederum denjenigen/ welche an gros-
sen orten liegen/ eine sehr nützliche sache/ wo die professores oder prediger diese
liebe den studiosis hierinnen erzeigten/ sie zu dergleichen anzuführen. Ja es
möchte noch weiter überiegt werden/ ob nicht rathsam wäre/ in entstehung eines
solchen seminarii, wie mans etwa nicht aller orten sobald darzu bringen möchte/
oder auch neben einem solchen/ ein ander mittel zu ergreiffen. Nemlich/ wo
in einem lande/ stadt oder ort ein christlicher gottseliger prediger sich findet/ von
dessen nicht nur gaben sondern treuer verwaltung seines amts man aus langer er-
fahrung versichert/ daß ihm die hohe obrigkeit solches landes ein und andere ihrer
candidatorum zu seiner inspection gebe/ und sie bey ihm sumtu publico oder der-
selbigen selbs leben liesse/ nicht eben sie zu informiren/ welches bey den amtsgeschäff-
ten meister orten nicht müglich ist/ aber doch auf sie zu sehen/ ihnen/ was sie zu lesen
haben/ anleitung zu geben/ in der täglichen conversation sie zu erbauen/ und sie
allgemach zu den künfftigen amts verrichtungen anzuführen/ welches solchen guten
leuten wol so stattlich zu nutzen kommen solte/ als ihre vorige studia academica,
daher welche selbs mittel haben/ so wol zu einer dergleichen übung/ da sie sich pro-
priis sustenti
ren müßten/ etwas anzuwenden sich nicht verdriessen lassen solten/
als sie etwa auf universitäten ihr geld angewandt/ sonderlich da sie nur bloß zur
sustentation mittel gebrauchten/ der information wegen aber nichts ausgeben
dörfften/ als denen christliche prediger ohn entgeld dasjenige zu thun willig seyn
solten und würden/ was sie erkenneten/ an ihnen erbauen zu können. Es ist dieses
fast die einige art in Griechenland und den übrigen Morgenländern/ wo sie etwas
rechtschaffenes von leuten zur kirchen besten anziehen wollen/ daß sie/ nachdem sie

einige
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ARTIC. IV. SECTIO XXXIX.
ſehr merckwuͤrdig tractaͤtlein geſchrieben) dasjenige/ was in vita academica
verſaͤumet worden/ erſetzet/ und ſo zu reden vitium primæ concoctionis in
ſecundâ corrigiret
wuͤrde/ als worzu eine ſeine gelegenheit dadurch gemachet
wuͤrde.

Jn dem folgenden 5. §. iſt abermal ein wichtiger mangel notiret/ daß
insgemein alle ſtudioſi ohne alle voruͤbung etwas desjenigen/ was ihnen in ih-
rem amt (ohne die predigten/ darinnen ſie ſich exerciren koͤnnen) dermal-
eins obliegen wird/ bleiben/ und die erſten experimenta in ihrem eigenen amt
machen muͤſſen. Eben dieſes bemercket auch der treue und gewiſſenhaffte
Theoph. Großgebauer in ſeiner bedencklichen Waͤchterſtimme c. 6. p. 95.
nechſt andern dergleichen materien. Der ſchad/ welcher hieraus entſtehet/
iſt groß/ und liegt offenbar vor augen. Da waͤre aber wiederum dieſes ſemina-
rium
ein ſehr nuͤtzliches mittel/ welches von ſo viel mehr frucht ſeyn wuͤrde/ je
volckreicher eine ſtadt und ſtaͤrcker ein miniſterium ſeyn wuͤrde/ wo ein ſolches
ſeminarium angerichtet wird/ daß deſtomehr bequemlichkeit waͤre/ offters ſol-
chen guten leuten gelegenheit zu dergleichen verrichtungen zu machen. So waͤre
es auch bey den univerſitaͤten/ ſonderlich wiederum denjenigen/ welche an groſ-
ſen orten liegen/ eine ſehr nuͤtzliche ſache/ wo die profeſſores oder prediger dieſe
liebe den ſtudioſis hierinnen erzeigten/ ſie zu dergleichen anzufuͤhren. Ja es
moͤchte noch weiter uͤberiegt werden/ ob nicht rathſam waͤre/ in entſtehung eines
ſolchen ſeminarii, wie mans etwa nicht aller orten ſobald darzu bringen moͤchte/
oder auch neben einem ſolchen/ eín ander mittel zu ergreiffen. Nemlich/ wo
in einem lande/ ſtadt oder ort ein chriſtlicher gottſeliger prediger ſich findet/ von
deſſen nicht nur gaben ſondern treuer verwaltung ſeines amts man aus langer er-
fahrung verſichert/ daß ihm die hohe obrigkeit ſolches landes ein und andere ihrer
candidatorum zu ſeiner inſpection gebe/ und ſie bey ihm ſumtu publico oder der-
ſelbigen ſelbs leben lieſſe/ nicht eben ſie zu informiren/ welches bey den amtsgeſchaͤff-
ten meiſter orten nicht muͤglich iſt/ aber doch auf ſie zu ſehen/ ihnen/ was ſie zu leſen
haben/ anleitung zu geben/ in der taͤglichen converſation ſie zu erbauen/ und ſie
allgemach zu den kuͤnfftigen amts verrichtungen anzufuͤhren/ welches ſolchen guten
leuten wol ſo ſtattlich zu nutzen kommen ſolte/ als ihre vorige ſtudia academica,
daher welche ſelbs mittel haben/ ſo wol zu einer dergleichen uͤbung/ da ſie ſich pro-
priis ſuſtenti
ren muͤßten/ etwas anzuwenden ſich nicht verdrieſſen laſſen ſolten/
als ſie etwa auf univerſitaͤten ihr geld angewandt/ ſonderlich da ſie nur bloß zur
ſuſtentation mittel gebrauchten/ der information wegen aber nichts ausgeben
doͤrfften/ als denen chriſtliche prediger ohn entgeld dasjenige zu thun willig ſeyn
ſolten und wuͤrden/ was ſie erkenneten/ an ihnen erbauen zu koͤnnen. Es iſt dieſes
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[531/0543] ARTIC. IV. SECTIO XXXIX. ſehr merckwuͤrdig tractaͤtlein geſchrieben) dasjenige/ was in vita academica verſaͤumet worden/ erſetzet/ und ſo zu reden vitium primæ concoctionis in ſecundâ corrigiret wuͤrde/ als worzu eine ſeine gelegenheit dadurch gemachet wuͤrde. Jn dem folgenden 5. §. iſt abermal ein wichtiger mangel notiret/ daß insgemein alle ſtudioſi ohne alle voruͤbung etwas desjenigen/ was ihnen in ih- rem amt (ohne die predigten/ darinnen ſie ſich exerciren koͤnnen) dermal- eins obliegen wird/ bleiben/ und die erſten experimenta in ihrem eigenen amt machen muͤſſen. Eben dieſes bemercket auch der treue und gewiſſenhaffte Theoph. Großgebauer in ſeiner bedencklichen Waͤchterſtimme c. 6. p. 95. nechſt andern dergleichen materien. Der ſchad/ welcher hieraus entſtehet/ iſt groß/ und liegt offenbar vor augen. Da waͤre aber wiederum dieſes ſemina- rium ein ſehr nuͤtzliches mittel/ welches von ſo viel mehr frucht ſeyn wuͤrde/ je volckreicher eine ſtadt und ſtaͤrcker ein miniſterium ſeyn wuͤrde/ wo ein ſolches ſeminarium angerichtet wird/ daß deſtomehr bequemlichkeit waͤre/ offters ſol- chen guten leuten gelegenheit zu dergleichen verrichtungen zu machen. So waͤre es auch bey den univerſitaͤten/ ſonderlich wiederum denjenigen/ welche an groſ- ſen orten liegen/ eine ſehr nuͤtzliche ſache/ wo die profeſſores oder prediger dieſe liebe den ſtudioſis hierinnen erzeigten/ ſie zu dergleichen anzufuͤhren. Ja es moͤchte noch weiter uͤberiegt werden/ ob nicht rathſam waͤre/ in entſtehung eines ſolchen ſeminarii, wie mans etwa nicht aller orten ſobald darzu bringen moͤchte/ oder auch neben einem ſolchen/ eín ander mittel zu ergreiffen. Nemlich/ wo in einem lande/ ſtadt oder ort ein chriſtlicher gottſeliger prediger ſich findet/ von deſſen nicht nur gaben ſondern treuer verwaltung ſeines amts man aus langer er- fahrung verſichert/ daß ihm die hohe obrigkeit ſolches landes ein und andere ihrer candidatorum zu ſeiner inſpection gebe/ und ſie bey ihm ſumtu publico oder der- ſelbigen ſelbs leben lieſſe/ nicht eben ſie zu informiren/ welches bey den amtsgeſchaͤff- ten meiſter orten nicht muͤglich iſt/ aber doch auf ſie zu ſehen/ ihnen/ was ſie zu leſen haben/ anleitung zu geben/ in der taͤglichen converſation ſie zu erbauen/ und ſie allgemach zu den kuͤnfftigen amts verrichtungen anzufuͤhren/ welches ſolchen guten leuten wol ſo ſtattlich zu nutzen kommen ſolte/ als ihre vorige ſtudia academica, daher welche ſelbs mittel haben/ ſo wol zu einer dergleichen uͤbung/ da ſie ſich pro- priis ſuſtentiren muͤßten/ etwas anzuwenden ſich nicht verdrieſſen laſſen ſolten/ als ſie etwa auf univerſitaͤten ihr geld angewandt/ ſonderlich da ſie nur bloß zur ſuſtentation mittel gebrauchten/ der information wegen aber nichts ausgeben doͤrfften/ als denen chriſtliche prediger ohn entgeld dasjenige zu thun willig ſeyn ſolten und wuͤrden/ was ſie erkenneten/ an ihnen erbauen zu koͤnnen. Es iſt dieſes faſt die einige art in Griechenland und den uͤbrigen Morgenlaͤndern/ wo ſie etwas rechtſchaffenes von leuten zur kirchen beſten anziehen wollen/ daß ſie/ nachdem ſie einige x x x 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 531. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/543>, abgerufen am 22.11.2024.