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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
lichen intention am gemässesten/ da die gemeinde selbs ihr recht übet/ und
dahin die sache eingerichtet werden kan/ die nechste art aber und also auch noch
besser seye/ da aufs wenigste durch ihre gewisse deputirte/ welche sie re-
praesenti
ren/ dasselbige geschiehet/ also ist der obgedachte nutze und abwen-
dung der sonsten offenbaren gefahr so viel gewisser in der ersten art/ jedoch
hat er auch auf gewisse weise platz in der andern: Jndem abermal es we-
niger zu sorgen/ daß ihrer mehrere und von unterschiedlichen arten/ die
dahero zu einem gemeinen fleischlichen interesse nicht so leicht incliniren/
sich in einer solchen wichtigen sache verstossen werden/ als abermal zu sor-
gen ist/ dergleichen zu geschehen/ da ihrer weniger und zwar von einem
stande sind. Welches alles wie es leicht begreifflich ist/ zwar nicht der
haupt-grund ist/ worauf wir fussen/ dann solcher ist die einsetzung des
HErrn selbs/ jedoch uns sehr anmuthig zeiget/ wie wohl es der HERR
mit seiner gemeinde gemeinet habe/ der keine gefährliche macht über sie etz-
lichen wenigen anvertrauet/ sondern die haupt-jura ihrem gantzen corpori
zu erhaltung einer geziemenden freyheit überlassen habe: So dann be-
kräfftiget uns auch solches/ daß wir die ordnung des HErrn/ welche ohne
das aus den klaren worten erhellet/ auf keine andere seiner weißheit nicht
so gemäße weise verstehen/ noch solchen worten einen erzwungenen verstand
hingegen zulegen lassen.

§. 13. Neben dem ist auch wohl zu mercken/ daß es unser Heyland
eben hierinnen mit uns predigern gantz wohl gemeinet habe/ und wir es an-
ders oder uns mehrere gewalt gegeben zu seyn nicht wünschen solten: und
solches auf zweyerley weise. Eines theils weil damit uns gerathen wird/
nicht in solcher gefahr zu stehen/ uns so leicht gefährlich zu versündigen/
welches wir/ die wir uns je unserer menschlichen schwachheit wohl bewust
sollen seyn/ und ohne schweren hochmuth uns nicht so viel gutes zutrauen dörf-
fen/ bey einer mehrern uns allein aufgetragenen gewalt stäts mehr sorgen
müssen/ da wir hingegen hoffen können/ wo wir uns je aus praeoccnpation
vergreiffen würden/ daß andere uns entgegen stehen/ und uns entweder
durch ihre rationes und zusprüche selbsten eines andern überzeugen/ oder
doch hindern werden/ daß der effect, dadurch die kirche von uns schaden
leiden dörffte/ auch wider unsern willen zurück bleibe/ welches uns gantz
gut ist. Andern theils dienet auch solches zu einer so viel mehrern beruhi-
gung unserer gewissen. Wir erfahren es/ wie viel angst manchmal
in solcher sache entstehet/ ja wie dieselbe ihrer vielen fast die verwaltung
ihres amts verleidet/ wo man gedencket/ wie wichtig die sache seye: wer un-
ter den gliedern der kirchen gelassen/ oder davon ausgeschlossen werden sol-
le; Wiederum wo man erweget/ wie leicht man darinn fehlen könne/ zu we-

nig

ARTIC. II. SECTIO XXIX.
lichen intention am gemaͤſſeſten/ da die gemeinde ſelbs ihr recht uͤbet/ und
dahin die ſache eingerichtet werden kan/ die nechſte art aber und alſo auch noch
beſſer ſeye/ da aufs wenigſte durch ihre gewiſſe deputirte/ welche ſie re-
præſenti
ren/ daſſelbige geſchiehet/ alſo iſt der obgedachte nutze und abwen-
dung der ſonſten offenbaren gefahr ſo viel gewiſſer in der erſten art/ jedoch
hat er auch auf gewiſſe weiſe platz in der andern: Jndem abermal es we-
niger zu ſorgen/ daß ihrer mehrere und von unterſchiedlichen arten/ die
dahero zu einem gemeinen fleiſchlichen intereſſe nicht ſo leicht incliniren/
ſich in einer ſolchen wichtigen ſache verſtoſſen werden/ als abermal zu ſor-
gen iſt/ dergleichen zu geſchehen/ da ihrer weniger und zwar von einem
ſtande ſind. Welches alles wie es leicht begreifflich iſt/ zwar nicht der
haupt-grund iſt/ worauf wir fuſſen/ dann ſolcher iſt die einſetzung des
HErrn ſelbs/ jedoch uns ſehr anmuthig zeiget/ wie wohl es der HERR
mit ſeiner gemeinde gemeinet habe/ der keine gefaͤhrliche macht uͤber ſie etz-
lichen wenigen anvertrauet/ ſondern die haupt-jura ihrem gantzen corpori
zu erhaltung einer geziemenden freyheit uͤberlaſſen habe: So dann be-
kraͤfftiget uns auch ſolches/ daß wir die ordnung des HErrn/ welche ohne
das aus den klaren worten erhellet/ auf keine andere ſeiner weißheit nicht
ſo gemaͤße weiſe verſtehen/ noch ſolchen worten einen erzwungenen verſtand
hingegen zulegen laſſen.

§. 13. Neben dem iſt auch wohl zu mercken/ daß es unſer Heyland
eben hierinnen mit uns predigern gantz wohl gemeinet habe/ und wir es an-
ders oder uns mehrere gewalt gegeben zu ſeyn nicht wuͤnſchen ſolten: und
ſolches auf zweyerley weiſe. Eines theils weil damit uns gerathen wird/
nicht in ſolcher gefahr zu ſtehen/ uns ſo leicht gefaͤhrlich zu verſuͤndigen/
welches wir/ die wir uns je unſerer menſchlichen ſchwachheit wohl bewuſt
ſollen ſeyn/ und ohne ſchweren hochmuth uns nicht ſo viel gutes zutrauen doͤrf-
fen/ bey einer mehrern uns allein aufgetragenen gewalt ſtaͤts mehr ſorgen
muͤſſen/ da wir hingegen hoffen koͤnnen/ wo wir uns je aus præoccnpation
vergreiffen wuͤrden/ daß andere uns entgegen ſtehen/ und uns entweder
durch ihre rationes und zuſpruͤche ſelbſten eines andern uͤberzeugen/ oder
doch hindern werden/ daß der effect, dadurch die kirche von uns ſchaden
leiden doͤrffte/ auch wider unſern willen zuruͤck bleibe/ welches uns gantz
gut iſt. Andern theils dienet auch ſolches zu einer ſo viel mehrern beruhi-
gung unſerer gewiſſen. Wir erfahren es/ wie viel angſt manchmal
in ſolcher ſache entſtehet/ ja wie dieſelbe ihrer vielen faſt die verwaltung
ihres amts verleidet/ wo man gedencket/ wie wichtig die ſache ſeye: wer un-
ter den gliedern der kirchen gelaſſen/ oder davon ausgeſchloſſen werden ſol-
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nig
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[287/0299] ARTIC. II. SECTIO XXIX. lichen intention am gemaͤſſeſten/ da die gemeinde ſelbs ihr recht uͤbet/ und dahin die ſache eingerichtet werden kan/ die nechſte art aber und alſo auch noch beſſer ſeye/ da aufs wenigſte durch ihre gewiſſe deputirte/ welche ſie re- præſentiren/ daſſelbige geſchiehet/ alſo iſt der obgedachte nutze und abwen- dung der ſonſten offenbaren gefahr ſo viel gewiſſer in der erſten art/ jedoch hat er auch auf gewiſſe weiſe platz in der andern: Jndem abermal es we- niger zu ſorgen/ daß ihrer mehrere und von unterſchiedlichen arten/ die dahero zu einem gemeinen fleiſchlichen intereſſe nicht ſo leicht incliniren/ ſich in einer ſolchen wichtigen ſache verſtoſſen werden/ als abermal zu ſor- gen iſt/ dergleichen zu geſchehen/ da ihrer weniger und zwar von einem ſtande ſind. Welches alles wie es leicht begreifflich iſt/ zwar nicht der haupt-grund iſt/ worauf wir fuſſen/ dann ſolcher iſt die einſetzung des HErrn ſelbs/ jedoch uns ſehr anmuthig zeiget/ wie wohl es der HERR mit ſeiner gemeinde gemeinet habe/ der keine gefaͤhrliche macht uͤber ſie etz- lichen wenigen anvertrauet/ ſondern die haupt-jura ihrem gantzen corpori zu erhaltung einer geziemenden freyheit uͤberlaſſen habe: So dann be- kraͤfftiget uns auch ſolches/ daß wir die ordnung des HErrn/ welche ohne das aus den klaren worten erhellet/ auf keine andere ſeiner weißheit nicht ſo gemaͤße weiſe verſtehen/ noch ſolchen worten einen erzwungenen verſtand hingegen zulegen laſſen. §. 13. Neben dem iſt auch wohl zu mercken/ daß es unſer Heyland eben hierinnen mit uns predigern gantz wohl gemeinet habe/ und wir es an- ders oder uns mehrere gewalt gegeben zu ſeyn nicht wuͤnſchen ſolten: und ſolches auf zweyerley weiſe. Eines theils weil damit uns gerathen wird/ nicht in ſolcher gefahr zu ſtehen/ uns ſo leicht gefaͤhrlich zu verſuͤndigen/ welches wir/ die wir uns je unſerer menſchlichen ſchwachheit wohl bewuſt ſollen ſeyn/ und ohne ſchweren hochmuth uns nicht ſo viel gutes zutrauen doͤrf- fen/ bey einer mehrern uns allein aufgetragenen gewalt ſtaͤts mehr ſorgen muͤſſen/ da wir hingegen hoffen koͤnnen/ wo wir uns je aus præoccnpation vergreiffen wuͤrden/ daß andere uns entgegen ſtehen/ und uns entweder durch ihre rationes und zuſpruͤche ſelbſten eines andern uͤberzeugen/ oder doch hindern werden/ daß der effect, dadurch die kirche von uns ſchaden leiden doͤrffte/ auch wider unſern willen zuruͤck bleibe/ welches uns gantz gut iſt. Andern theils dienet auch ſolches zu einer ſo viel mehrern beruhi- gung unſerer gewiſſen. Wir erfahren es/ wie viel angſt manchmal in ſolcher ſache entſtehet/ ja wie dieſelbe ihrer vielen faſt die verwaltung ihres amts verleidet/ wo man gedencket/ wie wichtig die ſache ſeye: wer un- ter den gliedern der kirchen gelaſſen/ oder davon ausgeſchloſſen werden ſol- le; Wiederum wo man erweget/ wie leicht man darinn fehlen koͤnne/ zu we- nig

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/299>, abgerufen am 25.11.2024.