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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
SECTIO XXVIII.
Nutze der brüderlichen zusammensetzung wohl-
gesinneter leute.

DAß der himmlische vater aller menschen hertzen/ sonderlich aber seiner
kinder/ in seinen händen habe/ und nach seinem wohlgefallen regiere/
ist eine göttliche uns aus dem wort bekante wahrheit/ dero wir auch
durch offtmalige erfahrung überzeuget werden. Vornemlich geschihet sol-
ches manchmal/ daß er zweyer hertzen mit einer sonderbaren liebe gegen einan-
der erfüllet/ ohne daß einer von dem andern und seiner zuneigung gegen ihn ei-
nige besondere nachricht gehabt hätte. Ein exempel dessen erfahre ietzo auch
an uns beyden. Jch kan versichern/ daß es bereits unterschiedliche jahre sind/
als mir von jemand/ dessen mich selbs nicht mehr erinnere/ dessen werthe person
von redlicher absicht zu beforderung des rechtschaffenen wesens/ das in Chri-
sto JEsu ist/ also gerühmet worden/ daß ich mich verbunden geachtet habe/ von
solcher zeit an seinen lieben namen auch vor den gnadenthron des HERRN/
mit andern zu bringen: Ob ich wol hinwiederum meiner seite demselben
bekant zu seyn/ oder in was achtung bey ihm stünde (da so viele widerwärti-
ge auch andere gutmeinende von unterschiedlichen jahren mit ungleichen ge-
dancken von mir erfüllet haben) nicht wuste/ desto mehr erfreuet mich billich
jetzo/ daß der HERR selbsten nach seinem gütigen rath nicht allein vorläng-
sten dessen hertz hinwieder zu mir gelencket/ sondern auch durch dessen liebrei-
ches schreiben mich nun darvon versichert/ also gelegenheit nach seinem willen
uns so viel genauer untereinander zu verbinden dadurch gegeben hat. Darü-
ber ich seine heilige führung in schuldiger demuth mit danckbarem hertzen prei-
se/ und inniglich anruffe/ je länger je mehr alle hertzen derer/ in welchen er eine
aufrichtige begierde/ ihm treulich zu dienen/ und seinen wahren dienste/ der al-
lein im geist und in der wahrheit geleistet wird/ aller orten zu befördern durch
seine krafft erwecket hat genauer zu verbinden/ und deswegen unter sich einan-
der offenbahr zu werden die bequemlichste gelegenheit nach seiner weißheit
selbs zu fügen: damit alsdann/ wo der rechtschaffenen liebhaber JESU und
seines reichs mehrere auf solche weise mit heiligem band unter einander verei-
niget/ desto inniglicher vor einander und die sache GOttes beten/ vertraulich
unter einander/ was der kirchen wahre wohlfahrt ist/ in seiner furcht überlegen/
und mit zusammen gesetzten eifer und hand das gemeine werck in einem geist
treiben: als worvon so vielmehr hoffnung billig zu schöpffen ist/ als der HErr
mehrern segen der brüderlichen eintracht/ und was in derselben geschiehet/

zu
Das ſiebende Capitel.
SECTIO XXVIII.
Nutze der bruͤderlichen zuſammenſetzung wohl-
geſinneter leute.

DAß der himmliſche vater aller menſchen hertzen/ ſonderlich aber ſeiner
kinder/ in ſeinen haͤnden habe/ und nach ſeinem wohlgefallen regiere/
iſt eine goͤttliche uns aus dem wort bekante wahrheit/ dero wir auch
durch offtmalige erfahrung uͤberzeuget werden. Vornemlich geſchihet ſol-
ches manchmal/ daß er zweyer hertzen mit einer ſonderbaren liebe gegen einan-
der erfuͤllet/ ohne daß einer von dem andern und ſeiner zuneigung gegen ihn ei-
nige beſondere nachricht gehabt haͤtte. Ein exempel deſſen erfahre ietzo auch
an uns beyden. Jch kan verſichern/ daß es bereits unterſchiedliche jahre ſind/
als mir von jemand/ deſſen mich ſelbs nicht mehr erinnere/ deſſen werthe perſon
von redlicher abſicht zu beforderung des rechtſchaffenen weſens/ das in Chri-
ſto JEſu iſt/ alſo geruͤhmet worden/ daß ich mich verbunden geachtet habe/ von
ſolcher zeit an ſeinen lieben namen auch vor den gnadenthron des HERRN/
mit andern zu bringen: Ob ich wol hinwiederum meiner ſeite demſelben
bekant zu ſeyn/ oder in was achtung bey ihm ſtuͤnde (da ſo viele widerwaͤrti-
ge auch andere gutmeinende von unterſchiedlichen jahren mit ungleichen ge-
dancken von mir erfuͤllet haben) nicht wuſte/ deſto mehr erfreuet mich billich
jetzo/ daß der HERR ſelbſten nach ſeinem guͤtigen rath nicht allein vorlaͤng-
ſten deſſen hertz hinwieder zu mir gelencket/ ſondern auch durch deſſen liebrei-
ches ſchreiben mich nun darvon verſichert/ alſo gelegenheit nach ſeinem willen
uns ſo viel genauer untereinander zu verbinden dadurch gegeben hat. Daruͤ-
ber ich ſeine heilige fuͤhrung in ſchuldiger demuth mit danckbarem hertzen prei-
ſe/ und inniglich anruffe/ je laͤnger je mehr alle hertzen derer/ in welchen er eine
aufrichtige begierde/ ihm treulich zu dienen/ und ſeinen wahren dienſte/ der al-
lein im geiſt und in der wahrheit geleiſtet wird/ aller orten zu befoͤrdern durch
ſeine krafft erwecket hat genauer zu verbinden/ und deswegen unter ſich einan-
der offenbahr zu werden die bequemlichſte gelegenheit nach ſeiner weißheit
ſelbs zu fuͤgen: damit alsdann/ wo der rechtſchaffenen liebhaber JESU und
ſeines reichs mehrere auf ſolche weiſe mit heiligem band unter einander verei-
niget/ deſto inniglicher vor einander und die ſache GOttes beten/ vertraulich
unter einander/ was der kirchen wahre wohlfahrt iſt/ in ſeiner furcht uͤberlegen/
und mit zuſammen geſetzten eifer und hand das gemeine werck in einem geiſt
treiben: als worvon ſo vielmehr hoffnung billig zu ſchoͤpffen iſt/ als der HErr
mehrern ſegen der bruͤderlichen eintracht/ und was in derſelben geſchiehet/

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[276/0288] Das ſiebende Capitel. SECTIO XXVIII. Nutze der bruͤderlichen zuſammenſetzung wohl- geſinneter leute. DAß der himmliſche vater aller menſchen hertzen/ ſonderlich aber ſeiner kinder/ in ſeinen haͤnden habe/ und nach ſeinem wohlgefallen regiere/ iſt eine goͤttliche uns aus dem wort bekante wahrheit/ dero wir auch durch offtmalige erfahrung uͤberzeuget werden. Vornemlich geſchihet ſol- ches manchmal/ daß er zweyer hertzen mit einer ſonderbaren liebe gegen einan- der erfuͤllet/ ohne daß einer von dem andern und ſeiner zuneigung gegen ihn ei- nige beſondere nachricht gehabt haͤtte. Ein exempel deſſen erfahre ietzo auch an uns beyden. Jch kan verſichern/ daß es bereits unterſchiedliche jahre ſind/ als mir von jemand/ deſſen mich ſelbs nicht mehr erinnere/ deſſen werthe perſon von redlicher abſicht zu beforderung des rechtſchaffenen weſens/ das in Chri- ſto JEſu iſt/ alſo geruͤhmet worden/ daß ich mich verbunden geachtet habe/ von ſolcher zeit an ſeinen lieben namen auch vor den gnadenthron des HERRN/ mit andern zu bringen: Ob ich wol hinwiederum meiner ſeite demſelben bekant zu ſeyn/ oder in was achtung bey ihm ſtuͤnde (da ſo viele widerwaͤrti- ge auch andere gutmeinende von unterſchiedlichen jahren mit ungleichen ge- dancken von mir erfuͤllet haben) nicht wuſte/ deſto mehr erfreuet mich billich jetzo/ daß der HERR ſelbſten nach ſeinem guͤtigen rath nicht allein vorlaͤng- ſten deſſen hertz hinwieder zu mir gelencket/ ſondern auch durch deſſen liebrei- ches ſchreiben mich nun darvon verſichert/ alſo gelegenheit nach ſeinem willen uns ſo viel genauer untereinander zu verbinden dadurch gegeben hat. Daruͤ- ber ich ſeine heilige fuͤhrung in ſchuldiger demuth mit danckbarem hertzen prei- ſe/ und inniglich anruffe/ je laͤnger je mehr alle hertzen derer/ in welchen er eine aufrichtige begierde/ ihm treulich zu dienen/ und ſeinen wahren dienſte/ der al- lein im geiſt und in der wahrheit geleiſtet wird/ aller orten zu befoͤrdern durch ſeine krafft erwecket hat genauer zu verbinden/ und deswegen unter ſich einan- der offenbahr zu werden die bequemlichſte gelegenheit nach ſeiner weißheit ſelbs zu fuͤgen: damit alsdann/ wo der rechtſchaffenen liebhaber JESU und ſeines reichs mehrere auf ſolche weiſe mit heiligem band unter einander verei- niget/ deſto inniglicher vor einander und die ſache GOttes beten/ vertraulich unter einander/ was der kirchen wahre wohlfahrt iſt/ in ſeiner furcht uͤberlegen/ und mit zuſammen geſetzten eifer und hand das gemeine werck in einem geiſt treiben: als worvon ſo vielmehr hoffnung billig zu ſchoͤpffen iſt/ als der HErr mehrern ſegen der bruͤderlichen eintracht/ und was in derſelben geſchiehet/ zu

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/288>, abgerufen am 25.11.2024.