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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLIV.
gen/ klagen/ vorschläge/ nach vermögen anwende/ ob damit einige aufgeweckt/ und
das werck des HErren mit treuen jeglicher seines orts zu thun angereitzet werden
möchten.

Jch suche auch sonderlich dieses zurathen/ daß unter mehrern treügesinneten
lehrern nicht zwar einige societät/ fraternität oder verbündnüß oder etwas singu-
lares,
sondern allein eine genauere Christliche freundschafft und correspondenz
gestifftet werden möchte/ alsdann die allerseits empfangene gaben mit zusammen
gesetzter hülffe so viel fruchtbarer anzuwenden. Ob der HErr etwas dessen erfol-
gen werde lassen/ oder der zu hart gereitzte zorn allen guten vorschlägen/ nach dem
wir zu den gericht reiff worden sind/ entgegen stehe/ muß ich dem HErren befehlen.
Dancke ihm gleichwol davor/ daß durch mein weniges zu ruffen und schrifften etli-
che gute seelen aufgemuntert worden zu seyn bekennen. Jm übrigen sehe ich/ was
ich ohne fortsetzung des bißherigen und hertzlichen gebet zu GOTT weiters thun
könte/ nichts vor mir. Vor einen Reformatorem der kirchen mich anzugeben/
lasse ich mir die thorheit nicht aufsteigen/ sondern weiß mich meiner schwachheit zu
entsinnen/ daß dazu weder weißheit noch krafft empfangen habe. Lasse mir also ge-
nügen/ daß ich mit unter die stimmen gehören möge/ welche die jenige zu der refor-
mation
helffen auffmuntern/ die der HErr dazu außgerüstet haben mag. Jn
solcher sache also bedarff ich keines anhangs/ oder andere an mich zu ziehen. Es
nöthiget mich aber auch nichts/ daß ich mit den jenigen Theologis, von denen ich
entweder selbs gute gedancken und hofnung hab/ oder die sich doch dem guten aufs
wenigste nicht öffentlich widersetzen/ brechen müste. Vielmehr trachte ich sie bey
gutem willen/ auf art und weise/ so dem gewissen nicht entgegen ist/ zu erhalten/ ob
entweder ihre miteinstimmung mir mein werck besser von statten gehen machte/ o-
der daß sie dadurch zu ihres eigenen amts fleißiger verrichtung auffgemuntert wür-
den/ oder daß sie sich anderer Christlicher vorhaben nicht frevel. entgegen zu setzen
sich verleiten lassen. Welche zweck alle der göttlichen ehr gemäß sind. Hinge-
gen sehe ichs nicht verantworlich an/ wo ich muthwillig solche leuthe in harnisch ja-
gen solte. Daß der haß gegen den schlangen saamen/ bey mir in genugsamen grad
noch nicht seye/ leugne ich nicht/ suche aber auch in denselben durch die göttliche liebe
mehr gestärckt zu werden. Jch verlange aber solchen haß gegen keinen men-
schen/ sondern gegen den rechten schlangen-samen und wercke des teuffels in den
menschen/ dabey eine erbarmende liebe auch gegen die jenige bleibet/ an welcher sol-
cher schlangen-samen sehr starck ist.

Daß ich in die castra dolorum & crucigerorum agni übertreten solle/
höre ich wohl die vermahnung. Wo soll ich aber solche anderwerts suchen/ als in
der ob zwar verderbten gemeinde des HErren/ darinnen er ja noch seinen heiligen
saamen erhalten hat? So sehe auch nicht/ daß dazu entweder ein leiblicher auß-
gang aus der gemeinde/ noch eine absagung der freundschafft der jenigen/ welche de[r]

HErr
Sss

ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLIV.
gen/ klagen/ vorſchlaͤge/ nach vermoͤgen anwende/ ob damit einige aufgeweckt/ und
das werck des HErꝛen mit treuen jeglicher ſeines orts zu thun angereitzet werden
moͤchten.

Jch ſuche auch ſonderlich dieſes zurathen/ daß unter mehrern treuͤgeſinneten
lehrern nicht zwar einige ſocietaͤt/ fraternitaͤt oder verbuͤndnuͤß oder etwas ſingu-
lares,
ſondern allein eine genauere Chriſtliche freundſchafft und correſpondenz
geſtifftet werden moͤchte/ alsdann die allerſeits empfangene gaben mit zuſammen
geſetzter huͤlffe ſo viel fruchtbarer anzuwenden. Ob der HErr etwas deſſen erfol-
gen werde laſſen/ oder der zu hart gereitzte zorn allen guten vorſchlaͤgen/ nach dem
wir zu den gericht reiff worden ſind/ entgegen ſtehe/ muß ich dem HErren befehlen.
Dancke ihm gleichwol davor/ daß durch mein weniges zu ruffen und ſchrifften etli-
che gute ſeelen aufgemuntert worden zu ſeyn bekennen. Jm uͤbrigen ſehe ich/ was
ich ohne fortſetzung des bißherigen und hertzlichen gebet zu GOTT weiters thun
koͤnte/ nichts vor mir. Vor einen Reformatorem der kirchen mich anzugeben/
laſſe ich mir die thorheit nicht aufſteigen/ ſondern weiß mich meiner ſchwachheit zu
entſinnen/ daß dazu weder weißheit noch krafft empfangen habe. Laſſe mir alſo ge-
nuͤgen/ daß ich mit unter die ſtimmen gehoͤren moͤge/ welche die jenige zu der refor-
mation
helffen auffmuntern/ die der HErr dazu außgeruͤſtet haben mag. Jn
ſolcher ſache alſo bedarff ich keines anhangs/ oder andere an mich zu ziehen. Es
noͤthiget mich aber auch nichts/ daß ich mit den jenigen Theologis, von denen ich
entweder ſelbs gute gedancken und hofnung hab/ oder die ſich doch dem guten aufs
wenigſte nicht oͤffentlich widerſetzen/ brechen muͤſte. Vielmehr trachte ich ſie bey
gutem willen/ auf art und weiſe/ ſo dem gewiſſen nicht entgegen iſt/ zu erhalten/ ob
entweder ihre miteinſtimmung mir mein werck beſſer von ſtatten gehen machte/ o-
der daß ſie dadurch zu ihres eigenen amts fleißiger verrichtung auffgemuntert wuͤr-
den/ oder daß ſie ſich anderer Chriſtlicher vorhaben nicht frevel. entgegen zu ſetzen
ſich verleiten laſſen. Welche zweck alle der goͤttlichen ehr gemaͤß ſind. Hinge-
gen ſehe ichs nicht verantworlich an/ wo ich muthwillig ſolche leuthe in harniſch ja-
gen ſolte. Daß der haß gegen den ſchlangen ſaamen/ bey mir in genugſamen grad
noch nicht ſeye/ leugne ich nicht/ ſuche aber auch in denſelben durch die goͤttliche liebe
mehr geſtaͤrckt zu werden. Jch verlange aber ſolchen haß gegen keinen men-
ſchen/ ſondern gegen den rechten ſchlangen-ſamen und wercke des teuffels in den
menſchen/ dabey eine erbarmende liebe auch gegen die jenige bleibet/ an welcher ſol-
cher ſchlangen-ſamen ſehr ſtarck iſt.

Daß ich in die caſtra dolorum & crucigerorum agni uͤbertreten ſolle/
hoͤre ich wohl die vermahnung. Wo ſoll ich aber ſolche anderwerts ſuchen/ als in
der ob zwar verderbten gemeinde des HErren/ darinnen er ja noch ſeinen heiligen
ſaamen erhalten hat? So ſehe auch nicht/ daß dazu entweder ein leiblicher auß-
gang aus der gemeinde/ noch eine abſagung der freundſchafft der jenigen/ welche de[ꝛ]

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[505/0523] ARTIC. I. DISTINCTIO III. SECT. XLIV. gen/ klagen/ vorſchlaͤge/ nach vermoͤgen anwende/ ob damit einige aufgeweckt/ und das werck des HErꝛen mit treuen jeglicher ſeines orts zu thun angereitzet werden moͤchten. Jch ſuche auch ſonderlich dieſes zurathen/ daß unter mehrern treuͤgeſinneten lehrern nicht zwar einige ſocietaͤt/ fraternitaͤt oder verbuͤndnuͤß oder etwas ſingu- lares, ſondern allein eine genauere Chriſtliche freundſchafft und correſpondenz geſtifftet werden moͤchte/ alsdann die allerſeits empfangene gaben mit zuſammen geſetzter huͤlffe ſo viel fruchtbarer anzuwenden. Ob der HErr etwas deſſen erfol- gen werde laſſen/ oder der zu hart gereitzte zorn allen guten vorſchlaͤgen/ nach dem wir zu den gericht reiff worden ſind/ entgegen ſtehe/ muß ich dem HErren befehlen. Dancke ihm gleichwol davor/ daß durch mein weniges zu ruffen und ſchrifften etli- che gute ſeelen aufgemuntert worden zu ſeyn bekennen. Jm uͤbrigen ſehe ich/ was ich ohne fortſetzung des bißherigen und hertzlichen gebet zu GOTT weiters thun koͤnte/ nichts vor mir. Vor einen Reformatorem der kirchen mich anzugeben/ laſſe ich mir die thorheit nicht aufſteigen/ ſondern weiß mich meiner ſchwachheit zu entſinnen/ daß dazu weder weißheit noch krafft empfangen habe. Laſſe mir alſo ge- nuͤgen/ daß ich mit unter die ſtimmen gehoͤren moͤge/ welche die jenige zu der refor- mation helffen auffmuntern/ die der HErr dazu außgeruͤſtet haben mag. Jn ſolcher ſache alſo bedarff ich keines anhangs/ oder andere an mich zu ziehen. Es noͤthiget mich aber auch nichts/ daß ich mit den jenigen Theologis, von denen ich entweder ſelbs gute gedancken und hofnung hab/ oder die ſich doch dem guten aufs wenigſte nicht oͤffentlich widerſetzen/ brechen muͤſte. Vielmehr trachte ich ſie bey gutem willen/ auf art und weiſe/ ſo dem gewiſſen nicht entgegen iſt/ zu erhalten/ ob entweder ihre miteinſtimmung mir mein werck beſſer von ſtatten gehen machte/ o- der daß ſie dadurch zu ihres eigenen amts fleißiger verrichtung auffgemuntert wuͤr- den/ oder daß ſie ſich anderer Chriſtlicher vorhaben nicht frevel. entgegen zu ſetzen ſich verleiten laſſen. Welche zweck alle der goͤttlichen ehr gemaͤß ſind. Hinge- gen ſehe ichs nicht verantworlich an/ wo ich muthwillig ſolche leuthe in harniſch ja- gen ſolte. Daß der haß gegen den ſchlangen ſaamen/ bey mir in genugſamen grad noch nicht ſeye/ leugne ich nicht/ ſuche aber auch in denſelben durch die goͤttliche liebe mehr geſtaͤrckt zu werden. Jch verlange aber ſolchen haß gegen keinen men- ſchen/ ſondern gegen den rechten ſchlangen-ſamen und wercke des teuffels in den menſchen/ dabey eine erbarmende liebe auch gegen die jenige bleibet/ an welcher ſol- cher ſchlangen-ſamen ſehr ſtarck iſt. Daß ich in die caſtra dolorum & crucigerorum agni uͤbertreten ſolle/ hoͤre ich wohl die vermahnung. Wo ſoll ich aber ſolche anderwerts ſuchen/ als in der ob zwar verderbten gemeinde des HErren/ darinnen er ja noch ſeinen heiligen ſaamen erhalten hat? So ſehe auch nicht/ daß dazu entweder ein leiblicher auß- gang aus der gemeinde/ noch eine abſagung der freundſchafft der jenigen/ welche deꝛ HErr Sſſ

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/523>, abgerufen am 22.11.2024.