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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das fünffte Capitel.
nehmen möge/ ist noch derjenige einfältige wunsch/ den ich schließlich mit an-
hänge/ dabey aber denselben versichern mag/ daß GOTT nach seiner treue
nicht anders könne/ als die versuchung also lindern und mildern/ daß sie er-
träglich und heilsam seye/ ja daß sein Heyland/ als der zuseher des kampffs/
mit hertzlichem mitleiden/ als der an frembden sünden gefühlet/ was der sün-
den stachel und quaal seye/ ihm zu nechst zur seiten stehe/ ihn unvermerckt stär-
cke/ und zu rechter zeit wiederum erfreuen werde. Womit meines fernern
anhaltenden und mit ihm zugleich kämpffenden gebets ihn brüderlich ver-
sichrende/ und um gleiche hertzliche fürbitte freundlich bittende/ zu weiterer
conferenz, wo er solche ihm nützlich erachtet/ in solcher materie mich willig
erbiete/ und ihn göttlicher gnade wolmeinend erlasse. 1674.

SECTIO IV.
Trost-schreiben an einen schwehr angefochtenen
Prediger/ da er zum heiligen abendmahl gehen wollen.
Erweisung des glaubens bey mangel der fühlung. Ein gebet
im stand der anfechtung.

Aus unsers liebsten Heylands JEsu wunden/ heil/ krafft/ trost/ friede/ leben
und segen!

Ehrwürdiger und in solchem unserm theuren Erlöser hertzlich geliebter
Herr und Bruder.

JCh habe zwahr mit betrübnüß dessen anhaltende schwehrmuth/ aber
auch mit freuden verstanden/ daß sich solcher so weit überwunden und
resolviret habe/ jüngsthin mit empfangung des heiligen abendmahls
den todt des HErrn zu verkündigen/ und seinen glauben zu stärcken. Ach ja
werther Bruder/ er gehe mit getroster zuversicht/ oder wo er diese nicht fühlen
kan/ mit kindlichem gehorsam/ zu solchem theuren mahl der gnaden/ und lasse
sich ja durch nichts von solchem lieben vorsatz abhalten. Und ob ihn der satan
solte mit furcht der unwürdigkeit ängsten/ so halte er ihm entgegen die wür-
digkeit seines lieben Heylands/ der je werth ist/ daß wir ihm den gebotenen
gehorsam leisten/ und uns auf sein einladen einfinden/ ob wir schon nicht wür-
dig wären/ solche theure schätze zu begehren oder anzunehmen; da wird gewiß-
lich diese würdigkeit des liebsten Heylands unsere unwürdigkeit gleichsam
gantz verschlingen. Und wo er nur acht auf sich geben will/ wird er gleichwol
diejenige würdigkeit/ welche der HErr von seinen gnaden-gästen erfordert/
ohne zweiffel bey sich finden. Wir wissen es werde erfordert eine hertzliche
reue und leyd über die sünden. Wolte er zweiffeln/ daß solche bey ihme

wä-

Das fuͤnffte Capitel.
nehmen moͤge/ iſt noch derjenige einfaͤltige wunſch/ den ich ſchließlich mit an-
haͤnge/ dabey aber denſelben verſichern mag/ daß GOTT nach ſeiner treue
nicht anders koͤnne/ als die verſuchung alſo lindern und mildern/ daß ſie er-
traͤglich und heilſam ſeye/ ja daß ſein Heyland/ als der zuſeher des kampffs/
mit hertzlichem mitleiden/ als der an frembden ſuͤnden gefuͤhlet/ was der ſuͤn-
den ſtachel und quaal ſeye/ ihm zu nechſt zur ſeiten ſtehe/ ihn unvermerckt ſtaͤr-
cke/ und zu rechter zeit wiederum erfreuen werde. Womit meines fernern
anhaltenden und mit ihm zugleich kaͤmpffenden gebets ihn bruͤderlich ver-
ſichrende/ und um gleiche hertzliche fuͤrbitte freundlich bittende/ zu weiterer
conferenz, wo er ſolche ihm nuͤtzlich erachtet/ in ſolcher materie mich willig
erbiete/ und ihn goͤttlicher gnade wolmeinend erlaſſe. 1674.

SECTIO IV.
Troſt-ſchreiben an einen ſchwehr angefochtenen
Prediger/ da er zum heiligen abendmahl gehen wollen.
Erweiſung des glaubens bey mangel der fuͤhlung. Ein gebet
im ſtand der anfechtung.

Aus unſers liebſten Heylands JEſu wunden/ heil/ krafft/ troſt/ friede/ leben
und ſegen!

Ehrwuͤrdiger und in ſolchem unſerm theuren Erloͤſer hertzlich geliebter
Herr und Bruder.

JCh habe zwahr mit betruͤbnuͤß deſſen anhaltende ſchwehrmuth/ aber
auch mit freuden verſtanden/ daß ſich ſolcher ſo weit uͤberwunden und
reſolviret habe/ juͤngſthin mit empfangung des heiligen abendmahls
den todt des HErrn zu verkuͤndigen/ und ſeinen glauben zu ſtaͤrcken. Ach ja
werther Bruder/ er gehe mit getroſter zuverſicht/ oder wo er dieſe nicht fuͤhlen
kan/ mit kindlichem gehorſam/ zu ſolchem theuren mahl der gnaden/ und laſſe
ſich ja durch nichts von ſolchem lieben vorſatz abhalten. Und ob ihn der ſatan
ſolte mit furcht der unwuͤrdigkeit aͤngſten/ ſo halte er ihm entgegen die wuͤr-
digkeit ſeines lieben Heylands/ der je werth iſt/ daß wir ihm den gebotenen
gehorſam leiſten/ und uns auf ſein einladen einfinden/ ob wir ſchon nicht wuͤr-
dig waͤren/ ſolche theure ſchaͤtze zu begehren oder anzunehmen; da wird gewiß-
lich dieſe wuͤrdigkeit des liebſten Heylands unſere unwuͤrdigkeit gleichſam
gantz verſchlingen. Und wo er nur acht auf ſich geben will/ wird er gleichwol
diejenige wuͤrdigkeit/ welche der HErr von ſeinen gnaden-gaͤſten erfordert/
ohne zweiffel bey ſich finden. Wir wiſſen es werde erfordert eine hertzliche
reue und leyd uͤber die ſuͤnden. Wolte er zweiffeln/ daß ſolche bey ihme

waͤ-
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[728/0736] Das fuͤnffte Capitel. nehmen moͤge/ iſt noch derjenige einfaͤltige wunſch/ den ich ſchließlich mit an- haͤnge/ dabey aber denſelben verſichern mag/ daß GOTT nach ſeiner treue nicht anders koͤnne/ als die verſuchung alſo lindern und mildern/ daß ſie er- traͤglich und heilſam ſeye/ ja daß ſein Heyland/ als der zuſeher des kampffs/ mit hertzlichem mitleiden/ als der an frembden ſuͤnden gefuͤhlet/ was der ſuͤn- den ſtachel und quaal ſeye/ ihm zu nechſt zur ſeiten ſtehe/ ihn unvermerckt ſtaͤr- cke/ und zu rechter zeit wiederum erfreuen werde. Womit meines fernern anhaltenden und mit ihm zugleich kaͤmpffenden gebets ihn bruͤderlich ver- ſichrende/ und um gleiche hertzliche fuͤrbitte freundlich bittende/ zu weiterer conferenz, wo er ſolche ihm nuͤtzlich erachtet/ in ſolcher materie mich willig erbiete/ und ihn goͤttlicher gnade wolmeinend erlaſſe. 1674. SECTIO IV. Troſt-ſchreiben an einen ſchwehr angefochtenen Prediger/ da er zum heiligen abendmahl gehen wollen. Erweiſung des glaubens bey mangel der fuͤhlung. Ein gebet im ſtand der anfechtung. Aus unſers liebſten Heylands JEſu wunden/ heil/ krafft/ troſt/ friede/ leben und ſegen! Ehrwuͤrdiger und in ſolchem unſerm theuren Erloͤſer hertzlich geliebter Herr und Bruder. JCh habe zwahr mit betruͤbnuͤß deſſen anhaltende ſchwehrmuth/ aber auch mit freuden verſtanden/ daß ſich ſolcher ſo weit uͤberwunden und reſolviret habe/ juͤngſthin mit empfangung des heiligen abendmahls den todt des HErrn zu verkuͤndigen/ und ſeinen glauben zu ſtaͤrcken. Ach ja werther Bruder/ er gehe mit getroſter zuverſicht/ oder wo er dieſe nicht fuͤhlen kan/ mit kindlichem gehorſam/ zu ſolchem theuren mahl der gnaden/ und laſſe ſich ja durch nichts von ſolchem lieben vorſatz abhalten. Und ob ihn der ſatan ſolte mit furcht der unwuͤrdigkeit aͤngſten/ ſo halte er ihm entgegen die wuͤr- digkeit ſeines lieben Heylands/ der je werth iſt/ daß wir ihm den gebotenen gehorſam leiſten/ und uns auf ſein einladen einfinden/ ob wir ſchon nicht wuͤr- dig waͤren/ ſolche theure ſchaͤtze zu begehren oder anzunehmen; da wird gewiß- lich dieſe wuͤrdigkeit des liebſten Heylands unſere unwuͤrdigkeit gleichſam gantz verſchlingen. Und wo er nur acht auf ſich geben will/ wird er gleichwol diejenige wuͤrdigkeit/ welche der HErr von ſeinen gnaden-gaͤſten erfordert/ ohne zweiffel bey ſich finden. Wir wiſſen es werde erfordert eine hertzliche reue und leyd uͤber die ſuͤnden. Wolte er zweiffeln/ daß ſolche bey ihme waͤ-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 728. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/736>, abgerufen am 23.11.2024.