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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das vierdte Capitel.
denn noch erst 1679. bey hiesigem Churfürstl. S. Ober-Consistorio nachdem
sich Fräulein Eva Susanna/ Herrn Wolffgang Heinrich Herrn von
Schönburg/
und Fr. Judith Even/ Gräffin Reußin tochter/
sich an Gottfried Christian Lieben/ bürgerlichen standes versprochen/
und deroselben bruder Herr Samuel Heinrich solcher verehlichung sich
widersetzte/ ohnerachtet dessen widerspruchs den 27. Aug. der verspruch be-
kräfftiget/ und durch priesterl. Copulation bestätiget zuwerden verordnet
worden. Eben so wenig mag 3. dargegen angeführet werden die sorge und
gefahr von den hohen anverwandten/ welche Titius darüber auszustehen
hätte. Denn wie diese keine rechtmäßige ursach haben/ sich deßwegen an
denselben zu machen/ oder sich an ihm zu vergreiffen/ sondern solches wider
rechtliche anmassungen seyn würden/ so sind solche so viel nicht zu achten/
daß man deßwegen einen vor GOtt gültigen verspruch zurückziehen dörffte/
vielweniger machen sie/ daß dieser als göttlichem wort/ guten gesetzen und
sitten widrig angesehen werden müßte. Also hat Titius in dem vertrauen
seiner guten sache solche gefahr nicht also zu scheuen/ daß er deßwegen sein
recht fahren liesse/ sondern sich dessen zugebrauchen/ und dabey sich und seine
sache GOttes schutz zu empfehlen: Dabey ihm auch unverwehrt seyn wür-
de/ da ers nothwendig finden solte/ sich höhern orts um nöthige protection
umzuthun/ welche ihm die höchste Justiz wider unrecht und gewalt nicht ab-
zu schlagen vermag. Jch hoffe aber/ es werde auch alle solche sorge verge-
bens seyn/ und vielmehr die hohe anverwandte/ wann sie das werck in der
forcht des HErrn reifflicher überlegen/ sich eines gantz andern bescheiden/
und ob sie es zu befördern bedenckens tragen/ auffs wenigste sich keinerley
massen an ihm vergreiffen: wie sie solches auch vor GOTT und der welt
schuldig sind.

Die schwehrste hindernüß möchte scheinen die 4. nemlich die clandesti-
ni
tät/ weil nemlich es allein ein heimlich verlöbnüß seye/ da hingegen die
würde der ehe zu erfordern scheinet/ und auch nach der regel erfordert/ daß
solches wichtige werck eine stifftung der ehe nicht heimlich sondern zur ehren
dessen heiligkeit tractiret und angefangen werde. Daher auch in unsern
Sächsischen Kirchen-ordnungen solche heimliche verlöbnüssen vor unbündig
erkant werden. Wovonabermal Carpzov. Jurispr. Consist. 2, 3, 32. und folg.
handelt/ auch täglich bey begebenden fällen/ also darauff gesprochen zu wer-
den pfleget. Jch finde aber auch diese hindernüß nicht der wichtigkeit/ was ich
oben von der gültigkeit des verspruchs angeführet habe/ umzustoßen. Zwahr
ist freylich eine art der heimlichen verlöbnüssen/ welche wider Gottes wort/ ge-
meine gesetze und gute sitten streiten/ nehmlich wo der elterliche consensus er-
mangelt: Davon unser liebe Luther[o] von ehesachen T. 5. Alt. f. 372. b. also redet:

Jch

Das vierdte Capitel.
denn noch erſt 1679. bey hieſigem Churfuͤrſtl. S. Ober-Conſiſtorio nachdem
ſich Fraͤulein Eva Suſanna/ Herrn Wolffgang Heinrich Herrn von
Schoͤnburg/
und Fr. Judith Even/ Graͤffin Reußin tochter/
ſich an Gottfried Chriſtian Lieben/ buͤrgerlichen ſtandes verſprochen/
und deroſelben bruder Herr Samuel Heinrich ſolcher verehlichung ſich
widerſetzte/ ohnerachtet deſſen widerſpruchs den 27. Aug. der verſpruch be-
kraͤfftiget/ und durch prieſterl. Copulation beſtaͤtiget zuwerden verordnet
worden. Eben ſo wenig mag 3. dargegen angefuͤhret werden die ſorge und
gefahr von den hohen anverwandten/ welche Titius daruͤber auszuſtehen
haͤtte. Denn wie dieſe keine rechtmaͤßige urſach haben/ ſich deßwegen an
denſelben zu machen/ oder ſich an ihm zu vergreiffen/ ſondern ſolches wider
rechtliche anmaſſungen ſeyn wuͤrden/ ſo ſind ſolche ſo viel nicht zu achten/
daß man deßwegen einen vor GOtt guͤltigen verſpruch zuruͤckziehen doͤrffte/
vielweniger machen ſie/ daß dieſer als goͤttlichem wort/ guten geſetzen und
ſitten widrig angeſehen werden muͤßte. Alſo hat Titius in dem vertrauen
ſeiner guten ſache ſolche gefahr nicht alſo zu ſcheuen/ daß er deßwegen ſein
recht fahren lieſſe/ ſondern ſich deſſen zugebrauchen/ und dabey ſich und ſeine
ſache GOttes ſchutz zu empfehlen: Dabey ihm auch unverwehrt ſeyn wuͤr-
de/ da ers nothwendig finden ſolte/ ſich hoͤhern orts um noͤthige protection
umzuthun/ welche ihm die hoͤchſte Juſtiz wider unrecht und gewalt nicht ab-
zu ſchlagen vermag. Jch hoffe aber/ es werde auch alle ſolche ſorge verge-
bens ſeyn/ und vielmehr die hohe anverwandte/ wann ſie das werck in der
forcht des HErrn reifflicher uͤberlegen/ ſich eines gantz andern beſcheiden/
und ob ſie es zu befoͤrdern bedenckens tragen/ auffs wenigſte ſich keinerley
maſſen an ihm vergreiffen: wie ſie ſolches auch vor GOTT und der welt
ſchuldig ſind.

Die ſchwehrſte hindernuͤß moͤchte ſcheinen die 4. nemlich die clandeſti-
ni
taͤt/ weil nemlich es allein ein heimlich verloͤbnuͤß ſeye/ da hingegen die
wuͤrde der ehe zu erfordern ſcheinet/ und auch nach der regel erfordert/ daß
ſolches wichtige werck eine ſtifftung der ehe nicht heimlich ſondern zur ehren
deſſen heiligkeit tractiret und angefangen werde. Daher auch in unſern
Saͤchſiſchen Kirchen-ordnungen ſolche heimliche verloͤbnuͤſſen vor unbuͤndig
erkant werden. Wovonabermal Carpzov. Jurispr. Conſiſt. 2, 3, 32. und folg.
handelt/ auch taͤglich bey begebenden faͤllen/ alſo darauff geſprochen zu wer-
den pfleget. Jch finde aber auch dieſe hindernuͤß nicht der wichtigkeit/ was ich
oben von der guͤltigkeit des verſpruchs angefuͤhret habe/ umzuſtoßen. Zwahr
iſt freylich eine art der heimlichen verloͤbnuͤſſen/ welche wider Gottes wort/ ge-
meine geſetze und gute ſitten ſtreiten/ nehmlich wo der elterliche conſenſus er-
mangelt: Davon unſer liebe Luther[o] von eheſachen T. 5. Alt. f. 372. b. alſo redet:

Jch
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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/586>, abgerufen am 23.11.2024.