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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
mit dem tantze alle fröligkeit benommen werde/ uns auff ein geistlich tantzen
verweiset L. 6. in Luc. c. 7. Docuit nos scriptura saltare sapienter, dicente
Domino ad Ezech. cap. 21. Plaude manu & percute pede. Neque enim histrio-
nicos fluxu corporis motus Deus morum censor exigeret, aut indecoros
strepitus viris plaususque foemineos imperaret, ut tantum prophetam de-
duceret ad ludibria scenicorum, & mollia foeminarum. Non congruunt,
resurrectionis revelata mysteria & opprobria saltationis exacta. Est ho-
nesta quaedam saltatio, qua tripudiat animus & bonis corpus operibus re-
velatur, quando in salicibus organa nostra suspendimus. Jubetur ergo
propheta plaudere manu & percutere pede, jubetur psallere, quia sponsi
nuptias jam videbat, in quibus desponsatur ecclesia, Christus adamatur. Et
bonae nuptiae, quando verbo anima spiritui caro nubit. &c. Quemadmo-
dum ab ebrietate corporali ad spiritualem nos revocat Eph. 5, 18. ita a sal-
tatione illa corporali ad spiritualem exultationem a virgine Deipara. Luc.
1, 17. nos revocari statuamus.
So dann mit den worten unsers alten M.
Melch. Ambachii
gewesenen Predigers hie in Franckfurt am Mayn vom
tantzen c. 3. welche/ weil das tractätlein rar ist/ gerne hieher abschreibe:
Nun wolan/ wolte GOtt die feinde Christi und seines volcks bekehr-
ten sich zu CHristo/ oder ersöffen mit denen Egyptiern im rothen
meer/ wir wolten alle mit Miriam paucken/ pfeiffen/ springen und
tantzen: aber nicht bloß und schlecht mit einander/ sondern Miriam
mit den Frauen und Jungfrauen etc. O daß GOtt den kasten sei-
nes heiligen worts/ welche die Philister und Antichristische hauffe
lange zeit gefangen halten/ und neben ihren Dagon stellen/ seinem
armen volck wieder zugestellet/ und gen Jerusalem unter seine gan-
tze christliche gemeine kommen liesse. O wie wolten wir mit David
hüpffen/ springen und tantzen/ paucken/ pfeiffen und allerley sei-
ten-spiel herfür suchen/ GOttes güte und barmhertzigkeit mit geist/
leib und seele groß zu machen? Wie sollen wir aber in solchem zwang
und elend jetzt vorhanden/ unser fleisch am tantz umher führen und
seinen kützel büssen/ das uns ohne das in alle wege von GOTT und
seinem worte auff sich selbs und zu allem bösen abführet? Wie kan
ein Christ tantzen/ so ihn täglich die welt von Christo abschrecket/ der
teuffel wie ein brüllender löwe mit aller macht und boßheit ohne
unterlaß anlaufft/ stürmet und stürtzt? Wie möcht ein Christ/ die-
weil er noch in der feinde hände ist/ tantzen? Miriam tantzet nicht/

alldie-

Das dritte Capitel.
mit dem tantze alle froͤligkeit benommen werde/ uns auff ein geiſtlich tantzen
verweiſet L. 6. in Luc. c. 7. Docuit nos ſcriptura ſaltare ſapienter, dicente
Domino ad Ezech. cap. 21. Plaude manu & percute pede. Neque enim hiſtrio-
nicos fluxu corporis motus Deus morum cenſor exigeret, aut indecoros
ſtrepitus viris plauſusque fœmineos imperaret, ut tantum prophetam de-
duceret ad ludibria ſcenicorum, & mollia fœminarum. Non congruunt,
reſurrectionis revelata myſteria & opprobria ſaltationis exacta. Eſt ho-
neſta quædam ſaltatio, qua tripudiat animus & bonis corpus operibus re-
velatur, quando in ſalicibus organa noſtra ſuſpendimus. Jubetur ergo
propheta plaudere manu & percutere pede, jubetur pſallere, quia ſponſi
nuptias jam videbat, in quibus deſponſatur eccleſia, Chriſtus adamatur. Et
bonæ nuptiæ, quando verbo anima ſpiritui caro nubit. &c. Quemadmo-
dum ab ebrietate corporali ad ſpiritualem nos revocat Eph. 5, 18. ita a ſal-
tatione illa corporali ad ſpiritualem exultationem â virgine Deipara. Luc.
1, 17. nos revocari ſtatuamus.
So dann mit den worten unſers alten M.
Melch. Ambachii
geweſenen Predigers hie in Franckfurt am Mayn vom
tantzen c. 3. welche/ weil das tractaͤtlein rar iſt/ gerne hieher abſchreibe:
Nun wolan/ wolte GOtt die feinde Chriſti und ſeines volcks bekehr-
ten ſich zu CHriſto/ oder erſoͤffen mit denen Egyptiern im rothen
meer/ wir wolten alle mit Miriam paucken/ pfeiffen/ ſpringen und
tantzen: aber nicht bloß und ſchlecht mit einander/ ſondern Miriam
mit den Frauen und Jungfrauen etc. O daß GOtt den kaſten ſei-
nes heiligen worts/ welche die Philiſter und Antichriſtiſche hauffe
lange zeit gefangen halten/ und neben ihren Dagon ſtellen/ ſeinem
armen volck wieder zugeſtellet/ und gen Jeruſalem unter ſeine gan-
tze chriſtliche gemeine kommen lieſſe. O wie wolten wir mit David
huͤpffen/ ſpringen und tantzen/ paucken/ pfeiffen und allerley ſei-
ten-ſpiel herfuͤr ſuchen/ GOttes guͤte und barmhertzigkeit mit geiſt/
leib und ſeele groß zu machen? Wie ſollen wir aber in ſolchem zwang
und elend jetzt vorhanden/ unſer fleiſch am tantz umher fuͤhren und
ſeinen kuͤtzel buͤſſen/ das uns ohne das in alle wege von GOTT und
ſeinem worte auff ſich ſelbs und zu allem boͤſen abfuͤhret? Wie kan
ein Chriſt tantzen/ ſo ihn taͤglich die welt von Chriſto abſchrecket/ der
teuffel wie ein bruͤllender loͤwe mit aller macht und boßheit ohne
unterlaß anlaufft/ ſtuͤrmet und ſtuͤrtzt? Wie moͤcht ein Chriſt/ die-
weil er noch in der feinde haͤnde iſt/ tantzen? Miriam tantzet nicht/

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[494/0502] Das dritte Capitel. mit dem tantze alle froͤligkeit benommen werde/ uns auff ein geiſtlich tantzen verweiſet L. 6. in Luc. c. 7. Docuit nos ſcriptura ſaltare ſapienter, dicente Domino ad Ezech. cap. 21. Plaude manu & percute pede. Neque enim hiſtrio- nicos fluxu corporis motus Deus morum cenſor exigeret, aut indecoros ſtrepitus viris plauſusque fœmineos imperaret, ut tantum prophetam de- duceret ad ludibria ſcenicorum, & mollia fœminarum. Non congruunt, reſurrectionis revelata myſteria & opprobria ſaltationis exacta. Eſt ho- neſta quædam ſaltatio, qua tripudiat animus & bonis corpus operibus re- velatur, quando in ſalicibus organa noſtra ſuſpendimus. Jubetur ergo propheta plaudere manu & percutere pede, jubetur pſallere, quia ſponſi nuptias jam videbat, in quibus deſponſatur eccleſia, Chriſtus adamatur. Et bonæ nuptiæ, quando verbo anima ſpiritui caro nubit. &c. Quemadmo- dum ab ebrietate corporali ad ſpiritualem nos revocat Eph. 5, 18. ita a ſal- tatione illa corporali ad ſpiritualem exultationem â virgine Deipara. Luc. 1, 17. nos revocari ſtatuamus. So dann mit den worten unſers alten M. Melch. Ambachii geweſenen Predigers hie in Franckfurt am Mayn vom tantzen c. 3. welche/ weil das tractaͤtlein rar iſt/ gerne hieher abſchreibe: Nun wolan/ wolte GOtt die feinde Chriſti und ſeines volcks bekehr- ten ſich zu CHriſto/ oder erſoͤffen mit denen Egyptiern im rothen meer/ wir wolten alle mit Miriam paucken/ pfeiffen/ ſpringen und tantzen: aber nicht bloß und ſchlecht mit einander/ ſondern Miriam mit den Frauen und Jungfrauen etc. O daß GOtt den kaſten ſei- nes heiligen worts/ welche die Philiſter und Antichriſtiſche hauffe lange zeit gefangen halten/ und neben ihren Dagon ſtellen/ ſeinem armen volck wieder zugeſtellet/ und gen Jeruſalem unter ſeine gan- tze chriſtliche gemeine kommen lieſſe. O wie wolten wir mit David huͤpffen/ ſpringen und tantzen/ paucken/ pfeiffen und allerley ſei- ten-ſpiel herfuͤr ſuchen/ GOttes guͤte und barmhertzigkeit mit geiſt/ leib und ſeele groß zu machen? Wie ſollen wir aber in ſolchem zwang und elend jetzt vorhanden/ unſer fleiſch am tantz umher fuͤhren und ſeinen kuͤtzel buͤſſen/ das uns ohne das in alle wege von GOTT und ſeinem worte auff ſich ſelbs und zu allem boͤſen abfuͤhret? Wie kan ein Chriſt tantzen/ ſo ihn taͤglich die welt von Chriſto abſchrecket/ der teuffel wie ein bruͤllender loͤwe mit aller macht und boßheit ohne unterlaß anlaufft/ ſtuͤrmet und ſtuͤrtzt? Wie moͤcht ein Chriſt/ die- weil er noch in der feinde haͤnde iſt/ tantzen? Miriam tantzet nicht/ alldie-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/502>, abgerufen am 23.11.2024.