Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. nach göttlicher wahrheit nicht anders als dem widersprechen/ wo man dempredigamt die macht sünde zu vergeben/ die ihnon nicht aus eigner macht/ son- dern als dienern zukommt/ absprechen/ und solche ordnung der Babyloni- schen drachen-hur unverantwortlicher weise hin weisen will. Ja spricht man/ die worte Matth. 16. und Joh. 20. redeten von der or-
Das dritte Capitel. nach goͤttlicher wahrheit nicht anders als dem widerſprechen/ wo man dempredigamt die macht ſuͤnde zu vergeben/ die ihnon nicht aus eigner macht/ ſon- dern als dienern zukommt/ abſprechen/ und ſolche ordnung der Babyloni- ſchen drachen-hur unverantwortlicher weiſe hin weiſen will. Ja ſpricht man/ die worte Matth. 16. und Joh. 20. redeten von der or-
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Das dritte Capitel.
nach goͤttlicher wahrheit nicht anders als dem widerſprechen/ wo man dem
predigamt die macht ſuͤnde zu vergeben/ die ihnon nicht aus eigner macht/ ſon-
dern als dienern zukommt/ abſprechen/ und ſolche ordnung der Babyloni-
ſchen drachen-hur unverantwortlicher weiſe hin weiſen will.
Ja ſpricht man/ die worte Matth. 16. und Joh. 20. redeten von der
gantzen chriſtlichen gemeinde/ von der gantzen kirche/ welcher Chri-
ſtus an GOttes ſtatt auff erden die ſuͤnden zu vergeben macht gegeben
hat: dieſes leibes und weibes glied iſt ein jeder Chriſt/ von Chriſto
gemacht zum Koͤnig und Prieſter/ der macht hat die ſuͤnde zu verge-
ben/ wie Lutherus ſolches ſchon laͤngſt in ſeinen ſchrifftẽ erklaͤhret habe.
Antwort. 1. Es iſt wahr/ daß dieſe gewalt/ wie alle andre ſchaͤtze/ von Chri-
ſto nicht dem predigamt allein und unmittelbar anvertrauet ſind; ſondern
freylich der gantzen kirchen/ welche die hauß-mutter iſt/ die uͤber alles ſorge
hat/ und nachmal durch die diener verrichten laͤſſet/ welche eben um der ur-
ſach/ weil ihnen das amt und dieſe guͤter von GOtt durch die kirche anver-
trauet/ an dieſelbe und dero ordnung/ ſo ferne nichts wider GOtt iſt/ gewie-
ſen ſind/ daher auch ſich an dieſelbe mit zu halten haben. 2. Jch leugne auch
nicht/ ſondern habe es laͤngſten/ auch mit eigenem tractat gelehret/ daß alle
Chriſten geiſtliche Prieſter ſeyen/ und auch/ daß ſie macht haben/ ſuͤnde zu
vergeben/ ja es wird E. C. L. ſelbs zeuge ſeyn/ daß ich auff dieſer cantzel wer-
de gezeuget haben/ daß in dem nothfall auch ein gemeiner Chriſt guͤltig abſol-
viren koͤnne: daher ich ſolche lehre Lutheri ſonderlich liebe. Aber 3. muß man
wol mercken/ was Lutherus dabey meldet/ nachdem er durch etliche blaͤtter
die rechten der geiſtlichen Prieſter oder aller Chriſten/ auch was die verge-
bung der ſuͤnden anlangt/ ausgefuͤhret hatte/ Tom. 2. Alt. f. 509. a. b. doch diß
alles haben wir allein von gemeinen rechten und macht aller Chriſten
geſagt/ denn dieweil allen Chriſten alle dinge gemein ſollen ſeyn/ die
wir bißher erzehlet haben/ daß wir auch bewaͤhret und bewieſen ha-
ben/ ſo will nicht gebuͤhren/ einem der ſich von ihm ſelbs herfuͤr wolt
thun/ und ihm allein zueignen/ das unſer aller iſt. Unterwinde die-
ſes rechten/ und lege es auch an brauch/ ſo fern wo kein ander iſt/ der
auch ein ſolch recht empfangen hat; das erſodert aber das gemein-
ſchafft-recht/ daß einer/ oderals viel der gemeine gefallen/ erwehlt und
auffgenommen werden/ welche an ſtatt und im nahmen aller derer/ ſo
eben daſſelbige recht haben/ verbringe dieſe aͤmter oͤffentlich/ auff daß
nicht eine ſchenßliche unordnunggeſchehe in dem volck GOttes/ und
aus der kirchen werde ein Bahylon/ in welcher alle ding ehrbarlich und
or-
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