Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. IV. SECTIO XXII. reich/ darein GOtt andere amtleute Weißh. 6/ 5. gesetzt hat/ und die Obrigkeitseine diener in ist Rom. 13/ 4. unterschieden/ und wie es der Obrigkeit nicht zukommen wil/ noch von uns ihr gebilligt werden würde/ wo sie uns in das innerliche unsers amts eingreiffen wolte/ also kommt uns mit nicht mehrerem recht zu/ der Obrigkeit in ihr richterliches amt einzugreiffen/ sondern uns dessen was 1. Petr. 4/ 15. gemeldet wird/ zuerinnern. Hierwider thut der Prediger/ welcher vor der gantzen gemeinde des patritii sache mit solcher versicherung recht spricht/ daß er auch solches urtheil von deroselben durch ihr mitbeten bekräfftiget haben will: da solches ja auch die Obrig- keit nicht anders sprechen dörffen/ als vor solchen menschen/ will sie nicht das an- sehen haben/ das gemeine gebet lügen zustraffen. 3. Hiezu kommt/ daß der gegentheil dardurch gröblich angegriffen/ und vor der 4. Dazu ferner zu setzen ist/ und auch aus dem vorigen folget/ daß diese vor- 5. Dafern auch dieser junge mensch unrecht haben möchte (wovon der Pre- fet/ l 3
ARTIC. IV. SECTIO XXII. reich/ darein GOtt andere amtleute Weißh. 6/ 5. geſetzt hat/ und die Obrigkeitſeine diener in iſt Rom. 13/ 4. unterſchieden/ und wie es der Obrigkeit nicht zukom̃en wil/ noch von uns ihr gebilligt werden wuͤrde/ wo ſie uns in das iñerliche unſeꝛs amts eingreiffen wolte/ alſo kommt uns mit nicht mehrerem recht zu/ der Obrigkeit in ihr richterliches amt einzugreiffen/ ſondern uns deſſen was 1. Petr. 4/ 15. gemeldet wird/ zuerinnern. Hierwider thut der Prediger/ welcher vor der gantzen gemeinde des patritii ſache mit ſolcher verſicherung recht ſpricht/ daß er auch ſolches urtheil von deroſelben durch ihr mitbeten bekraͤfftiget haben will: da ſolches ja auch die Obrig- keit nicht anders ſprechen doͤrffen/ als vor ſolchen menſchen/ will ſie nicht das an- ſehen haben/ das gemeine gebet luͤgen zuſtraffen. 3. Hiezu kom̃t/ daß der gegentheil dardurch groͤblich angegriffen/ und vor der 4. Dazu ferner zu ſetzen iſt/ und auch aus dem vorigen folget/ daß dieſe vor- 5. Dafern auch dieſer junge menſch unrecht haben moͤchte (wovon der Pre- fet/ l 3
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ARTIC. IV. SECTIO XXII.
reich/ darein GOtt andere amtleute Weißh. 6/ 5. geſetzt hat/ und die Obrigkeit
ſeine diener in iſt Rom. 13/ 4. unterſchieden/ und wie es der Obrigkeit nicht zukom̃en
wil/ noch von uns ihr gebilligt werden wuͤrde/ wo ſie uns in das iñerliche unſeꝛs amts
eingreiffen wolte/ alſo kommt uns mit nicht mehrerem recht zu/ der Obrigkeit in ihr
richterliches amt einzugreiffen/ ſondern uns deſſen was 1. Petr. 4/ 15. gemeldet wird/
zuerinnern. Hierwider thut der Prediger/ welcher vor der gantzen gemeinde des
patritii ſache mit ſolcher verſicherung recht ſpricht/ daß er auch ſolches urtheil von
deroſelben durch ihr mitbeten bekraͤfftiget haben will: da ſolches ja auch die Obrig-
keit nicht anders ſprechen doͤrffen/ als vor ſolchen menſchen/ will ſie nicht das an-
ſehen haben/ das gemeine gebet luͤgen zuſtraffen.
3. Hiezu kom̃t/ daß der gegentheil dardurch groͤblich angegriffen/ und vor der
gantzen gemeinde beſchimpfft wird/ als waͤrẽ ſie ſolche ungerechte leute/ wider dero
ungerechtigkeit und vor den troſt/ ſchutz und gedult derjenigen perſonen/ die ſie un-
terdruͤcken wolten/ oͤffentlich habe gebeten muͤſſen werden. Welches wahrhafftig
ein ſo groſſer ſchimpff iſt/ als faſt iemand widerfahren koͤnte/ ja ſoviel groͤſſer/ als
heiliger die ſtaͤtte iſt/ da er ihnen widerfaͤhrt/ und als oͤffter derſelbige in der vorbit-
te widerholet wird.
4. Dazu ferner zu ſetzen iſt/ und auch aus dem vorigen folget/ daß dieſe vor-
bitte viele aͤrgerniſſen und ſuͤnden verurſachet/ dann 1. werden mehrere einfaͤltige/
dardurch verleitet werden/ die widerpart vor ſolche ungerechte leute zu halten/ wie
die vorbitte ſie præſupponiret zu ſeyn/ und ſich alſo gewiß an ihnen verſuͤndigen/
dañ ob dieſe auch in der that ſo ungerecht waͤren/ und ſich in dem wercke des proces-
ſes dergleichen ergeben ſolte/ geſchehe ihnen doch von ſolchen leuten unrecht. 2. Ja
welche alſo mit beten/ verſuͤndigen ſich gleichfals durch dieſes urtheil an dem nech-
ſten. 3. Solte die Obrigkeit ihre ſache recht/ des patricii aber unrecht/ finden/
und alſo ſprechen/ wirds aus præoccupation dieſer vorbitte bey dem gemeinen
volck an boͤſen und præjudicirlichen urtheilen gegen die Richter nicht manglen. 4.
Viele hinwider in der gemeinde werden nicht wiſſen/ ob ſie beten oder nicht beten
ſollen/ und alſo in zweiffel ſtehen. 5. Andre die entweder ſich von der unſchuld des
gegen-partis mehr uͤberzeugt halten/ oder ſo verſtaͤndig ſind/ daß ſie das unrecht
der vorbitte einſehen/ ob ſie wol nicht mit beten/ werden doch allemahl bey anhoͤ-
rung dieſer formul in ihrer uͤbrigen andacht verſtoͤhret: und kan leicht unter per-
ſonen einer und anderer parthey zugethan/ zanck und ſtreit erreget werden. Sol-
cher ſuͤnden aller verantwortung fellet auff den Prediger und ſeine unziemliche
vorbitte.
5. Dafern auch dieſer junge menſch unrecht haben moͤchte (wovon der Pre-
diger nach obgedachtem keine dem gewiſſen gnugſame verſicherung hat/ daß es
nicht ſo ſeye) wird er dadurch in ſeinem entweder irrthum oder boßheit ſehr beſteif-
fet/
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