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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
diese nicht auch solten thun können. Jst also dergleichen submission einem
ministerio verächtlich/ und damit der obrigkeit zuviel eingeräumet/ so ists
eben so wolieglichem ministro in particulari, (aber so fern er considerirt
wird in einiger action, die er tanquam minister verrichtet.) unziemlich: Jn
dem einem collegio mehrer ministrorum von GOtt in diesen dingen nichts
mehrers zugeschrieben oder gegeben ist/ als jeglicher vor sich von GOtt hat.
Und wie würde es seyn/ wo wir redeten von solchen orten/ da das gantze Mi-
nisterium
in einer person bestehet/ und also die eine person den gantzen or-
dinem
macht/ unterdessen aber ihr nichts mehr zukommt/ als zukäme/ so neben
jhr noch andere collegen wären/ welche den gantzen ordinem machten. Da-
her wir nicht sehen/ warumb Cajus so starck auff solche distinction dringet.
Wir sehen bey anführung dieses anbetens zun füssen/ oder zur erden/
noch weiter dieses/ daß nach der schrifft solche formul auch gebraucht werde
von der ehre/ die von einem höhern/ einem geringern oder je gleichem/ geleistet
wird/ als wann es Abraham einem Fürsten Gottes/ Patriarchen und Pro-
pheten/ gegen die kinder Heth/ 1. B. Mos. 23/ 12. Jacob gegen seinen bruder
Esau. 1. B. Mos. 33/ 3. David einem bereits gesalbten König gegen den nun-
mehr verworffenen Saul beygelegt wird 1. Sam. 24/ 9. Wo dann nun
der schrifft nicht zu wider ist/ daß gegen auch gleiche personen man sich zur er-
de/ und also zu ihren füssen/ bücke/ und anbete (wie solches wort gebraucht
wird) wie solte dann diese redens-art derselben zuwider seyn/ da man solche
gegen die von GOtt vorgesetzte obrigkeit gebrauchet? Man gedencke wei-
ter/ ob nicht die art zu reden/ da sich einer des andern knecht nennet/ wo sie
genau und nach der proprietate verborum examiniret wird/ eben so
viel und wol noch mehr in sich habe/ als diese submission zu den füssen. Nun
aber nennet sich nicht nur der einzele Nathan/ ein Prophet/ des Königs
knecht. 1. König.
1/ 26. 27. sondern der priester Ahime[l]ech mit den übri-
gen brüdern seines vaters hauses nennet sich einen knecht Sauls. 1. Sam.
22/ 15. Hieraus erhellet nun daß diese formul dem stylo der schrifft nicht ent-
gegen. Wenn denn 5. auff die praxin der kirchen oder anderer prediger und
ministeriorum gesehen wird/ so bedarff es wiederumb nicht/ daß mit eben de-
nen sylben ein exempel angeführet werde. Gnug ists/ daß in aequipollentibus
kein Theologus oder Ministerium bedenckens bißher getragen gegen ihre ja
auch frembde obrigkeiten ihnen das praedicat unterthänig/ unterthänigst/
subjectissimus, humillimus u. s. f. beyzulegen welches in der that eben
so viel ist/ als se submittere ad pedes. Daher sie sie auch selbs in geschäfften/

die

Das andere Capitel.
dieſe nicht auch ſolten thun koͤnnen. Jſt alſo dergleichen ſubmiſſion einem
miniſterio veraͤchtlich/ und damit der obrigkeit zuviel eingeraͤumet/ ſo iſts
eben ſo wolieglichem miniſtro in particulari, (aber ſo fern er conſiderirt
wird in einiger action, die er tanquam miniſter verrichtet.) unziemlich: Jn
dem einem collegio mehrer miniſtrorum von GOtt in dieſen dingen nichts
mehrers zugeſchrieben oder gegeben iſt/ als jeglicher vor ſich von GOtt hat.
Und wie wuͤrde es ſeyn/ wo wir redeten von ſolchen orten/ da das gantze Mi-
niſterium
in einer perſon beſtehet/ und alſo die eine perſon den gantzen or-
dinem
macht/ unterdeſſen aber ihr nichts mehr zukom̃t/ als zukaͤme/ ſo neben
jhr noch andere collegen waͤren/ welche den gantzen ordinem machten. Da-
her wir nicht ſehen/ warumb Cajus ſo ſtarck auff ſolche diſtinction dringet.
Wir ſehen bey anfuͤhrung dieſes anbetens zun fuͤſſen/ oder zur erden/
noch weiter dieſes/ daß nach der ſchrifft ſolche formul auch gebraucht werde
von der ehre/ die von einem hoͤhern/ einem geringern oder je gleichem/ geleiſtet
wird/ als wann es Abraham einem Fuͤrſten Gottes/ Patriarchen und Pro-
pheten/ gegen die kinder Heth/ 1. B. Moſ. 23/ 12. Jacob gegen ſeinen bruder
Eſau. 1. B. Moſ. 33/ 3. David einem bereits geſalbten Koͤnig gegen den nun-
mehr verworffenen Saul beygelegt wird 1. Sam. 24/ 9. Wo dann nun
der ſchrifft nicht zu wider iſt/ daß gegen auch gleiche perſonen man ſich zur er-
de/ und alſo zu ihren fuͤſſen/ buͤcke/ und anbete (wie ſolches wort gebraucht
wird) wie ſolte dann dieſe redens-art derſelben zuwider ſeyn/ da man ſolche
gegen die von GOtt vorgeſetzte obrigkeit gebrauchet? Man gedencke wei-
ter/ ob nicht die art zu reden/ da ſich einer des andern knecht nennet/ wo ſie
genau und nach der proprietate verborum examiniret wird/ eben ſo
viel und wol noch mehr in ſich habe/ als dieſe ſubmiſſion zu den fuͤſſen. Nun
aber nennet ſich nicht nur der einzele Nathan/ ein Prophet/ des Koͤnigs
knecht. 1. Koͤnig.
1/ 26. 27. ſondern der prieſter Ahime[l]ech mit den uͤbri-
gen bruͤdern ſeines vaters hauſes nennet ſich einen knecht Sauls. 1. Sam.
22/ 15. Hieraus erhellet nun daß dieſe formul dem ſtylo der ſchrifft nicht ent-
gegen. Wenn denn 5. auff die praxin der kirchen oder anderer prediger und
miniſteriorum geſehen wird/ ſo bedarff es wiederumb nicht/ daß mit eben de-
nen ſylben ein exempel angefuͤhꝛet weꝛde. Gnug iſts/ daß in æquipollentibus
kein Theologus oder Miniſterium bedenckens bißher getragen gegen ihre ja
auch frembde obrigkeiten ihnen das prædicat unterthaͤnig/ unteꝛthaͤnigſt/
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ſo viel iſt/ als ſe ſubmittere ad pedes. Daher ſie ſie auch ſelbs in geſchaͤfften/

die
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[720/0736] Das andere Capitel. dieſe nicht auch ſolten thun koͤnnen. Jſt alſo dergleichen ſubmiſſion einem miniſterio veraͤchtlich/ und damit der obrigkeit zuviel eingeraͤumet/ ſo iſts eben ſo wolieglichem miniſtro in particulari, (aber ſo fern er conſiderirt wird in einiger action, die er tanquam miniſter verrichtet.) unziemlich: Jn dem einem collegio mehrer miniſtrorum von GOtt in dieſen dingen nichts mehrers zugeſchrieben oder gegeben iſt/ als jeglicher vor ſich von GOtt hat. Und wie wuͤrde es ſeyn/ wo wir redeten von ſolchen orten/ da das gantze Mi- niſterium in einer perſon beſtehet/ und alſo die eine perſon den gantzen or- dinem macht/ unterdeſſen aber ihr nichts mehr zukom̃t/ als zukaͤme/ ſo neben jhr noch andere collegen waͤren/ welche den gantzen ordinem machten. Da- her wir nicht ſehen/ warumb Cajus ſo ſtarck auff ſolche diſtinction dringet. Wir ſehen bey anfuͤhrung dieſes anbetens zun fuͤſſen/ oder zur erden/ noch weiter dieſes/ daß nach der ſchrifft ſolche formul auch gebraucht werde von der ehre/ die von einem hoͤhern/ einem geringern oder je gleichem/ geleiſtet wird/ als wann es Abraham einem Fuͤrſten Gottes/ Patriarchen und Pro- pheten/ gegen die kinder Heth/ 1. B. Moſ. 23/ 12. Jacob gegen ſeinen bruder Eſau. 1. B. Moſ. 33/ 3. David einem bereits geſalbten Koͤnig gegen den nun- mehr verworffenen Saul beygelegt wird 1. Sam. 24/ 9. Wo dann nun der ſchrifft nicht zu wider iſt/ daß gegen auch gleiche perſonen man ſich zur er- de/ und alſo zu ihren fuͤſſen/ buͤcke/ und anbete (wie ſolches wort gebraucht wird) wie ſolte dann dieſe redens-art derſelben zuwider ſeyn/ da man ſolche gegen die von GOtt vorgeſetzte obrigkeit gebrauchet? Man gedencke wei- ter/ ob nicht die art zu reden/ da ſich einer des andern knecht nennet/ wo ſie genau und nach der proprietate verborum examiniret wird/ eben ſo viel und wol noch mehr in ſich habe/ als dieſe ſubmiſſion zu den fuͤſſen. Nun aber nennet ſich nicht nur der einzele Nathan/ ein Prophet/ des Koͤnigs knecht. 1. Koͤnig. 1/ 26. 27. ſondern der prieſter Ahimelech mit den uͤbri- gen bruͤdern ſeines vaters hauſes nennet ſich einen knecht Sauls. 1. Sam. 22/ 15. Hieraus erhellet nun daß dieſe formul dem ſtylo der ſchrifft nicht ent- gegen. Wenn denn 5. auff die praxin der kirchen oder anderer prediger und miniſteriorum geſehen wird/ ſo bedarff es wiederumb nicht/ daß mit eben de- nen ſylben ein exempel angefuͤhꝛet weꝛde. Gnug iſts/ daß in æquipollentibus kein Theologus oder Miniſterium bedenckens bißher getragen gegen ihre ja auch frembde obrigkeiten ihnen das prædicat unterthaͤnig/ unteꝛthaͤnigſt/ ſubjectiſſimus, humillimus u. ſ. f. beyzulegen welches in der that eben ſo viel iſt/ als ſe ſubmittere ad pedes. Daher ſie ſie auch ſelbs in geſchaͤfften/ die

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/736>, abgerufen am 22.11.2024.