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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Des 1. Capitels.
solcher zeit/ da an den Pabst noch nicht gedacht wurde/ leute/ denen solcher
nahme gehörte. Und gibet unser S. D. Dannhauer Antichristos. S. 1. art. 5.
p.
171. eine allgemeine definition eines solchen Antichristen/ die freylich meh-
rern gemein ist. Daß aber der gantze Antichrist/ und dasjenige/ was 2. Thess.
2. demselben beygeleget wird/ indem einigen Papst (betrachtet mit seinen an-
hängenden werckzeugen seiner geistlichen regierung.) sich concentrire/
und also ausser ihm bey niemand anders zu suchen seye/ wird verge-
bens geleugnet/ oder man müste die characteres, die n. 22. angeführet wer-
den/ und auch vor wahr zu erkennen sind/ bey andern insgesamt zeigen/ dann
nur ein oder ander stück auff eine gewisse art bey einer parthey oder person/
mit unterlassung der übrigen/ zeigen können/ wäre noch kein erweiß des Anti-
christs/ sondern allein eine verwandschafft mit demselben/ wie dann das bey
dem Antichrist befindliche böse mit seinem exempel auch wohl andere zu einer
nachfolge in gewissen stücken verleiten kan/ die ihm sonst in dem übrigen entge-
gen sind/ und nicht zu ihm gehören. So ist noch ferner hinzu zu setzen aus
2. Thess. 2. als ein nothwendiges zeichen (welches nicht hätte hier ausgelas-
sen werden sollen) daß des daselbs beschriebenen Antichrists verführung ge-
schehe durch lügenhafftige zeichen/ kräffte und wunder. Weswegen
abermal wo dieses kennzeichen sich nicht findet/ der von Paulo angezeigte
Antichrist nicht mag gesucht werden.

§. XXII. Wie also Babel ein gewisses reich ist/ und mit andern der kir-
che entgegen stehenden reichen nicht solle vermischet werden/ also ist auch der
2. Thess. 2. beschriebene Antichrist ein sonderbarer haupt-feind/ der sich
selbs ein reich machet/ unter welches er die kinder Gottes zwingen will/ welche
aber auch noch ausser ihm von andern feinden geplaget werden.

§. XXIII. Was n. 23. gefraget: Ob ein theil der Christlichen kirchen
heut zu tage eigentlich und an sich selbsten mit dem titul Babylons
könne beladen werden:
und daselbs verneinet wird/ bedarff auch weite-
rer unterscheidung. Man redet entweder von einem theilder Christenheit
nach dero eintzeln dazu gehörigen personen oder nach der allgemeinen verfas-
sung. Redet man in dem ersten verstand/ und meinets so/ daß alle und jegli-
che personen welche zu einem solchen theil der Christenheit gehören/ und sich in
dessen eusserlicher gemeinschafft befinden/ als eigentliche glieder Babylons
und feinde des HErrn seyen/ so gestehe ich/ daß man keinen theil Babel nen-
nen könne/ weil auch in der eusserlichen Römischen gemeinschafft noch wahre
kinder Gottes sind/ die sich denen in dem alten abgöttischen Babel gefangenen
Juden vergleichen lassen/ und zu seiner zeit ausgeführet werden sollen/ in des-
sen auff dem HErrn bekandte weise annoch in dem glauben erhalten werden/
diese sind also nicht eigentlich Babel oder von Babel oder Babels dem haupt

gleich-
Z z 2

Des 1. Capitels.
ſolcher zeit/ da an den Pabſt noch nicht gedacht wurde/ leute/ denen ſolcher
nahme gehoͤrte. Und gibet unſer S. D. Dannhauer Antichriſtoſ. S. 1. art. 5.
p.
171. eine allgemeine definition eines ſolchen Antichriſten/ die freylich meh-
rern gemein iſt. Daß aber der gantze Antichriſt/ und dasjenige/ was 2. Theſſ.
2. demſelben beygeleget wird/ indem einigen Papſt (betrachtet mit ſeinen an-
haͤngenden werckzeugen ſeiner geiſtlichen regierung.) ſich concentrire/
und alſo auſſer ihm bey niemand anders zu ſuchen ſeye/ wird verge-
bens geleugnet/ oder man muͤſte die characteres, die n. 22. angefuͤhret wer-
den/ und auch vor wahr zu erkennen ſind/ bey andern insgeſamt zeigen/ dann
nur ein oder ander ſtuͤck auff eine gewiſſe art bey einer parthey oder perſon/
mit unterlaſſung der uͤbrigen/ zeigen koͤnnen/ waͤre noch kein erweiß des Anti-
chriſts/ ſondern allein eine verwandſchafft mit demſelben/ wie dann das bey
dem Antichriſt befindliche boͤſe mit ſeinem exempel auch wohl andere zu einer
nachfolge in gewiſſen ſtuͤcken verleiten kan/ die ihm ſonſt in dem uͤbrigen entge-
gen ſind/ und nicht zu ihm gehoͤren. So iſt noch ferner hinzu zu ſetzen aus
2. Theſſ. 2. als ein nothwendiges zeichen (welches nicht haͤtte hier ausgelaſ-
ſen werden ſollen) daß des daſelbs beſchriebenen Antichriſts verfuͤhrung ge-
ſchehe durch luͤgenhafftige zeichen/ kraͤffte und wunder. Weswegen
abermal wo dieſes kennzeichen ſich nicht findet/ der von Paulo angezeigte
Antichriſt nicht mag geſucht werden.

§. XXII. Wie alſo Babel ein gewiſſes reich iſt/ und mit andern der kir-
che entgegen ſtehenden reichen nicht ſolle vermiſchet werden/ alſo iſt auch der
2. Theſſ. 2. beſchriebene Antichriſt ein ſonderbarer haupt-feind/ der ſich
ſelbs ein reich machet/ unter welches er die kinder Gottes zwingen will/ welche
aber auch noch auſſer ihm von andern feinden geplaget werden.

§. XXIII. Was n. 23. gefraget: Ob ein theil der Chriſtlichen kirchen
heut zu tage eigentlich und an ſich ſelbſten mit dem titul Babylons
koͤnne beladen werden:
und daſelbs verneinet wird/ bedarff auch weite-
rer unterſcheidung. Man redet entweder von einem theilder Chriſtenheit
nach dero eintzeln dazu gehoͤrigen perſonen oder nach der allgemeinen verfaſ-
ſung. Redet man in dem erſten verſtand/ und meinets ſo/ daß alle und jegli-
che perſonen welche zu einem ſolchen theil der Chriſtenheit gehoͤren/ und ſich in
deſſen euſſerlicher gemeinſchafft befinden/ als eigentliche glieder Babylons
und feinde des HErrn ſeyen/ ſo geſtehe ich/ daß man keinen theil Babel nen-
nen koͤnne/ weil auch in der euſſerlichen Roͤmiſchen gemeinſchafft noch wahre
kinder Gottes ſind/ die ſich denen in dem alten abgoͤttiſchen Babel gefangenen
Juden vergleichen laſſen/ und zu ſeiner zeit ausgefuͤhret werden ſollen/ in deſ-
ſen auff dem HErrn bekandte weiſe annoch in dem glauben erhalten werden/
dieſe ſind alſo nicht eigentlich Babel oder von Babel oder Babels dem haupt

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Z z 2
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[363/0379] Des 1. Capitels. ſolcher zeit/ da an den Pabſt noch nicht gedacht wurde/ leute/ denen ſolcher nahme gehoͤrte. Und gibet unſer S. D. Dannhauer Antichriſtoſ. S. 1. art. 5. p. 171. eine allgemeine definition eines ſolchen Antichriſten/ die freylich meh- rern gemein iſt. Daß aber der gantze Antichriſt/ und dasjenige/ was 2. Theſſ. 2. demſelben beygeleget wird/ indem einigen Papſt (betrachtet mit ſeinen an- haͤngenden werckzeugen ſeiner geiſtlichen regierung.) ſich concentrire/ und alſo auſſer ihm bey niemand anders zu ſuchen ſeye/ wird verge- bens geleugnet/ oder man muͤſte die characteres, die n. 22. angefuͤhret wer- den/ und auch vor wahr zu erkennen ſind/ bey andern insgeſamt zeigen/ dann nur ein oder ander ſtuͤck auff eine gewiſſe art bey einer parthey oder perſon/ mit unterlaſſung der uͤbrigen/ zeigen koͤnnen/ waͤre noch kein erweiß des Anti- chriſts/ ſondern allein eine verwandſchafft mit demſelben/ wie dann das bey dem Antichriſt befindliche boͤſe mit ſeinem exempel auch wohl andere zu einer nachfolge in gewiſſen ſtuͤcken verleiten kan/ die ihm ſonſt in dem uͤbrigen entge- gen ſind/ und nicht zu ihm gehoͤren. So iſt noch ferner hinzu zu ſetzen aus 2. Theſſ. 2. als ein nothwendiges zeichen (welches nicht haͤtte hier ausgelaſ- ſen werden ſollen) daß des daſelbs beſchriebenen Antichriſts verfuͤhrung ge- ſchehe durch luͤgenhafftige zeichen/ kraͤffte und wunder. Weswegen abermal wo dieſes kennzeichen ſich nicht findet/ der von Paulo angezeigte Antichriſt nicht mag geſucht werden. §. XXII. Wie alſo Babel ein gewiſſes reich iſt/ und mit andern der kir- che entgegen ſtehenden reichen nicht ſolle vermiſchet werden/ alſo iſt auch der 2. Theſſ. 2. beſchriebene Antichriſt ein ſonderbarer haupt-feind/ der ſich ſelbs ein reich machet/ unter welches er die kinder Gottes zwingen will/ welche aber auch noch auſſer ihm von andern feinden geplaget werden. §. XXIII. Was n. 23. gefraget: Ob ein theil der Chriſtlichen kirchen heut zu tage eigentlich und an ſich ſelbſten mit dem titul Babylons koͤnne beladen werden: und daſelbs verneinet wird/ bedarff auch weite- rer unterſcheidung. Man redet entweder von einem theilder Chriſtenheit nach dero eintzeln dazu gehoͤrigen perſonen oder nach der allgemeinen verfaſ- ſung. Redet man in dem erſten verſtand/ und meinets ſo/ daß alle und jegli- che perſonen welche zu einem ſolchen theil der Chriſtenheit gehoͤren/ und ſich in deſſen euſſerlicher gemeinſchafft befinden/ als eigentliche glieder Babylons und feinde des HErrn ſeyen/ ſo geſtehe ich/ daß man keinen theil Babel nen- nen koͤnne/ weil auch in der euſſerlichen Roͤmiſchen gemeinſchafft noch wahre kinder Gottes ſind/ die ſich denen in dem alten abgoͤttiſchen Babel gefangenen Juden vergleichen laſſen/ und zu ſeiner zeit ausgefuͤhret werden ſollen/ in deſ- ſen auff dem HErrn bekandte weiſe annoch in dem glauben erhalten werden/ dieſe ſind alſo nicht eigentlich Babel oder von Babel oder Babels dem haupt gleich- Z z 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/379>, abgerufen am 25.11.2024.