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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Anhang
XLVIII.
Hier aber wurde (wie noch) der dritte wesentliche theil gantz übergangen/ und ausgeschlos-
sen. Woher wusten sie dann/ daß sie gewiß im heil. Geist versamlet gewesen? als der nicht dem
einen/ noch dem andern/ noch dem dritten theil ins besonder/ sondern der gantzen kirchen/ in allen
ihren wesentlichen theilen/ verheißen ist. An welche also versamlete gantze kirche alleine wir auch
von Christo gewiesen seynd. Matth. 18.
XLIX.
Dieser Fürsten und stände vorfahren/ haben so weit zu gehen nicht begehret/ da sie ihre con-
fession
übergeben: Sondern waren bereit/ sich weisen und lehren zu lassen/ wo jemand mit GOt-
tes wort eines irrthums sie überweisen könte. Wie es dann billig seyn solle.
L.
Jhre vorfahren sagen nirgend: daß sie nicht bedörffen/ daß sie jemand wegen dieser confes-
sion
lehre. Diese aber bezeugen sich/ daß sie nimmer bedörffen/ wegen dieser confession noch zu-
lernen: Sondern verschwehren sich schlechterdings zu deroselben.
LI.
Welches/ ob man es übertünchen wolte: So ligts doch am tage/ daß die meiste Theologi ihre
außsprüche aus diesem buch genommen/ als göttliche aussprüche wollen angesehen/ und den/ wi-
der welchen sie gehen/ als aus göttlichem recht verdammet halten. Eben wie im Pabsthum/ wer durch
die decreta und concilia verdammet ist. Woran einige ihrer mitbrüder sich billig stossen.
LII.
Es ist aber dieses procedere keines weges als ein überling zuachten, so im ausgang aus
dem Römischen Babylon uns ankleb[e]n blieben. Sondern es ist die frucht des erneuerten Baby-
lons/ bey uns/ das man sich mit dem Concordien-buch besorglich aufs neue erbauet hat/ wodurch
die verwirrung des grossen Babylons hefftiger worden.
LIII.
Dann mit diesem buch haben sie sich wahrhafftig ein eigen reich gemacht/ und damit/ so viel
an ihnen/ von der allgemeinen kirchen/ und ihrer gemeinen regul, gefährlich sich abgebrochen/ auch
Gott und menschen den weg zu ihrer wieder zurückbringung versperret/ nicht weniger als der
Papst durch seine decreta und concilia auch. Obs schon vielleicht niemand sehen noch verste-
hen solte.
LIV.
Dann gleich wie die Patres zu Trient in der meinung sind: bey ihnen seye die wahrheit
Gottes. Dahero sich wider die straff des heil. Geistes/ und seiner knechte versamlen/ sie nach ih-
ren selbstgemachten regulen zu urtheilen/ und wenn sie nicht umbkehren/ verderben.
LV.
Also machens dieser Fürsten Theologi auch: das Concordien buch lieget im mittel: wer sie
will bestraffen/ den richten sie nach demselben. Und so er nicht umbkehret/ so verderben und töd-
ten sie ihn/ obschon nicht physice, doch gewiß Politice und Theologice, wie gedachte vorrede klar
besagt.
LVI.
Also aber zuthun: weil weder die Fürsten noch stände/ und ihre Theologi, von GOtt oder
der kirchen vocation gehabt/ ihr eigen vermögen und recht noch weniger so weit sich erstrecket. So
folget/ daß solches beginnen ungöttlich/ übermenschlich/ und also Babelisch seye.
LVII.
Denn es ist eben/ als sprächen sie: lasset uns eine stadt und thurn bauen/ des spitze biß an
den himmel reiche/ daß wir uns einen nahmen machen. Dann die nahmen/ Catholisch/ Ev-
ange-
Anhang
XLVIII.
Hier aber wurde (wie noch) der dritte weſentliche theil gantz uͤbergangen/ und ausgeſchloſ-
ſen. Woher wuſten ſie dann/ daß ſie gewiß im heil. Geiſt verſamlet geweſen? als der nicht dem
einen/ noch dem andern/ noch dem dritten theil ins beſonder/ ſondern der gantzen kirchen/ in allen
ihren weſentlichen theilen/ verheißen iſt. An welche alſo verſamlete gantze kirche alleine wir auch
von Chriſto gewieſen ſeynd. Matth. 18.
XLIX.
Dieſer Fuͤrſten und ſtaͤnde vorfahren/ haben ſo weit zu gehen nicht begehret/ da ſie ihre con-
feſſion
uͤbergeben: Sondern waren bereit/ ſich weiſen und lehren zu laſſen/ wo jemand mit GOt-
tes wort eines irrthums ſie uͤberweiſen koͤnte. Wie es dann billig ſeyn ſolle.
L.
Jhre vorfahren ſagen nirgend: daß ſie nicht bedoͤrffen/ daß ſie jemand wegen dieſer confeſ-
ſion
lehre. Dieſe aber bezeugen ſich/ daß ſie nimmer bedoͤrffen/ wegen dieſer confeſſion noch zu-
lernen: Sondern verſchwehren ſich ſchlechterdings zu deroſelben.
LI.
Welches/ ob man es uͤbertuͤnchen wolte: So ligts doch am tage/ daß die meiſte Theologi ihre
außſpruͤche aus dieſem buch genommen/ als goͤttliche ausſpruͤche wollen angeſehen/ und den/ wi-
der welchen ſie gehen/ als aus goͤttlichem recht verdam̃et halten. Eben wie im Pabſthum/ wer durch
die decreta und concilia verdammet iſt. Woran einige ihrer mitbruͤder ſich billig ſtoſſen.
LII.
Es iſt aber dieſes procedere keines weges als ein uͤberling zuachten, ſo im ausgang aus
dem Roͤmiſchen Babylon uns ankleb[e]n blieben. Sondern es iſt die frucht des erneuerten Baby-
lons/ bey uns/ das man ſich mit dem Concordien-buch beſorglich aufs neue erbauet hat/ wodurch
die verwirrung des groſſen Babylons hefftiger worden.
LIII.
Dann mit dieſem buch haben ſie ſich wahrhafftig ein eigen reich gemacht/ und damit/ ſo viel
an ihnen/ von der allgemeinen kirchen/ und ihrer gemeinen regul, gefaͤhrlich ſich abgebrochen/ auch
Gott und menſchen den weg zu ihrer wieder zuruͤckbringung verſperret/ nicht weniger als der
Papſt durch ſeine decreta und concilia auch. Obs ſchon vielleicht niemand ſehen noch verſte-
hen ſolte.
LIV.
Dann gleich wie die Patres zu Trient in der meinung ſind: bey ihnen ſeye die wahrheit
Gottes. Dahero ſich wider die ſtraff des heil. Geiſtes/ und ſeiner knechte verſamlen/ ſie nach ih-
ren ſelbſtgemachten regulen zu urtheilen/ und wenn ſie nicht umbkehren/ verderben.
LV.
Alſo machens dieſer Fuͤrſten Theologi auch: das Concordien buch lieget im mittel: wer ſie
will beſtraffen/ den richten ſie nach demſelben. Und ſo er nicht umbkehret/ ſo verderben und toͤd-
ten ſie ihn/ obſchon nicht phyſice, doch gewiß Politice und Theologice, wie gedachte vorrede klar
beſagt.
LVI.
Alſo aber zuthun: weil weder die Fuͤrſten noch ſtaͤnde/ und ihre Theologi, von GOtt oder
der kirchen vocation gehabt/ ihr eigen vermoͤgen und recht noch weniger ſo weit ſich erſtrecket. So
folget/ daß ſolches beginnen ungoͤttlich/ uͤbermenſchlich/ und alſo Babeliſch ſeye.
LVII.
Denn es iſt eben/ als ſpraͤchen ſie: laſſet uns eine ſtadt und thurn bauen/ des ſpitze biß an
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[346/0362] Anhang XLVIII. Hier aber wurde (wie noch) der dritte weſentliche theil gantz uͤbergangen/ und ausgeſchloſ- ſen. Woher wuſten ſie dann/ daß ſie gewiß im heil. Geiſt verſamlet geweſen? als der nicht dem einen/ noch dem andern/ noch dem dritten theil ins beſonder/ ſondern der gantzen kirchen/ in allen ihren weſentlichen theilen/ verheißen iſt. An welche alſo verſamlete gantze kirche alleine wir auch von Chriſto gewieſen ſeynd. Matth. 18. XLIX. Dieſer Fuͤrſten und ſtaͤnde vorfahren/ haben ſo weit zu gehen nicht begehret/ da ſie ihre con- feſſion uͤbergeben: Sondern waren bereit/ ſich weiſen und lehren zu laſſen/ wo jemand mit GOt- tes wort eines irrthums ſie uͤberweiſen koͤnte. Wie es dann billig ſeyn ſolle. L. Jhre vorfahren ſagen nirgend: daß ſie nicht bedoͤrffen/ daß ſie jemand wegen dieſer confeſ- ſion lehre. Dieſe aber bezeugen ſich/ daß ſie nimmer bedoͤrffen/ wegen dieſer confeſſion noch zu- lernen: Sondern verſchwehren ſich ſchlechterdings zu deroſelben. LI. Welches/ ob man es uͤbertuͤnchen wolte: So ligts doch am tage/ daß die meiſte Theologi ihre außſpruͤche aus dieſem buch genommen/ als goͤttliche ausſpruͤche wollen angeſehen/ und den/ wi- der welchen ſie gehen/ als aus goͤttlichem recht verdam̃et halten. Eben wie im Pabſthum/ wer durch die decreta und concilia verdammet iſt. Woran einige ihrer mitbruͤder ſich billig ſtoſſen. LII. Es iſt aber dieſes procedere keines weges als ein uͤberling zuachten, ſo im ausgang aus dem Roͤmiſchen Babylon uns ankleben blieben. Sondern es iſt die frucht des erneuerten Baby- lons/ bey uns/ das man ſich mit dem Concordien-buch beſorglich aufs neue erbauet hat/ wodurch die verwirrung des groſſen Babylons hefftiger worden. LIII. Dann mit dieſem buch haben ſie ſich wahrhafftig ein eigen reich gemacht/ und damit/ ſo viel an ihnen/ von der allgemeinen kirchen/ und ihrer gemeinen regul, gefaͤhrlich ſich abgebrochen/ auch Gott und menſchen den weg zu ihrer wieder zuruͤckbringung verſperret/ nicht weniger als der Papſt durch ſeine decreta und concilia auch. Obs ſchon vielleicht niemand ſehen noch verſte- hen ſolte. LIV. Dann gleich wie die Patres zu Trient in der meinung ſind: bey ihnen ſeye die wahrheit Gottes. Dahero ſich wider die ſtraff des heil. Geiſtes/ und ſeiner knechte verſamlen/ ſie nach ih- ren ſelbſtgemachten regulen zu urtheilen/ und wenn ſie nicht umbkehren/ verderben. LV. Alſo machens dieſer Fuͤrſten Theologi auch: das Concordien buch lieget im mittel: wer ſie will beſtraffen/ den richten ſie nach demſelben. Und ſo er nicht umbkehret/ ſo verderben und toͤd- ten ſie ihn/ obſchon nicht phyſice, doch gewiß Politice und Theologice, wie gedachte vorrede klar beſagt. LVI. Alſo aber zuthun: weil weder die Fuͤrſten noch ſtaͤnde/ und ihre Theologi, von GOtt oder der kirchen vocation gehabt/ ihr eigen vermoͤgen und recht noch weniger ſo weit ſich erſtrecket. So folget/ daß ſolches beginnen ungoͤttlich/ uͤbermenſchlich/ und alſo Babeliſch ſeye. LVII. Denn es iſt eben/ als ſpraͤchen ſie: laſſet uns eine ſtadt und thurn bauen/ des ſpitze biß an den himmel reiche/ daß wir uns einen nahmen machen. Dann die nahmen/ Catholiſch/ Ev- ange-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/362>, abgerufen am 22.11.2024.