zweiffel. Er hat sie aber auch andern Aposteln/ ja allen dienern der kirchen anvertrauet. Apost. Gesch. 20/ 29. 1. Petr. 5/ 1. 2. (wo dazu Petrus selbs den ältesten der gemeinden/ nicht als ihr vorgesetztes haupt/ sondern nur als ihr mitaltester zuspricht/ daß sie nicht seine/ sondern des HErrn gemeinde weiden solten/ und also bezeuget/ daß sie mit ihm einerley befehl zu weiden haben) weil aber des Jesuiten meiste subtilität darinnen stecket/ daß ihm die schaaffe und die lämmer zu weiden befohlen seyen/ da er durch jene die ge- meine Christen/ durch diese die hirten selbs verstehen will/ so ist zwahr er a- bermal nicht der erste/ der solche albere subtilität erfunden.
Wo werden ab er irgend in der schrifft/ wo schaaffe und lämmer zusammen oder gegeneinander gesetzt werden/ durch die schaaffe die hirten verstanden? von den gelehrten Papisten sagt Corn. Jansen. Non est quae rendum mysterium in eo, quod in prima interrogatione Christus dixerat, agnos meos, in secun- da & tertia oves meas &c. Und Maldonatus. Non subtiliter disputandum est, an Christus agnos potius quam oves appellaverit, quod qui fecerit, vi- deat, ne doctis risum praebeat. Bellarminus, derselbs zwahr auch diese er- klährung anführet/ führet aber zugleich auch andre erklährungen/ und trauet also der sache nicht. Wie solte denn ein dergleichen glaubens-ar- ticul auff eine solche ungewisse allegorie mit bestand gegründet werden? daß ihm aber zu dreyen malen solches weiden anbefohlen worden/ macht die sache abermal nicht aus/ sondern bemercken vielmehr/ so wol die väter als auch die vornehme Päpstische scribenten es seye solches geschehen/ daß damit Petrus seiner dreyfachen verläugnung erinnert würde. Also kan mit be- stand nicht das geringste aus diesem spruch erwiesen werden/ daß Petro vor andern Aposteln gegeben worden wäre. Was die übrige argumenta p. 61. u. f. anlangt/ concludiren sie auch nichts. Daß Petrus der erste unter den Aposteln genennet wird/ wird von niemand geläugnet/ aber auch nicht des- wegen gestanden/ daß er über die andre Apostel und gantze kirche eine herr- schafft haben sollen. Es muß je in einem Collegio, da alle einander an der macht gleich sind/ einer der erste seyn/ und einiges Directorium führen/ wel- ches wir in gewisser maaß Petro nicht eben absprechen wollen/ damit aber des P. Dez argument noch nicht bestärcket wird. So haben die unsrige un- terschiedliche stücke/ worinnen Petrus vor andern der erste genennet werden möge/ bemercket/ so aber alle der Papisten vorgeben wenig zu statten kommet. Also auch alle andre dinge/ die er anführt/ erweisen nichts weiter/ als den vorzug einer ordnung/ welcher in einem Collegio nöthig/ die andre aber dem- selben deswegen noch nicht unter wirfft.
Wie also bereits dieses haupt-fundament fället/ daß Petro die oberste gewalt über die gantze kirche gegeben worden seye/ als davon die schrifft nichts
weist/
N 2
SECTIO XV.
zweiffel. Er hat ſie aber auch andern Apoſteln/ ja allen dienern der kirchen anvertrauet. Apoſt. Geſch. 20/ 29. 1. Petr. 5/ 1. 2. (wo dazu Petrus ſelbs den aͤlteſten der gemeinden/ nicht als ihr vorgeſetztes haupt/ ſondern nur als ihr mitalteſter zuſpricht/ daß ſie nicht ſeine/ ſondern des HErrn gemeinde weiden ſolten/ und alſo bezeuget/ daß ſie mit ihm einerley befehl zu weiden haben) weil aber des Jeſuiten meiſte ſubtilitaͤt darinnen ſtecket/ daß ihm die ſchaaffe und die laͤmmer zu weiden befohlen ſeyen/ da er durch jene die ge- meine Chriſten/ durch dieſe die hirten ſelbs verſtehen will/ ſo iſt zwahr er a- bermal nicht der erſte/ der ſolche albere ſubtilitaͤt erfunden.
Wo werden ab er irgend in der ſchrifft/ wo ſchaaffe und laͤmmer zuſam̃en oder gegeneinander geſetzt werden/ durch die ſchaaffe die hirten verſtanden? von den gelehꝛten Papiſten ſagt Corn. Janſen. Non eſt quæ rendum myſterium in eo, quod in prima interrogatione Chriſtus dixerat, agnos meos, in ſecun- da & tertia oves meas &c. Und Maldonatus. Non ſubtiliter diſputandum eſt, an Chriſtus agnos potius quam oves appellaverit, quod qui fecerit, vi- deat, ne doctis riſum præbeat. Bellarminus, derſelbs zwahr auch dieſe er- klaͤhrung anfuͤhret/ fuͤhret aber zugleich auch andre erklaͤhrungen/ und trauet alſo der ſache nicht. Wie ſolte denn ein dergleichen glaubens-ar- ticul auff eine ſolche ungewiſſe allegorie mit beſtand gegruͤndet werden? daß ihm aber zu dreyen malen ſolches weiden anbefohlen worden/ macht die ſache abermal nicht aus/ ſondern bemercken vielmehr/ ſo wol die vaͤter als auch die vornehme Paͤpſtiſche ſcribenten es ſeye ſolches geſchehen/ daß damit Petrus ſeiner dreyfachen verlaͤugnung erinnert wuͤrde. Alſo kan mit be- ſtand nicht das geringſte aus dieſem ſpruch erwieſen werden/ daß Petro vor andern Apoſteln gegeben worden waͤre. Was die uͤbrige argumenta p. 61. u. f. anlangt/ concludiren ſie auch nichts. Daß Petrus der erſte unter den Apoſteln genennet wird/ wird von niemand gelaͤugnet/ aber auch nicht des- wegen geſtanden/ daß er uͤber die andre Apoſtel und gantze kirche eine herr- ſchafft haben ſollen. Es muß je in einem Collegio, da alle einander an der macht gleich ſind/ einer der erſte ſeyn/ und einiges Directorium fuͤhren/ wel- ches wir in gewiſſer maaß Petro nicht eben abſprechen wollen/ damit aber des P. Dez argument noch nicht beſtaͤrcket wird. So haben die unſrige un- terſchiedliche ſtuͤcke/ worinnen Petrus vor andern der erſte genennet werden moͤge/ bemercket/ ſo aber alle der Papiſten vorgeben wenig zu ſtatten kommet. Alſo auch alle andre dinge/ die er anfuͤhrt/ erweiſen nichts weiter/ als den vorzug einer ordnung/ welcher in einem Collegio noͤthig/ die andre aber dem- ſelben deswegen noch nicht unter wirfft.
Wie alſo bereits dieſes haupt-fundament faͤllet/ daß Petro die oberſte gewalt uͤber die gantze kiꝛche gegeben worden ſeye/ als davon die ſchꝛifft nichts
weiſt/
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SECTIO XV.
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den aͤlteſten der gemeinden/ nicht als ihr vorgeſetztes haupt/ ſondern nur als
ihr mitalteſter zuſpricht/ daß ſie nicht ſeine/ ſondern des HErrn gemeinde
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haben) weil aber des Jeſuiten meiſte ſubtilitaͤt darinnen ſtecket/ daß ihm die
ſchaaffe und die laͤmmer zu weiden befohlen ſeyen/ da er durch jene die ge-
meine Chriſten/ durch dieſe die hirten ſelbs verſtehen will/ ſo iſt zwahr er a-
bermal nicht der erſte/ der ſolche albere ſubtilitaͤt erfunden.
Wo werden ab er irgend in der ſchrifft/ wo ſchaaffe und laͤmmer zuſam̃en
oder gegeneinander geſetzt werden/ durch die ſchaaffe die hirten verſtanden?
von den gelehꝛten Papiſten ſagt Corn. Janſen. Non eſt quæ rendum myſterium
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deat, ne doctis riſum præbeat. Bellarminus, derſelbs zwahr auch dieſe er-
klaͤhrung anfuͤhret/ fuͤhret aber zugleich auch andre erklaͤhrungen/ und
trauet alſo der ſache nicht. Wie ſolte denn ein dergleichen glaubens-ar-
ticul auff eine ſolche ungewiſſe allegorie mit beſtand gegruͤndet werden?
daß ihm aber zu dreyen malen ſolches weiden anbefohlen worden/ macht die
ſache abermal nicht aus/ ſondern bemercken vielmehr/ ſo wol die vaͤter als
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Petrus ſeiner dreyfachen verlaͤugnung erinnert wuͤrde. Alſo kan mit be-
ſtand nicht das geringſte aus dieſem ſpruch erwieſen werden/ daß Petro vor
andern Apoſteln gegeben worden waͤre. Was die uͤbrige argumenta p. 61.
u. f. anlangt/ concludiren ſie auch nichts. Daß Petrus der erſte unter den
Apoſteln genennet wird/ wird von niemand gelaͤugnet/ aber auch nicht des-
wegen geſtanden/ daß er uͤber die andre Apoſtel und gantze kirche eine herr-
ſchafft haben ſollen. Es muß je in einem Collegio, da alle einander an der
macht gleich ſind/ einer der erſte ſeyn/ und einiges Directorium fuͤhren/ wel-
ches wir in gewiſſer maaß Petro nicht eben abſprechen wollen/ damit aber
des P. Dez argument noch nicht beſtaͤrcket wird. So haben die unſrige un-
terſchiedliche ſtuͤcke/ worinnen Petrus vor andern der erſte genennet werden
moͤge/ bemercket/ ſo aber alle der Papiſten vorgeben wenig zu ſtatten kommet.
Alſo auch alle andre dinge/ die er anfuͤhrt/ erweiſen nichts weiter/ als den
vorzug einer ordnung/ welcher in einem Collegio noͤthig/ die andre aber dem-
ſelben deswegen noch nicht unter wirfft.
Wie alſo bereits dieſes haupt-fundament faͤllet/ daß Petro die oberſte
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/115>, abgerufen am 04.05.2024.
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