Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Unterricht
liebte Jünger gethan; dieser, weilen er seinem
Lehrmeister so nahe am Hertzen lage, als er den
Erlöser von der Verrätherey Judä reden hör-
te,
betrübte er sich sehr, liesse gantz anmuthig
sein heiliges Haupt sincken, und legte es lieb-
reich auf die Göttliche Brust seines Lehrmei-
sters.

Zweyrens/ ware auch bey denen Juden der
Brauch, vor dem Gastmahl Händ und Füß zu
waschen; die Füß mußte jener waschen, der
das Gastmahl gabe. Dahero sagte Christus
zu dem schrifftgelehrten Gleißner: Du hast
mir kein Fuß-Wasser gegeben; deßwegen wol-
te sich dann auch der Heyland so viel demüthi-
gen, und mit seinen Göttlichen Händen seinen
Jüngeren die Füß vor dem Abendmahl wa-
schen; dardurch wolte er uns zu verstehen ge-
ben, mit was Reinigkeit man sich zu diesem
Göttlichen Tisch bereiten solle.

Drittens: Nach all diesem, nahme der
HErr, gegen End der Tafel, ohngesäuertes
Brod, danckte seinem himmlischen Vatter, zer-
theilte es, und legte es in ein Geschirr, so vor
ihne stunde. Nachmahls seegnete er es. Ob
nun dieser Seegen mit dem darüber gemach-
ten Creutz-Zeichen geschehen, seynd die Lehrer
nicht einig. Einige sagen nein, weilen da-
mahls das Creutz durch den Tod Christi noch
nicht geheiliget ware: ist also nicht glaubwür-
dig, daß der HErr dieses Brod mit dem Creutz-
Zeichen geseegnet. Dahero sagen sie, daß GOtt

dieses

Unterricht
liebte Jünger gethan; dieſer, weilen er ſeinem
Lehrmeiſter ſo nahe am Hertzen lage, als er den
Erlöſer von der Verrätherey Judä reden hör-
te,
betrübte er ſich ſehr, lieſſe gantz anmuthig
ſein heiliges Haupt ſincken, und legte es lieb-
reich auf die Göttliche Bruſt ſeines Lehrmei-
ſters.

Zweyrens/ ware auch bey denen Juden der
Brauch, vor dem Gaſtmahl Händ und Füß zu
waſchen; die Füß mußte jener waſchen, der
das Gaſtmahl gabe. Dahero ſagte Chriſtus
zu dem ſchrifftgelehrten Gleißner: Du haſt
mir kein Fuß-Waſſer gegeben; deßwegen wol-
te ſich dann auch der Heyland ſo viel demüthi-
gen, und mit ſeinen Göttlichen Händen ſeinen
Jüngeren die Füß vor dem Abendmahl wa-
ſchen; dardurch wolte er uns zu verſtehen ge-
ben, mit was Reinigkeit man ſich zu dieſem
Göttlichen Tiſch bereiten ſolle.

Drittens: Nach all dieſem, nahme der
HErr, gegen End der Tafel, ohngeſäuertes
Brod, danckte ſeinem himmliſchen Vatter, zer-
theilte es, und legte es in ein Geſchirr, ſo vor
ihne ſtunde. Nachmahls ſeegnete er es. Ob
nun dieſer Seegen mit dem darüber gemach-
ten Creutz-Zeichen geſchehen, ſeynd die Lehrer
nicht einig. Einige ſagen nein, weilen da-
mahls das Creutz durch den Tod Chriſti noch
nicht geheiliget ware: iſt alſo nicht glaubwür-
dig, daß der HErr dieſes Brod mit dem Creutz-
Zeichen geſeegnet. Dahero ſagen ſie, daß GOtt

dieſes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0347" n="310"/><fw place="top" type="header">Unterricht</fw><lb/>
liebte Jünger gethan; die&#x017F;er, weilen er &#x017F;einem<lb/>
Lehrmei&#x017F;ter &#x017F;o nahe am Hertzen lage, als er den<lb/>
Erlö&#x017F;er von der Verrätherey <hi rendition="#fr">Judä reden hör-<lb/>
te,</hi> betrübte er &#x017F;ich &#x017F;ehr, lie&#x017F;&#x017F;e gantz anmuthig<lb/>
&#x017F;ein heiliges Haupt &#x017F;incken, und legte es lieb-<lb/>
reich auf die Göttliche Bru&#x017F;t &#x017F;eines Lehrmei-<lb/>
&#x017F;ters.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Zweyrens</hi>/ ware auch bey denen Juden der<lb/>
Brauch, vor dem Ga&#x017F;tmahl Händ und Füß zu<lb/>
wa&#x017F;chen; die Füß mußte jener wa&#x017F;chen, der<lb/>
das Ga&#x017F;tmahl gabe. Dahero &#x017F;agte Chri&#x017F;tus<lb/>
zu dem &#x017F;chrifftgelehrten Gleißner: Du ha&#x017F;t<lb/>
mir kein Fuß-Wa&#x017F;&#x017F;er gegeben; deßwegen wol-<lb/>
te &#x017F;ich dann auch der Heyland &#x017F;o viel demüthi-<lb/>
gen, und mit &#x017F;einen Göttlichen Händen &#x017F;einen<lb/>
Jüngeren die Füß vor dem Abendmahl wa-<lb/>
&#x017F;chen; dardurch wolte er uns zu ver&#x017F;tehen ge-<lb/>
ben, mit was Reinigkeit man &#x017F;ich zu die&#x017F;em<lb/>
Göttlichen Ti&#x017F;ch bereiten &#x017F;olle.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Drittens:</hi> Nach all die&#x017F;em, nahme der<lb/>
HErr, gegen End der Tafel, ohnge&#x017F;äuertes<lb/>
Brod, danckte &#x017F;einem himmli&#x017F;chen Vatter, zer-<lb/>
theilte es, und legte es in ein Ge&#x017F;chirr, &#x017F;o vor<lb/>
ihne &#x017F;tunde. Nachmahls &#x017F;eegnete er es. Ob<lb/>
nun die&#x017F;er Seegen mit dem darüber gemach-<lb/>
ten Creutz-Zeichen ge&#x017F;chehen, &#x017F;eynd die Lehrer<lb/>
nicht einig. Einige &#x017F;agen nein, weilen da-<lb/>
mahls das Creutz durch den Tod Chri&#x017F;ti noch<lb/>
nicht geheiliget ware: i&#x017F;t al&#x017F;o nicht glaubwür-<lb/>
dig, daß der HErr die&#x017F;es Brod mit dem Creutz-<lb/>
Zeichen ge&#x017F;eegnet. Dahero &#x017F;agen &#x017F;ie, daß GOtt<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die&#x017F;es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0347] Unterricht liebte Jünger gethan; dieſer, weilen er ſeinem Lehrmeiſter ſo nahe am Hertzen lage, als er den Erlöſer von der Verrätherey Judä reden hör- te, betrübte er ſich ſehr, lieſſe gantz anmuthig ſein heiliges Haupt ſincken, und legte es lieb- reich auf die Göttliche Bruſt ſeines Lehrmei- ſters. Zweyrens/ ware auch bey denen Juden der Brauch, vor dem Gaſtmahl Händ und Füß zu waſchen; die Füß mußte jener waſchen, der das Gaſtmahl gabe. Dahero ſagte Chriſtus zu dem ſchrifftgelehrten Gleißner: Du haſt mir kein Fuß-Waſſer gegeben; deßwegen wol- te ſich dann auch der Heyland ſo viel demüthi- gen, und mit ſeinen Göttlichen Händen ſeinen Jüngeren die Füß vor dem Abendmahl wa- ſchen; dardurch wolte er uns zu verſtehen ge- ben, mit was Reinigkeit man ſich zu dieſem Göttlichen Tiſch bereiten ſolle. Drittens: Nach all dieſem, nahme der HErr, gegen End der Tafel, ohngeſäuertes Brod, danckte ſeinem himmliſchen Vatter, zer- theilte es, und legte es in ein Geſchirr, ſo vor ihne ſtunde. Nachmahls ſeegnete er es. Ob nun dieſer Seegen mit dem darüber gemach- ten Creutz-Zeichen geſchehen, ſeynd die Lehrer nicht einig. Einige ſagen nein, weilen da- mahls das Creutz durch den Tod Chriſti noch nicht geheiliget ware: iſt alſo nicht glaubwür- dig, daß der HErr dieſes Brod mit dem Creutz- Zeichen geſeegnet. Dahero ſagen ſie, daß GOtt dieſes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/347
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/347>, abgerufen am 22.07.2024.