kraft eine Ware geworden ist. Wo der Arbeiter an eigenem Material schafft, verbleibt seine Arbeit innerhalb des Umkreises seiner Persön- lichkeit, und erst das vollendete Werk verlässt denselben beim Ver- kauf. Mangels der Möglichkeit indes, seine Arbeit in dieser Weise zu verwerten, stellt er sie für einen Marktpreis in die Verfügung eines Anderen, trennt sich also von ihr von dem Augenblick an, wo sie ihre Quelle verlässt. Dass sie nun Charakter, Bewertungsweise, Entwick- lungsschicksale mit allen Waren überhaupt teilt, das bedeutet eben, dass sie dem Arbeiter selbst gegenüber etwas Objektives geworden ist, etwas, das er nicht nur nicht mehr ist, sondern eigentlich auch nicht mehr hat. Denn sobald eine potenzielle Arbeitsmenge sich in wirk- liches Arbeiten umsetzt, gehört nicht mehr sie, sondern ihr Geldäqui- valent ihm, während sie selbst einem Anderen oder genauer: einer ob- jektiven Arbeitsorganisation zugehört. Das Ware-Werden der Arbeit ist also auch nur eine Seite des weitausgreifenden Differenzierungsprozesses, der aus der Persönlichkeit ihre einzelnen Inhalte herauslöst, um sie ihr als Objekte, mit selbständiger Bestimmtheit und Bewegung, gegen- überzustellen. Schliesslich zeigt sich das Ergebnis dieses Schicksals der Arbeitsmittel und Arbeitskraft an ihrem Produkt. Dass das Arbeits- produkt der kapitalistischen Epoche ein Objekt mit entschiedenem Fürsichsein, eigenen Bewegungsgesetzen, dem herstellenden Subjekt selbst fremdem Charakter ist, wird da zur eindringlichsten Vorstellung werden, wo der Arbeiter genötigt ist, sein eigenes Arbeitsprodukt, wenn er es haben will, zu kaufen. -- Dies ist nun ein allgemeines Schema der Entwicklung, das weit über den Lohnarbeiter hinaus gilt. Die un- geheure Arbeitsteilung z. B. in der Wissenschaft bewirkt es, dass nur äusserst wenige Forscher sich die Vorbedingungen ihrer Arbeit selbst beschaffen können; unzählige Thatsachen und Methoden muss man ein- fach als objektives Material von aussen aufnehmen, ein geistiges Eigentum Anderer, an dem sich die eigene Arbeit vollzieht. Ich er innere für das Gebiet der Technik daran, dass noch am Anfang des Jahrhunderts, als insbesondere in der Textil- und Eisenindustrie die grossartigsten Erfindungen rasch aufeinander folgten, die Erfinder nicht nur die Maschinen, die sie ersannen, eigenhändig und ohne Beihülfe anderer Maschinen herstellen, sondern meistens noch vorher die dazu erforderlichen Werkzeuge selbst ausdenken und anfertigen mussten. Den jetzigen Zustand in der Wissenschaft kann man als eine Trennung des Arbeiters von seinen Arbeitsmitteln im weiteren Sinne bezeichnen, und jedenfalls in dem hier fraglichen. Denn in dem eigentlichen Prozess der wissenschaftlichen Produktion scheidet sich nun doch ein dem Produzenten gegenüber objektives Material von dem sub-
kraft eine Ware geworden ist. Wo der Arbeiter an eigenem Material schafft, verbleibt seine Arbeit innerhalb des Umkreises seiner Persön- lichkeit, und erst das vollendete Werk verläſst denselben beim Ver- kauf. Mangels der Möglichkeit indes, seine Arbeit in dieser Weise zu verwerten, stellt er sie für einen Marktpreis in die Verfügung eines Anderen, trennt sich also von ihr von dem Augenblick an, wo sie ihre Quelle verläſst. Daſs sie nun Charakter, Bewertungsweise, Entwick- lungsschicksale mit allen Waren überhaupt teilt, das bedeutet eben, daſs sie dem Arbeiter selbst gegenüber etwas Objektives geworden ist, etwas, das er nicht nur nicht mehr ist, sondern eigentlich auch nicht mehr hat. Denn sobald eine potenzielle Arbeitsmenge sich in wirk- liches Arbeiten umsetzt, gehört nicht mehr sie, sondern ihr Geldäqui- valent ihm, während sie selbst einem Anderen oder genauer: einer ob- jektiven Arbeitsorganisation zugehört. Das Ware-Werden der Arbeit ist also auch nur eine Seite des weitausgreifenden Differenzierungsprozesses, der aus der Persönlichkeit ihre einzelnen Inhalte herauslöst, um sie ihr als Objekte, mit selbständiger Bestimmtheit und Bewegung, gegen- überzustellen. Schlieſslich zeigt sich das Ergebnis dieses Schicksals der Arbeitsmittel und Arbeitskraft an ihrem Produkt. Daſs das Arbeits- produkt der kapitalistischen Epoche ein Objekt mit entschiedenem Fürsichsein, eigenen Bewegungsgesetzen, dem herstellenden Subjekt selbst fremdem Charakter ist, wird da zur eindringlichsten Vorstellung werden, wo der Arbeiter genötigt ist, sein eigenes Arbeitsprodukt, wenn er es haben will, zu kaufen. — Dies ist nun ein allgemeines Schema der Entwicklung, das weit über den Lohnarbeiter hinaus gilt. Die un- geheure Arbeitsteilung z. B. in der Wissenschaft bewirkt es, daſs nur äuſserst wenige Forscher sich die Vorbedingungen ihrer Arbeit selbst beschaffen können; unzählige Thatsachen und Methoden muſs man ein- fach als objektives Material von auſsen aufnehmen, ein geistiges Eigentum Anderer, an dem sich die eigene Arbeit vollzieht. Ich er innere für das Gebiet der Technik daran, daſs noch am Anfang des Jahrhunderts, als insbesondere in der Textil- und Eisenindustrie die groſsartigsten Erfindungen rasch aufeinander folgten, die Erfinder nicht nur die Maschinen, die sie ersannen, eigenhändig und ohne Beihülfe anderer Maschinen herstellen, sondern meistens noch vorher die dazu erforderlichen Werkzeuge selbst ausdenken und anfertigen muſsten. Den jetzigen Zustand in der Wissenschaft kann man als eine Trennung des Arbeiters von seinen Arbeitsmitteln im weiteren Sinne bezeichnen, und jedenfalls in dem hier fraglichen. Denn in dem eigentlichen Prozeſs der wissenschaftlichen Produktion scheidet sich nun doch ein dem Produzenten gegenüber objektives Material von dem sub-
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[487/0511]
kraft eine Ware geworden ist. Wo der Arbeiter an eigenem Material
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kauf. Mangels der Möglichkeit indes, seine Arbeit in dieser Weise
zu verwerten, stellt er sie für einen Marktpreis in die Verfügung eines
Anderen, trennt sich also von ihr von dem Augenblick an, wo sie ihre
Quelle verläſst. Daſs sie nun Charakter, Bewertungsweise, Entwick-
lungsschicksale mit allen Waren überhaupt teilt, das bedeutet eben,
daſs sie dem Arbeiter selbst gegenüber etwas Objektives geworden ist,
etwas, das er nicht nur nicht mehr ist, sondern eigentlich auch nicht
mehr hat. Denn sobald eine potenzielle Arbeitsmenge sich in wirk-
liches Arbeiten umsetzt, gehört nicht mehr sie, sondern ihr Geldäqui-
valent ihm, während sie selbst einem Anderen oder genauer: einer ob-
jektiven Arbeitsorganisation zugehört. Das Ware-Werden der Arbeit ist
also auch nur eine Seite des weitausgreifenden Differenzierungsprozesses,
der aus der Persönlichkeit ihre einzelnen Inhalte herauslöst, um sie
ihr als Objekte, mit selbständiger Bestimmtheit und Bewegung, gegen-
überzustellen. Schlieſslich zeigt sich das Ergebnis dieses Schicksals der
Arbeitsmittel und Arbeitskraft an ihrem Produkt. Daſs das Arbeits-
produkt der kapitalistischen Epoche ein Objekt mit entschiedenem
Fürsichsein, eigenen Bewegungsgesetzen, dem herstellenden Subjekt
selbst fremdem Charakter ist, wird da zur eindringlichsten Vorstellung
werden, wo der Arbeiter genötigt ist, sein eigenes Arbeitsprodukt, wenn
er es haben will, zu kaufen. — Dies ist nun ein allgemeines Schema
der Entwicklung, das weit über den Lohnarbeiter hinaus gilt. Die un-
geheure Arbeitsteilung z. B. in der Wissenschaft bewirkt es, daſs nur
äuſserst wenige Forscher sich die Vorbedingungen ihrer Arbeit selbst
beschaffen können; unzählige Thatsachen und Methoden muſs man ein-
fach als objektives Material von auſsen aufnehmen, ein geistiges
Eigentum Anderer, an dem sich die eigene Arbeit vollzieht. Ich er
innere für das Gebiet der Technik daran, daſs noch am Anfang des
Jahrhunderts, als insbesondere in der Textil- und Eisenindustrie die
groſsartigsten Erfindungen rasch aufeinander folgten, die Erfinder nicht
nur die Maschinen, die sie ersannen, eigenhändig und ohne Beihülfe
anderer Maschinen herstellen, sondern meistens noch vorher die dazu
erforderlichen Werkzeuge selbst ausdenken und anfertigen muſsten.
Den jetzigen Zustand in der Wissenschaft kann man als eine Trennung
des Arbeiters von seinen Arbeitsmitteln im weiteren Sinne bezeichnen,
und jedenfalls in dem hier fraglichen. Denn in dem eigentlichen
Prozeſs der wissenschaftlichen Produktion scheidet sich nun doch
ein dem Produzenten gegenüber objektives Material von dem sub-
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/511>, abgerufen am 22.11.2024.
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