arbeitsteiligen Elementen vermissten, nur in dem Zusammen aller Elemente besteht, das schlechthin objektiv ist. Denn die aus dem per- sonalen Subjekt quellende Einheit ist dem Gesamtwerke, zu dem die Subjekte nur die Einzelbeiträge leisten, versagt. Wie einzelne Quali- täten und Energien, rein sachlich bestimmt und jede in den verschie- denartigsten Kombinationen auffindbar, durch ihr Verschmelzen und Wechselwirken die rätselhafte Einheit der Individualseele ergeben, so stellt sich umgekehrt aus der Summe differenzierter personaler Leistungen oft ein Ganzes her, das als Ganzes objektiver Natur ist. Auch hier bindet das Geheimnis der Form die Elemente zu einer Einheit zu- sammen, deren Wesen von dem der einzelnen Elemente selbst völlig verschieden ist. Das gilt nicht weniger für wissenschaftliche wie für staatliche wie für industrielle Leistungen. So sehr jedes Teilquantum einer jeden von diesen einem Subjekt entstammt, so liegt seine Fähig- keit, als Teil eines Ganzen zu wirken, doch über diese subjektive Genesis hinaus, und sobald deshalb jene Fähigkeit verwirklicht ist, ver- schwindet insoweit die Hinweisung auf die Subjektivität. Man kann sagen: je vollständiger ein Ganzes aus subjektiven Beiträgen den Teil in sich einsaugt, je mehr es der Charakter jedes Teiles ist, wirklich nur als Teil dieses Ganzen zu gelten und zu wirken, desto objektiver ist das Ganze, desto mehr lebt es ein Leben jenseits aller Subjekte, die es produzierten.
Endlich wirkt der Prozess, den man als Trennung des Arbeiters von seinem Arbeitsmittel bezeichnet und der doch auch eine Arbeitsteilung ist, ersichtlich im gleichen Sinn. Indem es jetzt die Funktion des Kapi- talisten ist, die Arbeitsmittel zu erwerben, zu organisieren, auszuteilen, haben diese letzteren für den Arbeiter eine ganz andere Objektivität, als sie für denjenigen haben müssen, der am eigenen Material und mit eigenen Werkzeugen arbeitet. Diese kapitalistische Differenzierung trennt die subjektiven und die objektiven Bedingungen der Arbeit gründlich von einander -- eine Trennung, zu der, als beide noch in einer Hand ver- einigt waren, gar keine psychologische Veranlassung vorlag. Indem die Arbeit selbst und ihr unmittelbarer Gegenstand verschiedenen Per- sonen zugehören, muss sich für das Bewusstsein des Arbeiters der ob- jektive Charakter dieser Gegenstände ausserordentlich scharf betonen, um so schärfer, als die Arbeit und ihre Materie doch andrerseits wieder eine Einheit sind und so grade ihr nahes Aneinander ihre jetzigen Gegenrichtungen am fühlbarsten machen muss. Und das findet seine Fortsetzung und Gegenbild darin, dass ausser dem Arbeitsmittel auch noch die Arbeit selbst sich von dem Arbeiter trennt: denn dies ist die Bedeutung der Erscheinung, die man damit bezeichnet, dass die Arbeits-
arbeitsteiligen Elementen vermiſsten, nur in dem Zusammen aller Elemente besteht, das schlechthin objektiv ist. Denn die aus dem per- sonalen Subjekt quellende Einheit ist dem Gesamtwerke, zu dem die Subjekte nur die Einzelbeiträge leisten, versagt. Wie einzelne Quali- täten und Energien, rein sachlich bestimmt und jede in den verschie- denartigsten Kombinationen auffindbar, durch ihr Verschmelzen und Wechselwirken die rätselhafte Einheit der Individualseele ergeben, so stellt sich umgekehrt aus der Summe differenzierter personaler Leistungen oft ein Ganzes her, das als Ganzes objektiver Natur ist. Auch hier bindet das Geheimnis der Form die Elemente zu einer Einheit zu- sammen, deren Wesen von dem der einzelnen Elemente selbst völlig verschieden ist. Das gilt nicht weniger für wissenschaftliche wie für staatliche wie für industrielle Leistungen. So sehr jedes Teilquantum einer jeden von diesen einem Subjekt entstammt, so liegt seine Fähig- keit, als Teil eines Ganzen zu wirken, doch über diese subjektive Genesis hinaus, und sobald deshalb jene Fähigkeit verwirklicht ist, ver- schwindet insoweit die Hinweisung auf die Subjektivität. Man kann sagen: je vollständiger ein Ganzes aus subjektiven Beiträgen den Teil in sich einsaugt, je mehr es der Charakter jedes Teiles ist, wirklich nur als Teil dieses Ganzen zu gelten und zu wirken, desto objektiver ist das Ganze, desto mehr lebt es ein Leben jenseits aller Subjekte, die es produzierten.
Endlich wirkt der Prozeſs, den man als Trennung des Arbeiters von seinem Arbeitsmittel bezeichnet und der doch auch eine Arbeitsteilung ist, ersichtlich im gleichen Sinn. Indem es jetzt die Funktion des Kapi- talisten ist, die Arbeitsmittel zu erwerben, zu organisieren, auszuteilen, haben diese letzteren für den Arbeiter eine ganz andere Objektivität, als sie für denjenigen haben müssen, der am eigenen Material und mit eigenen Werkzeugen arbeitet. Diese kapitalistische Differenzierung trennt die subjektiven und die objektiven Bedingungen der Arbeit gründlich von einander — eine Trennung, zu der, als beide noch in einer Hand ver- einigt waren, gar keine psychologische Veranlassung vorlag. Indem die Arbeit selbst und ihr unmittelbarer Gegenstand verschiedenen Per- sonen zugehören, muſs sich für das Bewuſstsein des Arbeiters der ob- jektive Charakter dieser Gegenstände auſserordentlich scharf betonen, um so schärfer, als die Arbeit und ihre Materie doch andrerseits wieder eine Einheit sind und so grade ihr nahes Aneinander ihre jetzigen Gegenrichtungen am fühlbarsten machen muſs. Und das findet seine Fortsetzung und Gegenbild darin, daſs auſser dem Arbeitsmittel auch noch die Arbeit selbst sich von dem Arbeiter trennt: denn dies ist die Bedeutung der Erscheinung, die man damit bezeichnet, daſs die Arbeits-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0510"n="486"/>
arbeitsteiligen Elementen vermiſsten, nur in dem Zusammen aller<lb/>
Elemente besteht, das schlechthin objektiv ist. Denn die aus dem per-<lb/>
sonalen Subjekt quellende Einheit ist dem Gesamtwerke, zu dem die<lb/>
Subjekte nur die Einzelbeiträge leisten, versagt. Wie einzelne Quali-<lb/>
täten und Energien, rein sachlich bestimmt und jede in den verschie-<lb/>
denartigsten Kombinationen auffindbar, durch ihr Verschmelzen und<lb/>
Wechselwirken die rätselhafte Einheit der Individualseele ergeben, so<lb/>
stellt sich umgekehrt aus der Summe differenzierter personaler Leistungen<lb/>
oft ein Ganzes her, das als Ganzes objektiver Natur ist. Auch hier<lb/>
bindet das Geheimnis der Form die Elemente zu einer Einheit zu-<lb/>
sammen, deren Wesen von dem der einzelnen Elemente selbst völlig<lb/>
verschieden ist. Das gilt nicht weniger für wissenschaftliche wie für<lb/>
staatliche wie für industrielle Leistungen. So sehr jedes Teilquantum<lb/>
einer jeden von diesen einem Subjekt entstammt, so liegt seine Fähig-<lb/>
keit, als Teil eines Ganzen zu wirken, doch über diese subjektive<lb/>
Genesis hinaus, und sobald deshalb jene Fähigkeit verwirklicht ist, ver-<lb/>
schwindet insoweit die Hinweisung auf die Subjektivität. Man kann<lb/>
sagen: je vollständiger ein Ganzes aus subjektiven Beiträgen den Teil<lb/>
in sich einsaugt, je mehr es der Charakter jedes Teiles ist, wirklich<lb/>
nur als Teil dieses Ganzen zu gelten und zu wirken, desto objektiver<lb/>
ist das Ganze, desto mehr lebt es ein Leben jenseits aller Subjekte,<lb/>
die es produzierten.</p><lb/><p>Endlich wirkt der Prozeſs, den man als Trennung des Arbeiters<lb/>
von seinem Arbeitsmittel bezeichnet und der doch auch eine Arbeitsteilung<lb/>
ist, ersichtlich im gleichen Sinn. Indem es jetzt die Funktion des Kapi-<lb/>
talisten ist, die Arbeitsmittel zu erwerben, zu organisieren, auszuteilen,<lb/>
haben diese letzteren für den Arbeiter eine ganz andere Objektivität, als<lb/>
sie für denjenigen haben müssen, der am eigenen Material und mit eigenen<lb/>
Werkzeugen arbeitet. Diese kapitalistische Differenzierung trennt die<lb/>
subjektiven und die objektiven Bedingungen der Arbeit gründlich von<lb/>
einander — eine Trennung, zu der, als beide noch in einer Hand ver-<lb/>
einigt waren, gar keine psychologische Veranlassung vorlag. Indem die<lb/>
Arbeit selbst und ihr unmittelbarer Gegenstand <hirendition="#g">verschiedenen</hi> Per-<lb/>
sonen zugehören, muſs sich für das Bewuſstsein des Arbeiters der ob-<lb/>
jektive Charakter dieser Gegenstände auſserordentlich scharf betonen,<lb/>
um so schärfer, als die Arbeit und ihre Materie doch andrerseits wieder<lb/>
eine Einheit sind und so grade ihr nahes Aneinander ihre jetzigen<lb/>
Gegenrichtungen am fühlbarsten machen muſs. Und das findet seine<lb/>
Fortsetzung und Gegenbild darin, daſs auſser dem Arbeitsmittel auch<lb/>
noch die Arbeit selbst sich von dem Arbeiter trennt: denn dies ist die<lb/>
Bedeutung der Erscheinung, die man damit bezeichnet, daſs die Arbeits-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[486/0510]
arbeitsteiligen Elementen vermiſsten, nur in dem Zusammen aller
Elemente besteht, das schlechthin objektiv ist. Denn die aus dem per-
sonalen Subjekt quellende Einheit ist dem Gesamtwerke, zu dem die
Subjekte nur die Einzelbeiträge leisten, versagt. Wie einzelne Quali-
täten und Energien, rein sachlich bestimmt und jede in den verschie-
denartigsten Kombinationen auffindbar, durch ihr Verschmelzen und
Wechselwirken die rätselhafte Einheit der Individualseele ergeben, so
stellt sich umgekehrt aus der Summe differenzierter personaler Leistungen
oft ein Ganzes her, das als Ganzes objektiver Natur ist. Auch hier
bindet das Geheimnis der Form die Elemente zu einer Einheit zu-
sammen, deren Wesen von dem der einzelnen Elemente selbst völlig
verschieden ist. Das gilt nicht weniger für wissenschaftliche wie für
staatliche wie für industrielle Leistungen. So sehr jedes Teilquantum
einer jeden von diesen einem Subjekt entstammt, so liegt seine Fähig-
keit, als Teil eines Ganzen zu wirken, doch über diese subjektive
Genesis hinaus, und sobald deshalb jene Fähigkeit verwirklicht ist, ver-
schwindet insoweit die Hinweisung auf die Subjektivität. Man kann
sagen: je vollständiger ein Ganzes aus subjektiven Beiträgen den Teil
in sich einsaugt, je mehr es der Charakter jedes Teiles ist, wirklich
nur als Teil dieses Ganzen zu gelten und zu wirken, desto objektiver
ist das Ganze, desto mehr lebt es ein Leben jenseits aller Subjekte,
die es produzierten.
Endlich wirkt der Prozeſs, den man als Trennung des Arbeiters
von seinem Arbeitsmittel bezeichnet und der doch auch eine Arbeitsteilung
ist, ersichtlich im gleichen Sinn. Indem es jetzt die Funktion des Kapi-
talisten ist, die Arbeitsmittel zu erwerben, zu organisieren, auszuteilen,
haben diese letzteren für den Arbeiter eine ganz andere Objektivität, als
sie für denjenigen haben müssen, der am eigenen Material und mit eigenen
Werkzeugen arbeitet. Diese kapitalistische Differenzierung trennt die
subjektiven und die objektiven Bedingungen der Arbeit gründlich von
einander — eine Trennung, zu der, als beide noch in einer Hand ver-
einigt waren, gar keine psychologische Veranlassung vorlag. Indem die
Arbeit selbst und ihr unmittelbarer Gegenstand verschiedenen Per-
sonen zugehören, muſs sich für das Bewuſstsein des Arbeiters der ob-
jektive Charakter dieser Gegenstände auſserordentlich scharf betonen,
um so schärfer, als die Arbeit und ihre Materie doch andrerseits wieder
eine Einheit sind und so grade ihr nahes Aneinander ihre jetzigen
Gegenrichtungen am fühlbarsten machen muſs. Und das findet seine
Fortsetzung und Gegenbild darin, daſs auſser dem Arbeitsmittel auch
noch die Arbeit selbst sich von dem Arbeiter trennt: denn dies ist die
Bedeutung der Erscheinung, die man damit bezeichnet, daſs die Arbeits-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/510>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.