deres bedeutet, als dass die Persönlichkeit sich in jene hinein er- streckt und in der Herrschaft über sie ihre Ausdehnungssphäre gewinnt.
Dies hat nun mannigfache Folgen für das Verständnis der Besitz- arten. Wenn Freiheit bedeutet, dass der Wille sich ungehindert ver- wirklichen kann, so scheinen wir also um so freier zu sein, je mehr wir besitzen; denn das hatten wir als den Sinn des Besitzens erkannt, dass wir mit seinem Inhalt "machen können, was wir wollen"; mit dem Besitz eines Anderen oder demjenigen, was sich überhaupt dem Be- sessenwerden entzieht, haben wir keine "Freiheit" mehr, zu schalten, wie wir wollen: darum hat, genau im Sinn unserer Auffassung der Frei- heit, die lateinische und lange Zeit auch die deutsche Sprache mit dem Wort Freiheit die Bedeutung des Vorrechts, der besonderen Be- günstigung verbunden. Die Freiheit findet nun ihre Grenze an der Beschaffenheit des besessenen Objektes selbst. Das wird schon dem- jenigen Objekt gegenüber sehr fühlbar, das wir doch am unbeschränk- testen zu besitzen glauben, unserem Körper. Auch er giebt den psy- chischen Impulsen nur innerhalb der eigenen Gesetze seiner Konsti- tution nach, und gewisse Bewegungen und Leistungen kann unser Wille nicht mit irgend welchem Erfolge von ihm verlangen. Und so mit allen anderen Objekten. Die Freiheit meines Willens gegenüber einem Stück Holz, das ich besitze, geht freilich so weit, dass ich allerlei Ge- räte daraus schnitzen kann; aber sie erlahmt, sobald ich solche davon herstellen will, die die Biegsamkeit des Gummis oder die Härte des Steins verlangen. Was unser Wille mit dem Dinge machen kann, gleicht doch schliesslich nur dem, was der Künstler seinem Instrumente ent- locken kann. So tief sein Fühlen und Können sich auch in das In- strument einbohren mögen und so wenig die Grenze, bis zu der er es sich unterwerfen kann, auch vorherzubestimmen sei: irgendwo muss sie liegen; von irgend einem Punkt an gestattet seine Struktur keine weitere Nachgiebigkeit gegen die Seele; das ist der Punkt, von dem an die Dinge uns nicht mehr "gehören".
Im Grossen und Ganzen ist der Wille unseren Lebensbedingungen so angepasst, dass er von den Dingen nicht verlangt, was sie nicht leisten können, dass die Beschränkung unserer Freiheit durch die eigenen Gesetze des Besitzes ihnen gegenüber nicht zu positiver Empfin- dung gelangt; dennoch liesse sich eine Skala der Objekte aufstellen, von der Frage aus, wie weit das Wollen sich im allgemeinen ihrer be- mächtigen kann und von wo an sie diesem nicht mehr durchdringbar sind, wie weit sie also wirklich "besessen" werden können. Die äusserste Stufe einer solchen Skala würde das Geld darstellen. Hier ist jenes Ungewinnbare, das die Objekte gleichsam für sich reservieren
deres bedeutet, als daſs die Persönlichkeit sich in jene hinein er- streckt und in der Herrschaft über sie ihre Ausdehnungssphäre gewinnt.
Dies hat nun mannigfache Folgen für das Verständnis der Besitz- arten. Wenn Freiheit bedeutet, daſs der Wille sich ungehindert ver- wirklichen kann, so scheinen wir also um so freier zu sein, je mehr wir besitzen; denn das hatten wir als den Sinn des Besitzens erkannt, daſs wir mit seinem Inhalt „machen können, was wir wollen“; mit dem Besitz eines Anderen oder demjenigen, was sich überhaupt dem Be- sessenwerden entzieht, haben wir keine „Freiheit“ mehr, zu schalten, wie wir wollen: darum hat, genau im Sinn unserer Auffassung der Frei- heit, die lateinische und lange Zeit auch die deutsche Sprache mit dem Wort Freiheit die Bedeutung des Vorrechts, der besonderen Be- günstigung verbunden. Die Freiheit findet nun ihre Grenze an der Beschaffenheit des besessenen Objektes selbst. Das wird schon dem- jenigen Objekt gegenüber sehr fühlbar, das wir doch am unbeschränk- testen zu besitzen glauben, unserem Körper. Auch er giebt den psy- chischen Impulsen nur innerhalb der eigenen Gesetze seiner Konsti- tution nach, und gewisse Bewegungen und Leistungen kann unser Wille nicht mit irgend welchem Erfolge von ihm verlangen. Und so mit allen anderen Objekten. Die Freiheit meines Willens gegenüber einem Stück Holz, das ich besitze, geht freilich so weit, daſs ich allerlei Ge- räte daraus schnitzen kann; aber sie erlahmt, sobald ich solche davon herstellen will, die die Biegsamkeit des Gummis oder die Härte des Steins verlangen. Was unser Wille mit dem Dinge machen kann, gleicht doch schlieſslich nur dem, was der Künstler seinem Instrumente ent- locken kann. So tief sein Fühlen und Können sich auch in das In- strument einbohren mögen und so wenig die Grenze, bis zu der er es sich unterwerfen kann, auch vorherzubestimmen sei: irgendwo muſs sie liegen; von irgend einem Punkt an gestattet seine Struktur keine weitere Nachgiebigkeit gegen die Seele; das ist der Punkt, von dem an die Dinge uns nicht mehr „gehören“.
Im Groſsen und Ganzen ist der Wille unseren Lebensbedingungen so angepaſst, daſs er von den Dingen nicht verlangt, was sie nicht leisten können, daſs die Beschränkung unserer Freiheit durch die eigenen Gesetze des Besitzes ihnen gegenüber nicht zu positiver Empfin- dung gelangt; dennoch lieſse sich eine Skala der Objekte aufstellen, von der Frage aus, wie weit das Wollen sich im allgemeinen ihrer be- mächtigen kann und von wo an sie diesem nicht mehr durchdringbar sind, wie weit sie also wirklich „besessen“ werden können. Die äuſserste Stufe einer solchen Skala würde das Geld darstellen. Hier ist jenes Ungewinnbare, das die Objekte gleichsam für sich reservieren
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deres bedeutet, als daſs die Persönlichkeit sich in jene hinein er-
streckt und in der Herrschaft über sie ihre Ausdehnungssphäre gewinnt.
Dies hat nun mannigfache Folgen für das Verständnis der Besitz-
arten. Wenn Freiheit bedeutet, daſs der Wille sich ungehindert ver-
wirklichen kann, so scheinen wir also um so freier zu sein, je mehr
wir besitzen; denn das hatten wir als den Sinn des Besitzens erkannt,
daſs wir mit seinem Inhalt „machen können, was wir wollen“; mit dem
Besitz eines Anderen oder demjenigen, was sich überhaupt dem Be-
sessenwerden entzieht, haben wir keine „Freiheit“ mehr, zu schalten,
wie wir wollen: darum hat, genau im Sinn unserer Auffassung der Frei-
heit, die lateinische und lange Zeit auch die deutsche Sprache mit
dem Wort Freiheit die Bedeutung des Vorrechts, der besonderen Be-
günstigung verbunden. Die Freiheit findet nun ihre Grenze an der
Beschaffenheit des besessenen Objektes selbst. Das wird schon dem-
jenigen Objekt gegenüber sehr fühlbar, das wir doch am unbeschränk-
testen zu besitzen glauben, unserem Körper. Auch er giebt den psy-
chischen Impulsen nur innerhalb der eigenen Gesetze seiner Konsti-
tution nach, und gewisse Bewegungen und Leistungen kann unser Wille
nicht mit irgend welchem Erfolge von ihm verlangen. Und so mit
allen anderen Objekten. Die Freiheit meines Willens gegenüber einem
Stück Holz, das ich besitze, geht freilich so weit, daſs ich allerlei Ge-
räte daraus schnitzen kann; aber sie erlahmt, sobald ich solche davon
herstellen will, die die Biegsamkeit des Gummis oder die Härte des
Steins verlangen. Was unser Wille mit dem Dinge machen kann, gleicht
doch schlieſslich nur dem, was der Künstler seinem Instrumente ent-
locken kann. So tief sein Fühlen und Können sich auch in das In-
strument einbohren mögen und so wenig die Grenze, bis zu der er es
sich unterwerfen kann, auch vorherzubestimmen sei: irgendwo muſs sie
liegen; von irgend einem Punkt an gestattet seine Struktur keine
weitere Nachgiebigkeit gegen die Seele; das ist der Punkt, von dem
an die Dinge uns nicht mehr „gehören“.
Im Groſsen und Ganzen ist der Wille unseren Lebensbedingungen
so angepaſst, daſs er von den Dingen nicht verlangt, was sie nicht
leisten können, daſs die Beschränkung unserer Freiheit durch die
eigenen Gesetze des Besitzes ihnen gegenüber nicht zu positiver Empfin-
dung gelangt; dennoch lieſse sich eine Skala der Objekte aufstellen,
von der Frage aus, wie weit das Wollen sich im allgemeinen ihrer be-
mächtigen kann und von wo an sie diesem nicht mehr durchdringbar
sind, wie weit sie also wirklich „besessen“ werden können. Die
äuſserste Stufe einer solchen Skala würde das Geld darstellen. Hier
ist jenes Ungewinnbare, das die Objekte gleichsam für sich reservieren
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/351>, abgerufen am 25.11.2024.
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