Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.Geistr. Sinn- und schlußr. 101. Begierde benommen alles benommen. Mensch nihm dir nur die Lieb und die begiehr der dinge/So seind die dinge selbst benommen und geringe. 102. Das Auge und Hertze leiden nichts. Das Hertz ist wie das Aug'/ ein eintzigs gränelein/Wo du's im Hertzen hast/ verurfacht dir schon Pein. 103. Beschwehrt komt niemand fort. Der Schiffer wirfft im sturm die schwersten Wahrenauß: Meinstu mit Gold beschwehrt zu kommn ins Himmels Hauß? 104. Alles Weltliche muß weg. Mensch würffestu nicht weg dein liebstes auf der Erden/So kan dir nimmermehr des Himmels hafen werden. 105. Alles umb alles. Die Seeligkeit ist alls. Wer alles wil erheben/Der muß auch zuvoran hier alls umb alles geben. 106. Nichts gewinnt nichts. Umb nichts gewind man nichts. Wo du nichts auf wiltsetzen. So wirstu dich fürwahr auch ewig nichts ergötzen. 107. Der thörichte verlust. Mit hundert wil GOtt eins bezahln im ewgen Leben:Wie thöricht seind wir doch/ daß wir nicht alls hin geben! 108. Mit der Begierde hat man. Freund schmeichle dir nicht viel: hastu noch die Begiehr/So hastu noch die Welt und alle ding' in dir. 109. Der
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr. 101. Begierde benom̃en alles benom̃en. Menſch nihm dir nur die Lieb und die begiehr der dinge/So ſeind die dinge ſelbſt benommen und geringe. 102. Das Auge und Hertze leiden nichts. Das Hertz iſt wie das Aug’/ ein eintzigs graͤnelein/Wo du’s im Hertzen haſt/ verurfacht dir ſchon Pein. 103. Beſchwehrt komt niemand fort. Der Schiffer wirfft im ſturm die ſchwerſten Wahrenauß: Meinſtu mit Gold beſchwehrt zu kommn ins Himmels Hauß? 104. Alles Weltliche muß weg. Menſch wuͤrffeſtu nicht weg dein liebſtes auf der Erden/So kan dir nimmermehr des Himmels hafen werden. 105. Alles umb alles. Die Seeligkeit iſt alls. Wer alles wil erheben/Der muß auch zuvoran hier alls umb alles geben. 106. Nichts gewinnt nichts. Umb nichts gewind man nichts. Wo du nichts auf wiltſetzen. So wirſtu dich fuͤrwahr auch ewig nichts ergoͤtzen. 107. Der thoͤrichte verluſt. Mit hundert wil GOtt eins bezahln im ewgen Leben:Wie thoͤricht ſeind wir doch/ daß wir nicht alls hin geben! 108. Mit der Begierde hat man. Freund ſchmeichle dir nicht viel: haſtu noch die Begiehr/So haſtu noch die Welt und alle ding’ in dir. 109. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0236" n="245[230]"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head>101. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Begierde benom̃en alles benom̃en.</hi></hi></head><lb/> <l>Menſch nihm dir nur die Lieb und die begiehr der dinge/</l><lb/> <l>So ſeind die dinge ſelbſt benommen und geringe.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>102. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Das Auge und Hertze leiden nichts.</hi></hi></head><lb/> <l>Das Hertz iſt wie das Aug’/ ein eintzigs graͤnelein/</l><lb/> <l>Wo du’s im Hertzen haſt/ verurfacht dir ſchon Pein.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>103. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Beſchwehrt komt niemand fort.</hi></hi></head><lb/> <l>Der Schiffer wirfft im ſturm die ſchwerſten Wahren</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">auß:</hi> </l><lb/> <l>Meinſtu mit Gold beſchwehrt zu kommn ins Himmels</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Hauß?</hi> </l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>104. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Alles Weltliche muß weg.</hi></hi></head><lb/> <l>Menſch wuͤrffeſtu nicht weg dein liebſtes auf der Erden/</l><lb/> <l>So kan dir nimmermehr des Himmels hafen werden.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>105. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Alles umb alles.</hi></hi></head><lb/> <l>Die Seeligkeit iſt alls. Wer alles wil erheben/</l><lb/> <l>Der muß auch zuvoran hier alls umb alles geben.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>106. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Nichts gewinnt nichts.</hi></hi></head><lb/> <l>Umb nichts gewind man nichts. Wo du nichts auf wilt</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſetzen.</hi> </l><lb/> <l>So wirſtu dich fuͤrwahr auch ewig nichts ergoͤtzen.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>107. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Der thoͤrichte verluſt.</hi></hi></head><lb/> <l>Mit hundert wil GOtt eins bezahln im ewgen Leben:</l><lb/> <l>Wie thoͤricht ſeind wir doch/ daß wir nicht alls hin geben!</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head>108. <hi rendition="#c"><hi rendition="#fr">Mit der Begierde hat man.</hi></hi></head><lb/> <l>Freund ſchmeichle dir nicht viel: haſtu noch die Begiehr/</l><lb/> <l>So haſtu noch die Welt und alle ding’ in dir.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">109. <hi rendition="#fr">Der</hi></fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [245[230]/0236]
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
101. Begierde benom̃en alles benom̃en.
Menſch nihm dir nur die Lieb und die begiehr der dinge/
So ſeind die dinge ſelbſt benommen und geringe.
102. Das Auge und Hertze leiden nichts.
Das Hertz iſt wie das Aug’/ ein eintzigs graͤnelein/
Wo du’s im Hertzen haſt/ verurfacht dir ſchon Pein.
103. Beſchwehrt komt niemand fort.
Der Schiffer wirfft im ſturm die ſchwerſten Wahren
auß:
Meinſtu mit Gold beſchwehrt zu kommn ins Himmels
Hauß?
104. Alles Weltliche muß weg.
Menſch wuͤrffeſtu nicht weg dein liebſtes auf der Erden/
So kan dir nimmermehr des Himmels hafen werden.
105. Alles umb alles.
Die Seeligkeit iſt alls. Wer alles wil erheben/
Der muß auch zuvoran hier alls umb alles geben.
106. Nichts gewinnt nichts.
Umb nichts gewind man nichts. Wo du nichts auf wilt
ſetzen.
So wirſtu dich fuͤrwahr auch ewig nichts ergoͤtzen.
107. Der thoͤrichte verluſt.
Mit hundert wil GOtt eins bezahln im ewgen Leben:
Wie thoͤricht ſeind wir doch/ daß wir nicht alls hin geben!
108. Mit der Begierde hat man.
Freund ſchmeichle dir nicht viel: haſtu noch die Begiehr/
So haſtu noch die Welt und alle ding’ in dir.
109. Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr] Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T14:19:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat.
(2013-08-21T14:19:32Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |