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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Geistr. Sinn- und schlußr.
Jn GOtt vollkommen seyn/ das heist er Alt zumahl.
Die Sonne leuchtet jhm in seinen Aker ein/
Und wenns gleich abend wird/ so bleibt ihm doch ihr
Schein.
Er siht des Lebens Baum im Geist begierlich an/
Und geht mit allem fleiß zu ihm die nächste bahn.
Er kümmert sich umb nichts; was neben ihm geschieht/
Jst ihm so frembt und klar/ als was ein blinder sieht/
Doch ist er stark und frisch/ er scheuet keinen Feind/
Wenn gleich Welt/ Teuffel/ Fleisch/ und mehr beysam-
men seind.
Ein ander lauffe hin/ zerstrew sich mit der Welt/
Diß ist das Leben und die bahn/ so mir gefällt.
12. Der geheime Hirsch und sein Bronn.
Der Hirsch der laufft und sucht ein kühles Brünnelein/
Damit sein Hertz erquikt und ruhig möge seyn.
Die Seele die GOtt liebt/ die eilet zu dem Bronnen/
Auß dem die süsse Bach deß Lebens kombt geronnen.
Der Bronn ist JEsus Christ/ der unß mit seinem quall
Jm wahren Glauben tränkt/ und stärkt für Sünden
fall.
Bleibstu bey diesem quall/ und trinkst offt auß dem Bron-
nen/
So hastu meine Seel gantz Seeliglich gewonnen.
13. Die Sündige Seele.
Ein außgebrandte Stadt/ ein Schloß/ das gantz zerstöhrt/
Ein Reich/ das durch und durch zerrutt ist und entböhrt;
Ein Königliches Weib/ die nu zur Sclavin worden/
Jst eine Seel/ die sich die Sünde läst ermorden.
14. Die heilige Seele.
Ein Neus Jerusalem/ ein außgebautes Schloß/
Ein Reich/ das jedem Feind zu stark ist und zu groß/
Ein
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
Jn GOtt vollkommen ſeyn/ das heiſt er Alt zumahl.
Die Sonne leuchtet jhm in ſeinen Aker ein/
Und wenns gleich abend wird/ ſo bleibt ihm doch ihr
Schein.
Er ſiht des Lebens Baum im Geiſt begierlich an/
Und geht mit allem fleiß zu ihm die naͤchſte bahn.
Er kuͤmmert ſich umb nichts; was neben ihm geſchieht/
Jſt ihm ſo frembt und klar/ als was ein blinder ſieht/
Doch iſt er ſtark und friſch/ er ſcheuet keinen Feind/
Wenn gleich Welt/ Teuffel/ Fleiſch/ und mehr beyſam-
men ſeind.
Ein ander lauffe hin/ zerſtrew ſich mit der Welt/
Diß iſt das Leben und die bahn/ ſo mir gefaͤllt.
12. Der geheime Hirſch und ſein Bronn.
Der Hirſch der laufft und ſucht ein kuͤhles Bruͤnnelein/
Damit ſein Hertz erquikt und ruhig moͤge ſeyn.
Die Seele die GOtt liebt/ die eilet zu dem Bronnen/
Auß dem die ſuͤſſe Bach deß Lebens kombt geronnen.
Der Bronn iſt JEſus Chriſt/ der unß mit ſeinem quall
Jm wahren Glauben traͤnkt/ und ſtaͤrkt fuͤr Suͤnden
fall.
Bleibſtu bey dieſem quall/ und trinkſt offt auß dem Bron-
nen/
So haſtu meine Seel gantz Seeliglich gewonnen.
13. Die Suͤndige Seele.
Ein außgebrandte Stadt/ ein Schloß/ das gantz zerſtoͤhrt/
Ein Reich/ das durch und durch zerrůtt iſt und entboͤhrt;
Ein Koͤnigliches Weib/ die nu zur Sclavin worden/
Jſt eine Seel/ die ſich die Suͤnde laͤſt ermorden.
14. Die heilige Seele.
Ein Neus Jeruſalem/ ein außgebautes Schloß/
Ein Reich/ das jedem Feind zu ſtark iſt und zu groß/
Ein
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[233[218]/0224] Geiſtr. Sinn- und ſchlußr. Jn GOtt vollkommen ſeyn/ das heiſt er Alt zumahl. Die Sonne leuchtet jhm in ſeinen Aker ein/ Und wenns gleich abend wird/ ſo bleibt ihm doch ihr Schein. Er ſiht des Lebens Baum im Geiſt begierlich an/ Und geht mit allem fleiß zu ihm die naͤchſte bahn. Er kuͤmmert ſich umb nichts; was neben ihm geſchieht/ Jſt ihm ſo frembt und klar/ als was ein blinder ſieht/ Doch iſt er ſtark und friſch/ er ſcheuet keinen Feind/ Wenn gleich Welt/ Teuffel/ Fleiſch/ und mehr beyſam- men ſeind. Ein ander lauffe hin/ zerſtrew ſich mit der Welt/ Diß iſt das Leben und die bahn/ ſo mir gefaͤllt. 12. Der geheime Hirſch und ſein Bronn. Der Hirſch der laufft und ſucht ein kuͤhles Bruͤnnelein/ Damit ſein Hertz erquikt und ruhig moͤge ſeyn. Die Seele die GOtt liebt/ die eilet zu dem Bronnen/ Auß dem die ſuͤſſe Bach deß Lebens kombt geronnen. Der Bronn iſt JEſus Chriſt/ der unß mit ſeinem quall Jm wahren Glauben traͤnkt/ und ſtaͤrkt fuͤr Suͤnden fall. Bleibſtu bey dieſem quall/ und trinkſt offt auß dem Bron- nen/ So haſtu meine Seel gantz Seeliglich gewonnen. 13. Die Suͤndige Seele. Ein außgebrandte Stadt/ ein Schloß/ das gantz zerſtoͤhrt/ Ein Reich/ das durch und durch zerrůtt iſt und entboͤhrt; Ein Koͤnigliches Weib/ die nu zur Sclavin worden/ Jſt eine Seel/ die ſich die Suͤnde laͤſt ermorden. 14. Die heilige Seele. Ein Neus Jeruſalem/ ein außgebautes Schloß/ Ein Reich/ das jedem Feind zu ſtark iſt und zu groß/ Ein

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 233[218]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/224>, abgerufen am 03.05.2024.