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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

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ist diese Erscheinung nur bei sehr geringen elektromotorischen
Kräften noch nachzuweisen. Werden Erwärmung und Veränderung
der Leitungsfähigkeit durch andauernde Ströme vermieden, so
bleibt die Leitungsfähigkeit bei Anwendung von 1 bis 15 Ele-
menten bei ihm ziemlich unverändert. Da Adam's Selenstange
die Eigenschaften der Mod. II hatte, wahrscheinlich weil sie zu-
fällig bei sehr hoher Temperatur aus amorphem Selen umge-
wandelt war, so ist erklärlich, dass er die Zunahme der Leitungs-
fähigkeit bei Anwendung grösserer elektromotorischer Kräfte für
eine allgemeine Eigenschaft des krystallinischen Selens hielt.

Die gleiche elektromotorische Kraft der benutzten Daniell'-
schen Zellen, welche bei diesen Versuchen sowohl wie bei allen
späteren sehr constante Daniell'sche Ketten, sogenannte Pappele-
mente, waren, wurde vor Anstellung der Versuche constatirt.

Es ist schon hervorgehoben, dass der galvanische Strom die
Leitungsfähigkeit des Selens verändert. Diese Aenderung geschieht
stets in demselben Sinne, als wenn es durch den Strom erwärmt
wäre. Es nimmt also durch dauernden Strom die Leitungsfähig-
keit von Mod. I zu, die von Mod. II ab. Wäre aber die Er-
wärmung der Selenmasse die Ursache der Veränderung, so müsste
die Veränderung den Quadraten der Stromstärke proportional sein
und sie müsste weit geringer sein, wenn die Gitter durch ihre
Umgebung auf constanter Temperatur erhalten werden. Es ist
dies aber nicht der Fall. Die Versuche wurden mit gleichen
Gittern gemacht, von denen das eine Mod. I, das andere Mod. II
war. Die Ergebnisse derselben sind in Fig. 3 graphisch darge-
stellt. Beide Gitter befanden sich in Petroleum von der Tempe-
ratur der Luft. Mod. I wurde durch 12, Mod. II durch 3 einge-
schaltete Daniell'sche Zellen dauernd durch den Galvanometerdraht
geschlossen. Die Abscissenaxe giebt die Zeit der Schliessung des
Stromlaufes durch das Gitter in Minuten, die Ordinatenaxe die
beobachteten Ablenkungen des Spiegels, dessen Ruhelage häufig
controlirt wurde. Curve A giebt die Leitungsfähigkeit des Gitters
der Mod. I an und zwar wurde dieselbe hier, wie bei den übrigen
Curven, nach jeder Temperatur-Aenderung von 5° beobachtet.
Wie ersichtlich, steigt die Leitungsfähigkeit fortwährend und
zwar erst schnell und mit der Zeit immer langsamer, so dass sie
sich asymptotisch einer Constanten zu nähern scheint.


ist diese Erscheinung nur bei sehr geringen elektromotorischen
Kräften noch nachzuweisen. Werden Erwärmung und Veränderung
der Leitungsfähigkeit durch andauernde Ströme vermieden, so
bleibt die Leitungsfähigkeit bei Anwendung von 1 bis 15 Ele-
menten bei ihm ziemlich unverändert. Da Adam’s Selenstange
die Eigenschaften der Mod. II hatte, wahrscheinlich weil sie zu-
fällig bei sehr hoher Temperatur aus amorphem Selen umge-
wandelt war, so ist erklärlich, dass er die Zunahme der Leitungs-
fähigkeit bei Anwendung grösserer elektromotorischer Kräfte für
eine allgemeine Eigenschaft des krystallinischen Selens hielt.

Die gleiche elektromotorische Kraft der benutzten Daniell’-
schen Zellen, welche bei diesen Versuchen sowohl wie bei allen
späteren sehr constante Daniell’sche Ketten, sogenannte Pappele-
mente, waren, wurde vor Anstellung der Versuche constatirt.

Es ist schon hervorgehoben, dass der galvanische Strom die
Leitungsfähigkeit des Selens verändert. Diese Aenderung geschieht
stets in demselben Sinne, als wenn es durch den Strom erwärmt
wäre. Es nimmt also durch dauernden Strom die Leitungsfähig-
keit von Mod. I zu, die von Mod. II ab. Wäre aber die Er-
wärmung der Selenmasse die Ursache der Veränderung, so müsste
die Veränderung den Quadraten der Stromstärke proportional sein
und sie müsste weit geringer sein, wenn die Gitter durch ihre
Umgebung auf constanter Temperatur erhalten werden. Es ist
dies aber nicht der Fall. Die Versuche wurden mit gleichen
Gittern gemacht, von denen das eine Mod. I, das andere Mod. II
war. Die Ergebnisse derselben sind in Fig. 3 graphisch darge-
stellt. Beide Gitter befanden sich in Petroleum von der Tempe-
ratur der Luft. Mod. I wurde durch 12, Mod. II durch 3 einge-
schaltete Daniell’sche Zellen dauernd durch den Galvanometerdraht
geschlossen. Die Abscissenaxe giebt die Zeit der Schliessung des
Stromlaufes durch das Gitter in Minuten, die Ordinatenaxe die
beobachteten Ablenkungen des Spiegels, dessen Ruhelage häufig
controlirt wurde. Curve A giebt die Leitungsfähigkeit des Gitters
der Mod. I an und zwar wurde dieselbe hier, wie bei den übrigen
Curven, nach jeder Temperatur-Aenderung von 5° beobachtet.
Wie ersichtlich, steigt die Leitungsfähigkeit fortwährend und
zwar erst schnell und mit der Zeit immer langsamer, so dass sie
sich asymptotisch einer Constanten zu nähern scheint.


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[390/0412] ist diese Erscheinung nur bei sehr geringen elektromotorischen Kräften noch nachzuweisen. Werden Erwärmung und Veränderung der Leitungsfähigkeit durch andauernde Ströme vermieden, so bleibt die Leitungsfähigkeit bei Anwendung von 1 bis 15 Ele- menten bei ihm ziemlich unverändert. Da Adam’s Selenstange die Eigenschaften der Mod. II hatte, wahrscheinlich weil sie zu- fällig bei sehr hoher Temperatur aus amorphem Selen umge- wandelt war, so ist erklärlich, dass er die Zunahme der Leitungs- fähigkeit bei Anwendung grösserer elektromotorischer Kräfte für eine allgemeine Eigenschaft des krystallinischen Selens hielt. Die gleiche elektromotorische Kraft der benutzten Daniell’- schen Zellen, welche bei diesen Versuchen sowohl wie bei allen späteren sehr constante Daniell’sche Ketten, sogenannte Pappele- mente, waren, wurde vor Anstellung der Versuche constatirt. Es ist schon hervorgehoben, dass der galvanische Strom die Leitungsfähigkeit des Selens verändert. Diese Aenderung geschieht stets in demselben Sinne, als wenn es durch den Strom erwärmt wäre. Es nimmt also durch dauernden Strom die Leitungsfähig- keit von Mod. I zu, die von Mod. II ab. Wäre aber die Er- wärmung der Selenmasse die Ursache der Veränderung, so müsste die Veränderung den Quadraten der Stromstärke proportional sein und sie müsste weit geringer sein, wenn die Gitter durch ihre Umgebung auf constanter Temperatur erhalten werden. Es ist dies aber nicht der Fall. Die Versuche wurden mit gleichen Gittern gemacht, von denen das eine Mod. I, das andere Mod. II war. Die Ergebnisse derselben sind in Fig. 3 graphisch darge- stellt. Beide Gitter befanden sich in Petroleum von der Tempe- ratur der Luft. Mod. I wurde durch 12, Mod. II durch 3 einge- schaltete Daniell’sche Zellen dauernd durch den Galvanometerdraht geschlossen. Die Abscissenaxe giebt die Zeit der Schliessung des Stromlaufes durch das Gitter in Minuten, die Ordinatenaxe die beobachteten Ablenkungen des Spiegels, dessen Ruhelage häufig controlirt wurde. Curve A giebt die Leitungsfähigkeit des Gitters der Mod. I an und zwar wurde dieselbe hier, wie bei den übrigen Curven, nach jeder Temperatur-Aenderung von 5° beobachtet. Wie ersichtlich, steigt die Leitungsfähigkeit fortwährend und zwar erst schnell und mit der Zeit immer langsamer, so dass sie sich asymptotisch einer Constanten zu nähern scheint.

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Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/412>, abgerufen am 22.11.2024.