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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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vorgegangenen Unterrichts.
Christ. Dieses halte ich nach deinem Unterricht und mei-
ner Erfahrung vor unmöglich/ denn sonst würde es mehr als
zu viel geschehen. Ich bin offt dazu geholet worden/ wo die
Wehe-Mütter zu kreißen angefangen/ da es noch nicht Zeit ge-
wesen/ und haben damit angehalten zwey bis drey Tage/ da ich
sie erst vonsammen scheiden müssen/ und sind die Frauen her-
nach etliche Wochen noch gegangen/ bis zur rechten Entbindung.
Durch Gewalt aber wäre es wol möglich; Es kan aber keine
Gewalt verborgener Weise geschehen. Ob die Wehe-Mutter
schon so albern oder so klug sey/ wie sie immer wolle/ so muß
es doch die schwangere Frau gewar werden.
XXVI. Fr.
Just. Kan aber die Natur durch eine un-
erfahrne Wehe-Mutter versäumet oder aufgezogen wer-
den?
Christ. Einen Aufzug oder Verweilung zu machen/ aus
bloßem Unverstande der Wehe-Mutter/ ob sie gleich nichts da-
bey thäte/ oder zu thun wüßte/ ist auch nicht wohl möglich. Denn
wie viel Kinder werden gebohren/ da keine Wehe-Mutter dabey
ist? Wie offte werden sie langsam geruffen/ da unter der Zeit
die Kinder kommen/ ehe die Wehe-Mutter zu gegen seyn kan.
Wie dir auch geschehen ist. Wo aber der geringste Mangel ist/
da kan eine unerfahrne Wehe-Mutter viel verabsaumen/ daß die
Frau etliche Tage unnöthig aufgehalten wird. Und ob es schon
manches mahl noch glücklich ablaufft/ so widerfähret auch wol
groß Unglück der Mutter und dem Kinde.
XXVII. Fr.
Just. Darfdenn eine Wehe-Mutter/ wo kein
Mangel bey der Geburt ist/ auch nicht helffen?
Christ. Wenn gleich ein Kind ohne Beyseyn der Wehe-
Mutter kommt oder kommen kan/ wo kein Mangel ist; So
kan doch ohne Furcht keine Frau ohne einige Wehe-Mutter
bleiben. Es seyn mehr andere Zufälle auf mancherley Arth
und
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vorgegangenen Unterrichts.
Chriſt. Dieſes halte ich nach deinem Unterricht und mei-
ner Erfahrung vor unmoͤglich/ denn ſonſt wuͤrde es mehr als
zu viel geſchehen. Ich bin offt dazu geholet worden/ wo die
Wehe-Muͤtter zu kreißen angefangen/ da es noch nicht Zeit ge-
weſen/ und haben damit angehalten zwey bis drey Tage/ da ich
ſie erſt vonſammen ſcheiden muͤſſen/ und ſind die Frauen her-
nach etliche Wochen noch gegangen/ bis zur rechten Entbindung.
Durch Gewalt aber waͤre es wol moͤglich; Es kan aber keine
Gewalt verborgener Weiſe geſchehen. Ob die Wehe-Mutter
ſchon ſo albern oder ſo klug ſey/ wie ſie immer wolle/ ſo muß
es doch die ſchwangere Frau gewar werden.
XXVI. Fr.
Juſt. Kan aber die Natur durch eine un-
erfahrne Wehe-Mutter verſaͤumet oder aufgezogen wer-
den?
Chriſt. Einen Aufzug oder Verweilung zu machen/ aus
bloßem Unverſtande der Wehe-Mutter/ ob ſie gleich nichts da-
bey thaͤte/ oder zu thun wuͤßte/ iſt auch nicht wohl moͤglich. Denn
wie viel Kinder werden gebohren/ da keine Wehe-Mutter dabey
iſt? Wie offte werden ſie langſam geruffen/ da unter der Zeit
die Kinder kommen/ ehe die Wehe-Mutter zu gegen ſeyn kan.
Wie dir auch geſchehen iſt. Wo aber der geringſte Mangel iſt/
da kan eine unerfahrne Wehe-Mutter viel verabſaumen/ daß die
Frau etliche Tage unnoͤthig aufgehalten wird. Und ob es ſchon
manches mahl noch gluͤcklich ablaufft/ ſo widerfaͤhret auch wol
groß Ungluͤck der Mutter und dem Kinde.
XXVII. Fr.
Juſt. Darfdenn eine Wehe-Mutter/ wo kein
Mangel bey der Geburt iſt/ auch nicht helffen?
Chriſt. Wenn gleich ein Kind ohne Beyſeyn der Wehe-
Mutter kommt oder kommen kan/ wo kein Mangel iſt; So
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bleiben. Es ſeyn mehr andere Zufaͤlle auf mancherley Arth
und
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[225/0354] vorgegangenen Unterrichts. Chriſt. Dieſes halte ich nach deinem Unterricht und mei- ner Erfahrung vor unmoͤglich/ denn ſonſt wuͤrde es mehr als zu viel geſchehen. Ich bin offt dazu geholet worden/ wo die Wehe-Muͤtter zu kreißen angefangen/ da es noch nicht Zeit ge- weſen/ und haben damit angehalten zwey bis drey Tage/ da ich ſie erſt vonſammen ſcheiden muͤſſen/ und ſind die Frauen her- nach etliche Wochen noch gegangen/ bis zur rechten Entbindung. Durch Gewalt aber waͤre es wol moͤglich; Es kan aber keine Gewalt verborgener Weiſe geſchehen. Ob die Wehe-Mutter ſchon ſo albern oder ſo klug ſey/ wie ſie immer wolle/ ſo muß es doch die ſchwangere Frau gewar werden. XXVI. Fr. Juſt. Kan aber die Natur durch eine un- erfahrne Wehe-Mutter verſaͤumet oder aufgezogen wer- den? Chriſt. Einen Aufzug oder Verweilung zu machen/ aus bloßem Unverſtande der Wehe-Mutter/ ob ſie gleich nichts da- bey thaͤte/ oder zu thun wuͤßte/ iſt auch nicht wohl moͤglich. Denn wie viel Kinder werden gebohren/ da keine Wehe-Mutter dabey iſt? Wie offte werden ſie langſam geruffen/ da unter der Zeit die Kinder kommen/ ehe die Wehe-Mutter zu gegen ſeyn kan. Wie dir auch geſchehen iſt. Wo aber der geringſte Mangel iſt/ da kan eine unerfahrne Wehe-Mutter viel verabſaumen/ daß die Frau etliche Tage unnoͤthig aufgehalten wird. Und ob es ſchon manches mahl noch gluͤcklich ablaufft/ ſo widerfaͤhret auch wol groß Ungluͤck der Mutter und dem Kinde. XXVII. Fr. Juſt. Darfdenn eine Wehe-Mutter/ wo kein Mangel bey der Geburt iſt/ auch nicht helffen? Chriſt. Wenn gleich ein Kind ohne Beyſeyn der Wehe- Mutter kommt oder kommen kan/ wo kein Mangel iſt; So kan doch ohne Furcht keine Frau ohne einige Wehe-Mutter bleiben. Es ſeyn mehr andere Zufaͤlle auf mancherley Arth und F f

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/354>, abgerufen am 23.11.2024.