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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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An den Leser.
vorhandene Wissenschafften nur eitel Stuck-
werck und Unkollkommenheiten sind: Scientia
nostra est vel ut umbra in Sole,
schreibet ein Ge-
lehrter: So ist jedoch durch Christum den an-
dern Adam/ in welchem alle Schätze der Weis-
heit und Erkändtnis verborgen liegen/ alles her
wider bracht/ darum auch der innere wider ge-
borne Mensch in den Wercken und Wundern
seines Schöpffers und Widerbringers um so
freudiger und getroster sich üben/ um so mehr
auch sich schuldig und verpflicht erkennen solte/
denselben zu suchen/ und seine Wunder zu erfor-
schen/ sintemal er keinem sich unbezeugt lässet/
sonderlich unter den Christen/ denn er ja nicht
ferne von einem jeden ist/ noch seyn kan/ weil so
gar wir seines Geschlechts/ in ihm leben und we-
ben: Auch von ihm/ in ihm/ und durch ihn alle
Ding erhalten werden. Mit einem Wort: Er
solle diese sichtbare Welt-Kugel Himmels und
Erden/ die voller Wunder/ Weisheit/ und
Herrlichkeit ihres Schöpffers ist/ als einen vor-
gestelten Spiegel der unendlichen Allmacht des-
selben/ und als ein Bild der ewigen unsichtbaren
Dingen/ mit rechten Menschen-Augen an-
schauen; im Anschauen sich vertieffen; im
Vertieffen belustigen; im Belustigen zum höch-
sten Gut sich aufschwingen; in solchem Auf-
schwingen aber/ den Schöpffer dieses alles/ und
sein selber lernen erkennen. Nachmals/ ihme

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b iiij

An den Leſer.
vorhandene Wiſſenſchafften nur eitel Stuck-
werck und Unkollkommenheiten ſind: Scientia
noſtra eſt vel ut umbra in Sole,
ſchreibet ein Ge-
lehrter: So iſt jedoch durch Chriſtum den an-
dern Adam/ in welchem alle Schätze der Weis-
heit und Erkändtnis verborgen liegen/ alles her
wider bracht/ darum auch der innere wider ge-
borne Menſch in den Wercken und Wundern
ſeines Schöpffers und Widerbringers um ſo
freudiger und getroſter ſich üben/ um ſo mehr
auch ſich ſchuldig und verpflicht erkennen ſolte/
denſelben zu ſuchen/ und ſeine Wunder zu erfor-
ſchen/ ſintemal er keinem ſich unbezeugt läſſet/
ſonderlich unter den Chriſten/ denn er ja nicht
ferne von einem jeden iſt/ noch ſeyn kan/ weil ſo
gar wir ſeines Geſchlechts/ in ihm leben und we-
ben: Auch von ihm/ in ihm/ und durch ihn alle
Ding erhalten werden. Mit einem Wort: Er
ſolle dieſe ſichtbare Welt-Kugel Himmels und
Erden/ die voller Wunder/ Weisheit/ und
Herꝛlichkeit ihres Schöpffers iſt/ als einen vor-
geſtelten Spiegel der unendlichen Allmacht deſ-
ſelben/ und als ein Bild der ewigen unſichtbaren
Dingen/ mit rechten Menſchen-Augen an-
ſchauen; im Anſchauen ſich vertieffen; im
Vertieffen beluſtigen; im Beluſtigen zum höch-
ſten Gut ſich aufſchwingen; in ſolchem Auf-
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[0029] An den Leſer. vorhandene Wiſſenſchafften nur eitel Stuck- werck und Unkollkommenheiten ſind: Scientia noſtra eſt vel ut umbra in Sole, ſchreibet ein Ge- lehrter: So iſt jedoch durch Chriſtum den an- dern Adam/ in welchem alle Schätze der Weis- heit und Erkändtnis verborgen liegen/ alles her wider bracht/ darum auch der innere wider ge- borne Menſch in den Wercken und Wundern ſeines Schöpffers und Widerbringers um ſo freudiger und getroſter ſich üben/ um ſo mehr auch ſich ſchuldig und verpflicht erkennen ſolte/ denſelben zu ſuchen/ und ſeine Wunder zu erfor- ſchen/ ſintemal er keinem ſich unbezeugt läſſet/ ſonderlich unter den Chriſten/ denn er ja nicht ferne von einem jeden iſt/ noch ſeyn kan/ weil ſo gar wir ſeines Geſchlechts/ in ihm leben und we- ben: Auch von ihm/ in ihm/ und durch ihn alle Ding erhalten werden. Mit einem Wort: Er ſolle dieſe ſichtbare Welt-Kugel Himmels und Erden/ die voller Wunder/ Weisheit/ und Herꝛlichkeit ihres Schöpffers iſt/ als einen vor- geſtelten Spiegel der unendlichen Allmacht deſ- ſelben/ und als ein Bild der ewigen unſichtbaren Dingen/ mit rechten Menſchen-Augen an- ſchauen; im Anſchauen ſich vertieffen; im Vertieffen beluſtigen; im Beluſtigen zum höch- ſten Gut ſich aufſchwingen; in ſolchem Auf- ſchwingen aber/ den Schöpffer dieſes alles/ und ſein ſelber lernen erkennen. Nachmals/ ihme ein b iiij

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/29>, abgerufen am 19.04.2024.