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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Das erste Buch.
Johannes meldet: Jm Anfang war das Wort/
und das Wort war bey Gott/ und Gott war das
Wort/ dasselbe war im Anfang bey GOtt. Alle
Ding sind durch dasselbe gemacht; und ohne
dasselbe ist nichts gemacht/ was gemacht ist. Jn
Jhm war das Leben/ und das Leben war das
Liecht der Menschen/ welches alle Menschen er-
leuchtet/ die in diese Welt kommen. Dieses Le-
bens Liecht das im Wort war/ und ewig ist/ ste-
het dem Menschen zuergreiffen/ und in demsel-
ben/ förderist sich selbsten/ und dann auch das
Wesen aller Wesen zubeschauen. Er bedencke
Zeit und Ewigkeit/ Himmel/ Hölle/ Welt/ Liecht
und Finsternuß: Peyn/ Quaal/ Leben und Ster-
ben; Jchts und Nichts. Allhier prüffe sich
der Mensch/ ob er das Leben und Liecht des
Worts in sich habe/ und in demselben alles sehen/
und verstehen möge; denn das Leben der Men-
schen ist im Wort gewesen/ und im Bilde/ das
GOtt schuff/ offenbar worden: Jhme ward es
vom Geist des Worts eingeblasen. Und dar-
um muß der Mensch allhier seinen Verstand im
Liecht des Lebens erheben/ das geformirte Wort
beschauen/ und dessen innerliche Gebährung be-
trachten. Spricht nun jemand: Jch kan nicht/
ich bin verderbt; deme wird geantwortet: So
sey er auch aus GOtt noch nicht wiedergebo-
ren/ sonsten würde er dasselbe Liecht wieder ha-
ben; und so dann köndte er. Wahr ist/ wir
manglen alle des Ruhms den wir von GOtt

haben

Das erſte Buch.
Johannes meldet: Jm Anfang war das Wort/
und das Wort war bey Gott/ und Gott war das
Wort/ daſſelbe war im Anfang bey GOtt. Alle
Ding ſind durch daſſelbe gemacht; und ohne
daſſelbe iſt nichts gemacht/ was gemacht iſt. Jn
Jhm war das Leben/ und das Leben war das
Liecht der Menſchen/ welches alle Menſchen er-
leuchtet/ die in dieſe Welt kommen. Dieſes Le-
bens Liecht das im Wort war/ und ewig iſt/ ſte-
het dem Menſchen zuergreiffen/ und in demſel-
ben/ förderiſt ſich ſelbſten/ und dann auch das
Weſen aller Weſen zubeſchauen. Er bedencke
Zeit und Ewigkeit/ Himmel/ Hölle/ Welt/ Liecht
und Finſternuß: Peyn/ Quaal/ Leben und Ster-
ben; Jchts und Nichts. Allhier prüffe ſich
der Menſch/ ob er das Leben und Liecht des
Worts in ſich habe/ und in demſelben alles ſehen/
und verſtehen möge; denn das Leben der Men-
ſchen iſt im Wort geweſen/ und im Bilde/ das
GOtt ſchuff/ offenbar worden: Jhme ward es
vom Geiſt des Worts eingeblaſen. Und dar-
um muß der Menſch allhier ſeinen Verſtand im
Liecht des Lebens erheben/ das geformirte Wort
beſchauen/ und deſſen innerliche Gebährung be-
trachten. Spricht nun jemand: Jch kan nicht/
ich bin verderbt; deme wird geantwortet: So
ſey er auch aus GOtt noch nicht wiedergebo-
ren/ ſonſten würde er daſſelbe Liecht wieder ha-
ben; und ſo dann köndte er. Wahr iſt/ wir
manglen alle des Ruhms den wir von GOtt

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[16/0106] Das erſte Buch. Johannes meldet: Jm Anfang war das Wort/ und das Wort war bey Gott/ und Gott war das Wort/ daſſelbe war im Anfang bey GOtt. Alle Ding ſind durch daſſelbe gemacht; und ohne daſſelbe iſt nichts gemacht/ was gemacht iſt. Jn Jhm war das Leben/ und das Leben war das Liecht der Menſchen/ welches alle Menſchen er- leuchtet/ die in dieſe Welt kommen. Dieſes Le- bens Liecht das im Wort war/ und ewig iſt/ ſte- het dem Menſchen zuergreiffen/ und in demſel- ben/ förderiſt ſich ſelbſten/ und dann auch das Weſen aller Weſen zubeſchauen. Er bedencke Zeit und Ewigkeit/ Himmel/ Hölle/ Welt/ Liecht und Finſternuß: Peyn/ Quaal/ Leben und Ster- ben; Jchts und Nichts. Allhier prüffe ſich der Menſch/ ob er das Leben und Liecht des Worts in ſich habe/ und in demſelben alles ſehen/ und verſtehen möge; denn das Leben der Men- ſchen iſt im Wort geweſen/ und im Bilde/ das GOtt ſchuff/ offenbar worden: Jhme ward es vom Geiſt des Worts eingeblaſen. Und dar- um muß der Menſch allhier ſeinen Verſtand im Liecht des Lebens erheben/ das geformirte Wort beſchauen/ und deſſen innerliche Gebährung be- trachten. Spricht nun jemand: Jch kan nicht/ ich bin verderbt; deme wird geantwortet: So ſey er auch aus GOtt noch nicht wiedergebo- ren/ ſonſten würde er daſſelbe Liecht wieder ha- ben; und ſo dann köndte er. Wahr iſt/ wir manglen alle des Ruhms den wir von GOtt haben

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/106>, abgerufen am 28.04.2024.