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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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Das erste Buch.
Andere sagen: Quod Natura sit id, quod uni-
cuique existenti rei ex nativitate inhaeret, &
naturales ipsi industrias suggerit.
Bey denen
heutigen Philosophen findet man das Wort
Natur gleicher gestalt auf unter schiedliche wei-
se erkläret. Erstlich schreiben sie/ werde da-
durch bedeutet GOtt/ ein HErr der Natur.
Darnach/ werden auch dadurch verstanden alle
Creaturen/ und was unter der Ordnung der
Geschöpffe begriffen. Wie nun GOtt genen-
net werde Natura naturans, die Naturschaffen-
de Natur: Also heisse es hier: Natura natura-
ta,
die erschaffene Natur. Drittens werde
auch jederweilen das Wort Natur genommen
für die Kräffte/ Würckung und Vermögen/
welche GOtt/ der Schöpffer aller Dinge/ den
Geschöpffen hat eingeschaffen. Vierdtens/
verstehe man auch unter dem Wort Natur die
unveränderliche Ordnung/ so die Göttliche
Weisheit den Geschöpffen anbefohlen. Fünff-
tens/ werde unter diesem Wort begrieffen/ die
Krafft und Stärcke/ oder auch die Schwach-
heit der leiblichen Geister; Und dann Sechstens/
des Menschen complexion, temperament,
und eingeschaffene Eigenschafft/ so durch ein
solch temperament ihm verursacht wird. Uber-
haupt aber/ pflegen andere die Bedeutung des
Worts Natur also zu unterscheiden/ daß sie die-
ses Wort entweder in concreto od' in abstracto
verstehen. Nach der ersten weise ist ihnen die Na-

tur

Das erſte Buch.
Andere ſagen: Quòd Natura ſit id, quod uni-
cuique exiſtenti rei ex nativitate inhæret, &
naturales ipſi induſtrias ſuggerit.
Bey denen
heutigen Philoſophen findet man das Wort
Natur gleicher geſtalt auf unter ſchiedliche wei-
ſe erkläret. Erſtlich ſchreiben ſie/ werde da-
durch bedeutet GOtt/ ein HErꝛ der Natur.
Darnach/ werden auch dadurch verſtanden alle
Creaturen/ und was unter der Ordnung der
Geſchöpffe begriffen. Wie nun GOtt genen-
net werde Natura naturans, die Naturſchaffen-
de Natur: Alſo heiſſe es hier: Natura natura-
ta,
die erſchaffene Natur. Drittens werde
auch jederweilen das Wort Natur genommen
für die Kräffte/ Würckung und Vermögen/
welche GOtt/ der Schöpffer aller Dinge/ den
Geſchöpffen hat eingeſchaffen. Vierdtens/
verſtehe man auch unter dem Wort Natur die
unveränderliche Ordnung/ ſo die Göttliche
Weisheit den Geſchöpffen anbefohlen. Fünff-
tens/ werde unter dieſem Wort begrieffen/ die
Krafft und Stärcke/ oder auch die Schwach-
heit der leiblichen Geiſter; Und dann Sechſtens/
des Menſchen complexion, temperament,
und eingeſchaffene Eigenſchafft/ ſo durch ein
ſolch temperament ihm verurſacht wird. Uber-
haupt aber/ pflegen andere die Bedeutung des
Worts Natur alſo zu unterſcheiden/ daß ſie die-
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[14/0104] Das erſte Buch. Andere ſagen: Quòd Natura ſit id, quod uni- cuique exiſtenti rei ex nativitate inhæret, & naturales ipſi induſtrias ſuggerit. Bey denen heutigen Philoſophen findet man das Wort Natur gleicher geſtalt auf unter ſchiedliche wei- ſe erkläret. Erſtlich ſchreiben ſie/ werde da- durch bedeutet GOtt/ ein HErꝛ der Natur. Darnach/ werden auch dadurch verſtanden alle Creaturen/ und was unter der Ordnung der Geſchöpffe begriffen. Wie nun GOtt genen- net werde Natura naturans, die Naturſchaffen- de Natur: Alſo heiſſe es hier: Natura natura- ta, die erſchaffene Natur. Drittens werde auch jederweilen das Wort Natur genommen für die Kräffte/ Würckung und Vermögen/ welche GOtt/ der Schöpffer aller Dinge/ den Geſchöpffen hat eingeſchaffen. Vierdtens/ verſtehe man auch unter dem Wort Natur die unveränderliche Ordnung/ ſo die Göttliche Weisheit den Geſchöpffen anbefohlen. Fünff- tens/ werde unter dieſem Wort begrieffen/ die Krafft und Stärcke/ oder auch die Schwach- heit der leiblichen Geiſter; Und dann Sechſtens/ des Menſchen complexion, temperament, und eingeſchaffene Eigenſchafft/ ſo durch ein ſolch temperament ihm verurſacht wird. Uber- haupt aber/ pflegen andere die Bedeutung des Worts Natur alſo zu unterſcheiden/ daß ſie die- ſes Wort entweder in concreto od’ in abſtracto verſtehen. Nach der erſten weiſe iſt ihnen die Na- tur

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/104>, abgerufen am 27.04.2024.