Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

negro, schwarzer Mestize", also entweder ein Mischling zwischen Neger und Malaien, oder ein Mestize--unbestimmt gelassener Beimischung--mit schwarzer Hautfarbe. Ich habe auch diese Balugas gesehen, und glaube versichern zu können, dass sie entschiedene Mischlinge zwischen Tagalen und echten Negrito's sind. Nicht alle von den Spaniern sogenannten Negrito's sind dies wirklich (s. Schetelig, On the Natives of Formosa in Trans. Ethnogr. Society of London Vol. 7 pag. 12), und ich wiederhole, dass alle sogenannten glatthaarigen Neger der Philippinen entweder Malaien mit etwas dunklerer Hautfarbe, oder Mischlinge zwischen Malaien und echten Negrito's sind. Wer sich über die Papuas und ihre weite Verbreitung über den hinterindischen Archipel genaue Kenntniss verschaffen will, findet leichte Befriedigung in dem trefflichen Buche von G. Windsor Earle "The Native Races of the Indian Archipelago. Papuans. London 1853". Pritchard's Werk ist in dieser Beziehung jedenfalls etwas veraltet.

Dann muss ich mich auf das Entschiedenste dagegen erklären, die Bewohner Australien's nach der Andeutung Prichards (Bd. 4 pag. 270) jetzt als Harafura's oder Alfuru-Neger zu bezeichnen (Häckel l. c. p.). Einmal scheint Harafura oder Alfuru ein portugiesisches Wort zu sein, i. e. "freigelassener Sclave". Mit diesem Namen bezeichneten die Portugiesen in Amboina die freien Stämme des Innern (G. Windsor Earle in Journ. East Ind. Archipl. Vol. IV. 1850 pag. 2). Selbst wenn er aber auch nicht portugiesischen, sondern östlichen Ursprungs sein sollte, so würde er keinenfalls auf die glatthaarigen Australier angewandt werden können, sondern höchstens auf die kraushaarigen--also zu den Papuas gehörigen--Neger in der Nähe der Molucken. Auch d'Urville beschreibt die Harfur's vom Arfak-Gebirge in Neu-Guinea als kraushaarig. Durch die Naturforscher der verschiedenen Regierungs-Expeditionen sowohl, wie durch confuse Berichte anderer Seefahrer ist die Frage, was die Harafura's eigentlich für ein Stamm sind, in eine so gründliche Confusion gebracht worden, dass man am Besten thut, den gordischen Knoten zu zerhauen, indem man den Namen einfach fallen lässt, oder ihn wenigstens so einschränkt, wie es neuerdings Bastian in der Karte zu seinem Buche "Ueber das Beständige in den Menschenracen, Berlin 1868" gethan hat. Dieser treffliche Ethnologe deutet ferner auch durch die dort gebrauchte Bezeichnung "Alfuru-Neger" und durch die Einordnung derselben in die Gruppe "Austral-Neger mit Papuas" an, dass ihm (l. c. pag. 271) beide Formen des Australnegers, die kraushaarige und die glatthaarige, sehr nahe mit einander verwandt zu sein scheinen. Eine so weitgehende Trennung der beiden Gruppen aber, wie sie Häckel vornimmt, wird durch keine aus dem physischen wie geistigen Zustande der dahin gehörigen Völker bekannte Thatsache gerechtfertigt werden können; und dies um so weniger, als man es hier ebensowenig, wie irgendwo sonst, mit ethnologisch reinen, von Beimischungen freigebliebenen Racen zu thun hat.

Anmerkung 3. Es ist hiernach nicht mehr ganz richtig, wenn d'Urville

negro, schwarzer Mestize”, also entweder ein Mischling zwischen Neger und Malaien, oder ein Mestize—unbestimmt gelassener Beimischung—mit schwarzer Hautfarbe. Ich habe auch diese Balugas gesehen, und glaube versichern zu können, dass sie entschiedene Mischlinge zwischen Tagalen und echten Negrito’s sind. Nicht alle von den Spaniern sogenannten Negrito’s sind dies wirklich (s. Schetelig, On the Natives of Formosa in Trans. Ethnogr. Society of London Vol. 7 pag. 12), und ich wiederhole, dass alle sogenannten glatthaarigen Neger der Philippinen entweder Malaien mit etwas dunklerer Hautfarbe, oder Mischlinge zwischen Malaien und echten Negrito’s sind. Wer sich über die Papuas und ihre weite Verbreitung über den hinterindischen Archipel genaue Kenntniss verschaffen will, findet leichte Befriedigung in dem trefflichen Buche von G. Windsor Earle “The Native Races of the Indian Archipelago. Papuans. London 1853”. Pritchard’s Werk ist in dieser Beziehung jedenfalls etwas veraltet.

Dann muss ich mich auf das Entschiedenste dagegen erklären, die Bewohner Australien’s nach der Andeutung Prichards (Bd. 4 pag. 270) jetzt als Harafura’s oder Alfuru-Neger zu bezeichnen (Häckel l. c. p.). Einmal scheint Harafura oder Alfuru ein portugiesisches Wort zu sein, i. e. “freigelassener Sclave”. Mit diesem Namen bezeichneten die Portugiesen in Amboina die freien Stämme des Innern (G. Windsor Earle in Journ. East Ind. Archipl. Vol. IV. 1850 pag. 2). Selbst wenn er aber auch nicht portugiesischen, sondern östlichen Ursprungs sein sollte, so würde er keinenfalls auf die glatthaarigen Australier angewandt werden können, sondern höchstens auf die kraushaarigen—also zu den Papuas gehörigen—Neger in der Nähe der Molucken. Auch d’Urville beschreibt die Harfur’s vom Arfak-Gebirge in Neu-Guinea als kraushaarig. Durch die Naturforscher der verschiedenen Regierungs-Expeditionen sowohl, wie durch confuse Berichte anderer Seefahrer ist die Frage, was die Harafura’s eigentlich für ein Stamm sind, in eine so gründliche Confusion gebracht worden, dass man am Besten thut, den gordischen Knoten zu zerhauen, indem man den Namen einfach fallen lässt, oder ihn wenigstens so einschränkt, wie es neuerdings Bastian in der Karte zu seinem Buche “Ueber das Beständige in den Menschenracen, Berlin 1868” gethan hat. Dieser treffliche Ethnologe deutet ferner auch durch die dort gebrauchte Bezeichnung “Alfuru-Neger” und durch die Einordnung derselben in die Gruppe “Austral-Neger mit Papuas” an, dass ihm (l. c. pag. 271) beide Formen des Australnegers, die kraushaarige und die glatthaarige, sehr nahe mit einander verwandt zu sein scheinen. Eine so weitgehende Trennung der beiden Gruppen aber, wie sie Häckel vornimmt, wird durch keine aus dem physischen wie geistigen Zustande der dahin gehörigen Völker bekannte Thatsache gerechtfertigt werden können; und dies um so weniger, als man es hier ebensowenig, wie irgendwo sonst, mit ethnologisch reinen, von Beimischungen freigebliebenen Racen zu thun hat.

Anmerkung 3. Es ist hiernach nicht mehr ganz richtig, wenn d’Urville

<TEI>
  <text>
    <back>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="140"/>
negro, schwarzer Mestize&#x201D;,
                         also entweder ein Mischling zwischen Neger und Malaien, oder ein
                         Mestize&#x2014;unbestimmt gelassener Beimischung&#x2014;mit schwarzer
                         Hautfarbe. Ich habe auch diese Balugas gesehen, und glaube versichern zu
                         können, dass sie entschiedene Mischlinge zwischen Tagalen und echten
                         Negrito&#x2019;s sind. Nicht alle von den Spaniern sogenannten
                         Negrito&#x2019;s sind dies wirklich (s. Schetelig, On the Natives of Formosa
                         in Trans. Ethnogr. Society of London Vol. 7 pag. 12), und ich wiederhole,
                         dass alle sogenannten glatthaarigen Neger der Philippinen entweder Malaien
                         mit etwas dunklerer Hautfarbe, oder Mischlinge zwischen Malaien und echten
                         Negrito&#x2019;s sind. Wer sich über die Papuas und ihre weite
                         Verbreitung über den hinterindischen Archipel genaue Kenntniss
                         verschaffen will, findet leichte Befriedigung in dem trefflichen Buche von
                         G. Windsor Earle &#x201C;The Native Races of the Indian Archipelago. Papuans.
                         London 1853&#x201D;. Pritchard&#x2019;s Werk ist in dieser Beziehung
                         jedenfalls etwas veraltet. </p>
          <p>Dann muss ich mich auf das Entschiedenste dagegen erklären, die Bewohner
                         Australien&#x2019;s nach der Andeutung Prichards (Bd. 4 pag. 270) jetzt als
                         Harafura&#x2019;s oder Alfuru-Neger zu bezeichnen (Häckel l. c. p.).
                         Einmal scheint Harafura oder Alfuru ein portugiesisches Wort zu sein, i. e.
                         &#x201C;freigelassener Sclave&#x201D;. Mit diesem Namen bezeichneten die
                         Portugiesen in Amboina die freien Stämme des Innern (G. Windsor Earle
                         in Journ. East Ind. Archipl. Vol. IV. 1850 pag. 2). Selbst wenn er aber auch
                         nicht portugiesischen, sondern östlichen Ursprungs sein sollte, so
                         würde er keinenfalls auf die glatthaarigen Australier angewandt werden
                         können, sondern höchstens auf die kraushaarigen&#x2014;also zu den
                         Papuas gehörigen&#x2014;Neger in der Nähe der Molucken. Auch
                         d&#x2019;Urville beschreibt die Harfur&#x2019;s vom Arfak-Gebirge in
                         Neu-Guinea als kraushaarig. Durch die Naturforscher der verschiedenen
                         Regierungs-Expeditionen sowohl, wie durch confuse Berichte anderer Seefahrer
                         ist die Frage, was die Harafura&#x2019;s eigentlich für ein Stamm sind,
                         in eine so gründliche Confusion gebracht worden, dass man am Besten
                         thut, den gordischen Knoten zu zerhauen, indem man den Namen einfach fallen
                         lässt, oder ihn wenigstens so einschränkt, wie es neuerdings
                         Bastian in der Karte zu seinem Buche &#x201C;Ueber das Beständige in den
                         Menschenracen, Berlin 1868&#x201D; gethan hat. Dieser treffliche Ethnologe
                         deutet ferner auch durch die dort gebrauchte Bezeichnung
                         &#x201C;Alfuru-Neger&#x201D; und durch die Einordnung derselben in die Gruppe
                         &#x201C;Austral-Neger mit Papuas&#x201D; an, dass ihm (l. c. pag. 271) beide
                         Formen des Australnegers, die kraushaarige und die glatthaarige, sehr nahe
                         mit einander verwandt zu sein scheinen. Eine so weitgehende Trennung der
                         beiden Gruppen aber, wie sie Häckel vornimmt, wird durch keine aus dem
                         physischen wie geistigen Zustande der dahin gehörigen Völker
                         bekannte Thatsache gerechtfertigt werden können; und dies um so
                         weniger, als man es hier ebensowenig, wie irgendwo sonst, mit ethnologisch
                         reinen, von Beimischungen freigebliebenen Racen zu thun hat. </p>
          <p xml:id="n4.3"><hi rendition="#g">Anmerkung 3.</hi> Es ist hiernach nicht mehr
                         ganz richtig, wenn <choice><sic>d&#x2019;Urnille</sic><corr>d&#x2019;Urville</corr></choice>
</p>
        </div>
      </div>
    </back>
  </text>
</TEI>
[140/0140] negro, schwarzer Mestize”, also entweder ein Mischling zwischen Neger und Malaien, oder ein Mestize—unbestimmt gelassener Beimischung—mit schwarzer Hautfarbe. Ich habe auch diese Balugas gesehen, und glaube versichern zu können, dass sie entschiedene Mischlinge zwischen Tagalen und echten Negrito’s sind. Nicht alle von den Spaniern sogenannten Negrito’s sind dies wirklich (s. Schetelig, On the Natives of Formosa in Trans. Ethnogr. Society of London Vol. 7 pag. 12), und ich wiederhole, dass alle sogenannten glatthaarigen Neger der Philippinen entweder Malaien mit etwas dunklerer Hautfarbe, oder Mischlinge zwischen Malaien und echten Negrito’s sind. Wer sich über die Papuas und ihre weite Verbreitung über den hinterindischen Archipel genaue Kenntniss verschaffen will, findet leichte Befriedigung in dem trefflichen Buche von G. Windsor Earle “The Native Races of the Indian Archipelago. Papuans. London 1853”. Pritchard’s Werk ist in dieser Beziehung jedenfalls etwas veraltet. Dann muss ich mich auf das Entschiedenste dagegen erklären, die Bewohner Australien’s nach der Andeutung Prichards (Bd. 4 pag. 270) jetzt als Harafura’s oder Alfuru-Neger zu bezeichnen (Häckel l. c. p.). Einmal scheint Harafura oder Alfuru ein portugiesisches Wort zu sein, i. e. “freigelassener Sclave”. Mit diesem Namen bezeichneten die Portugiesen in Amboina die freien Stämme des Innern (G. Windsor Earle in Journ. East Ind. Archipl. Vol. IV. 1850 pag. 2). Selbst wenn er aber auch nicht portugiesischen, sondern östlichen Ursprungs sein sollte, so würde er keinenfalls auf die glatthaarigen Australier angewandt werden können, sondern höchstens auf die kraushaarigen—also zu den Papuas gehörigen—Neger in der Nähe der Molucken. Auch d’Urville beschreibt die Harfur’s vom Arfak-Gebirge in Neu-Guinea als kraushaarig. Durch die Naturforscher der verschiedenen Regierungs-Expeditionen sowohl, wie durch confuse Berichte anderer Seefahrer ist die Frage, was die Harafura’s eigentlich für ein Stamm sind, in eine so gründliche Confusion gebracht worden, dass man am Besten thut, den gordischen Knoten zu zerhauen, indem man den Namen einfach fallen lässt, oder ihn wenigstens so einschränkt, wie es neuerdings Bastian in der Karte zu seinem Buche “Ueber das Beständige in den Menschenracen, Berlin 1868” gethan hat. Dieser treffliche Ethnologe deutet ferner auch durch die dort gebrauchte Bezeichnung “Alfuru-Neger” und durch die Einordnung derselben in die Gruppe “Austral-Neger mit Papuas” an, dass ihm (l. c. pag. 271) beide Formen des Australnegers, die kraushaarige und die glatthaarige, sehr nahe mit einander verwandt zu sein scheinen. Eine so weitgehende Trennung der beiden Gruppen aber, wie sie Häckel vornimmt, wird durch keine aus dem physischen wie geistigen Zustande der dahin gehörigen Völker bekannte Thatsache gerechtfertigt werden können; und dies um so weniger, als man es hier ebensowenig, wie irgendwo sonst, mit ethnologisch reinen, von Beimischungen freigebliebenen Racen zu thun hat. Anmerkung 3. Es ist hiernach nicht mehr ganz richtig, wenn d’Urville

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/140
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/140>, abgerufen am 19.04.2024.