Hospital Beaujou, wo gar kein Unterricht ertheilt wird, 16 %. Die brittischen Gebärhäuser weisen geringere, die deutschen ein ähnliches, die scandinavischen Gebärhäuser ein höheres Mortalitätsprocent aus, und zwar ohne Unterschied, ob Aerzte oder Hebammen unterrichtet werden, wie wir im statistischen Theile nachzuweisen versuchten.
Bedenkt man ferner, dass die Wiener Klinik für Aerzte nicht blos die lethalen Puerperalprocesse, sondern auch die acuten Leiden, wie: Eclampsie, Pneumonie, Meningitis, Apo- plexie etc., die zum Studium für Männer von Wichtigkeit sind, ausweiset, dass unbedingt alle Ankömmlinge, auch die aus dem Krankenhause entlassenen siechen Schwangern aufgenommen werden müssen, dass die Zahl der Aufnahmstage um 52 bis 70 jährlich hier höher ist als an der Hebammenschule, wäh- rend alle verunglückten Geburtsfälle der Residenz und Um- gebung aus der ärmsten Volksclasse den Gratisabtheilungen zugeschoben werden, dass Transferirungen von Puerperalfie- berkranken in der Regel nicht stattfinden, dass im Winterse- mester, der Zeit der Epidemien, die I. Gebärklinik monatlich oft um 100--200 Geburtsfälle mehr aufnehmen musste als die II. Klinik, während im Sommer, der Zeit des besseren Ge- sundheitszustandes, aber beide Kliniken dieselben, die Klinik der Aerzte ja zuweilen sogar noch geringere Ziffern der Ge- burtsfälle in den monatlichen Rapporten ausweiset als die Heb- ammenschule, wie aus Tabelle Nr. XVII. zu ersehen ist, dass gefährlich verlaufende Geburtsfälle behufs eines erfolgreichen Unterrichtes für Doctoren auf die I. Gebärklinik nach Mög- lichkeit gezogen wurden und werden, dass keine spontane Ventilation beim Oeffnen der Thüren, wegen der Bauverhält- nisse an der Klinik für Aerzte stattfindet, dass diese Abthei- lung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des jährlich über 20,000 Patienten verpflegenden Krankenhauses gränzte, so lässt sich daraus an der Schule für Aerzte ganz ungezwungen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der Mortalitätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises
Hospital Beaujou, wo gar kein Unterricht ertheilt wird, 16 %. Die brittischen Gebärhäuser weisen geringere, die deutschen ein ähnliches, die scandinavischen Gebärhäuser ein höheres Mortalitätsprocent aus, und zwar ohne Unterschied, ob Aerzte oder Hebammen unterrichtet werden, wie wir im statistischen Theile nachzuweisen versuchten.
Bedenkt man ferner, dass die Wiener Klinik für Aerzte nicht blos die lethalen Puerperalprocesse, sondern auch die acuten Leiden, wie: Eclampsie, Pneumonie, Meningitis, Apo- plexie etc., die zum Studium für Männer von Wichtigkeit sind, ausweiset, dass unbedingt alle Ankömmlinge, auch die aus dem Krankenhause entlassenen siechen Schwangern aufgenommen werden müssen, dass die Zahl der Aufnahmstage um 52 bis 70 jährlich hier höher ist als an der Hebammenschule, wäh- rend alle verunglückten Geburtsfälle der Residenz und Um- gebung aus der ärmsten Volksclasse den Gratisabtheilungen zugeschoben werden, dass Transferirungen von Puerperalfie- berkranken in der Regel nicht stattfinden, dass im Winterse- mester, der Zeit der Epidemien, die I. Gebärklinik monatlich oft um 100—200 Geburtsfälle mehr aufnehmen musste als die II. Klinik, während im Sommer, der Zeit des besseren Ge- sundheitszustandes, aber beide Kliniken dieselben, die Klinik der Aerzte ja zuweilen sogar noch geringere Ziffern der Ge- burtsfälle in den monatlichen Rapporten ausweiset als die Heb- ammenschule, wie aus Tabelle Nr. XVII. zu ersehen ist, dass gefährlich verlaufende Geburtsfälle behufs eines erfolgreichen Unterrichtes für Doctoren auf die I. Gebärklinik nach Mög- lichkeit gezogen wurden und werden, dass keine spontane Ventilation beim Oeffnen der Thüren, wegen der Bauverhält- nisse an der Klinik für Aerzte stattfindet, dass diese Abthei- lung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des jährlich über 20,000 Patienten verpflegenden Krankenhauses gränzte, so lässt sich daraus an der Schule für Aerzte ganz ungezwungen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der Mortalitätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0517"n="505"/>
Hospital Beaujou, wo gar kein Unterricht ertheilt wird, 16 %.<lb/>
Die brittischen Gebärhäuser weisen geringere, die deutschen<lb/>
ein ähnliches, die scandinavischen Gebärhäuser ein höheres<lb/>
Mortalitätsprocent aus, und zwar ohne Unterschied, ob Aerzte<lb/>
oder Hebammen unterrichtet werden, wie wir im statistischen<lb/>
Theile nachzuweisen versuchten.</p><lb/><p>Bedenkt man ferner, dass die Wiener Klinik für Aerzte<lb/>
nicht blos die lethalen Puerperalprocesse, sondern auch die<lb/>
acuten Leiden, wie: Eclampsie, Pneumonie, Meningitis, Apo-<lb/>
plexie etc., die zum Studium für Männer von Wichtigkeit sind,<lb/>
ausweiset, dass unbedingt alle Ankömmlinge, auch die aus dem<lb/>
Krankenhause entlassenen siechen Schwangern aufgenommen<lb/>
werden müssen, dass die Zahl der Aufnahmstage um 52 bis<lb/>
70 jährlich hier höher ist als an der Hebammenschule, wäh-<lb/>
rend alle verunglückten Geburtsfälle der Residenz und Um-<lb/>
gebung aus der ärmsten Volksclasse den Gratisabtheilungen<lb/>
zugeschoben werden, dass Transferirungen von Puerperalfie-<lb/>
berkranken in der Regel nicht stattfinden, dass im Winterse-<lb/>
mester, der Zeit der Epidemien, die I. Gebärklinik monatlich<lb/>
oft um 100—200 Geburtsfälle mehr aufnehmen musste als die<lb/>
II. Klinik, während im Sommer, der Zeit des besseren Ge-<lb/>
sundheitszustandes, aber beide Kliniken dieselben, die Klinik<lb/>
der Aerzte ja zuweilen sogar noch geringere Ziffern der Ge-<lb/>
burtsfälle in den monatlichen Rapporten ausweiset als die Heb-<lb/>
ammenschule, wie aus Tabelle Nr. XVII. zu ersehen ist, dass<lb/>
gefährlich verlaufende Geburtsfälle behufs eines erfolgreichen<lb/>
Unterrichtes für Doctoren auf die I. Gebärklinik nach Mög-<lb/>
lichkeit gezogen wurden und werden, dass keine spontane<lb/>
Ventilation beim Oeffnen der Thüren, wegen der Bauverhält-<lb/>
nisse an der Klinik für Aerzte stattfindet, dass diese Abthei-<lb/>
lung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des<lb/>
jährlich über 20,000 Patienten verpflegenden Krankenhauses<lb/>
gränzte, so lässt sich daraus an der Schule für Aerzte ganz<lb/>
ungezwungen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der<lb/>
Mortalitätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[505/0517]
Hospital Beaujou, wo gar kein Unterricht ertheilt wird, 16 %.
Die brittischen Gebärhäuser weisen geringere, die deutschen
ein ähnliches, die scandinavischen Gebärhäuser ein höheres
Mortalitätsprocent aus, und zwar ohne Unterschied, ob Aerzte
oder Hebammen unterrichtet werden, wie wir im statistischen
Theile nachzuweisen versuchten.
Bedenkt man ferner, dass die Wiener Klinik für Aerzte
nicht blos die lethalen Puerperalprocesse, sondern auch die
acuten Leiden, wie: Eclampsie, Pneumonie, Meningitis, Apo-
plexie etc., die zum Studium für Männer von Wichtigkeit sind,
ausweiset, dass unbedingt alle Ankömmlinge, auch die aus dem
Krankenhause entlassenen siechen Schwangern aufgenommen
werden müssen, dass die Zahl der Aufnahmstage um 52 bis
70 jährlich hier höher ist als an der Hebammenschule, wäh-
rend alle verunglückten Geburtsfälle der Residenz und Um-
gebung aus der ärmsten Volksclasse den Gratisabtheilungen
zugeschoben werden, dass Transferirungen von Puerperalfie-
berkranken in der Regel nicht stattfinden, dass im Winterse-
mester, der Zeit der Epidemien, die I. Gebärklinik monatlich
oft um 100—200 Geburtsfälle mehr aufnehmen musste als die
II. Klinik, während im Sommer, der Zeit des besseren Ge-
sundheitszustandes, aber beide Kliniken dieselben, die Klinik
der Aerzte ja zuweilen sogar noch geringere Ziffern der Ge-
burtsfälle in den monatlichen Rapporten ausweiset als die Heb-
ammenschule, wie aus Tabelle Nr. XVII. zu ersehen ist, dass
gefährlich verlaufende Geburtsfälle behufs eines erfolgreichen
Unterrichtes für Doctoren auf die I. Gebärklinik nach Mög-
lichkeit gezogen wurden und werden, dass keine spontane
Ventilation beim Oeffnen der Thüren, wegen der Bauverhält-
nisse an der Klinik für Aerzte stattfindet, dass diese Abthei-
lung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des
jährlich über 20,000 Patienten verpflegenden Krankenhauses
gränzte, so lässt sich daraus an der Schule für Aerzte ganz
ungezwungen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der
Mortalitätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/517>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.