sich zu sagen, die Gassengeburten erkrankten nicht häufiger als diejenigen, welche Monate lang vor der Entbindung im Gebärhause zubrachten; die Gassengeburten erleiden meistens Frühgeburten, worauf ohnediess auch bei den im Gebärhause Verpflegten viel seltener Puerperalprocesse zu folgen pflegen. Gassengeburten erleiden meistens Frühgeburten ist aequale, in Wien weiset der Wintersemester niemals so günstige Re- sultate wie der Sommersemester aus, ausgenommen C. Braun versteht unter Frühgeburten die wirklichen Gassengeburten, welche, wenn eine halbe Stunde später eingetreten, im Gebär- hause vor sich gegangen wären.
Ueber Gassengeburten siehe Seite 43, Zeile 5 von unten und Seite 69, Zeile 12 von unten.
Ueber Frühgeburten siehe Seite 46, Seite 18 und Seite 70, Zeile 3.
Auch das Argument, welches wir zur Begründung unse- rer Lehre den Gassengeburten entnommen, hat Carl Braun nicht erschüttert.
g) Muthmasslich kommen in allen Gebäranstalten, in wel- chen Hebammen unterrichtet werden, und wo eine cadaveröse Infection nicht leicht möglich ist, weniger Sterbefälle vor als in jenen, in welchen Aerzte unterrichtet werden.
Ad g) erwiedert Carl Braun: "Auch die Frage, ob denn wirklich die ausgedehnteste Gebäranstalt in der Welt, in wel- cher 223,868 Wöchnerinnen sammt ihren Kindern bis jetzt eine ganz unentgeldliche Versorgung vom Staate genossen ha- ben, an einer ganz ungewöhnlichen Sterblichkeit der Wöch- nerinnen leide, müssen wir verneinend beantworten.
An der Wiener Gratisabtheilung, welche wegen Puerpe- ralfieber-Epidemien niemals geschlossen wurde, wie es sonst in allen angeführten fremden Gebärhäusern durch Monate lang öfters geschah; beträgt das Mortalitätsprocent im Durch- schnitte 3,3 (an der Schule für Aerzte 5,9, an der Schule für Hebammen 3,2), zu Paris in der Maternite, wo keinem Stu- direnden der Zutritt erlaubt ist, 4,1, in Dubois' Klinik 5,6, im
sich zu sagen, die Gassengeburten erkrankten nicht häufiger als diejenigen, welche Monate lang vor der Entbindung im Gebärhause zubrachten; die Gassengeburten erleiden meistens Frühgeburten, worauf ohnediess auch bei den im Gebärhause Verpflegten viel seltener Puerperalprocesse zu folgen pflegen. Gassengeburten erleiden meistens Frühgeburten ist aequale, in Wien weiset der Wintersemester niemals so günstige Re- sultate wie der Sommersemester aus, ausgenommen C. Braun versteht unter Frühgeburten die wirklichen Gassengeburten, welche, wenn eine halbe Stunde später eingetreten, im Gebär- hause vor sich gegangen wären.
Ueber Gassengeburten siehe Seite 43, Zeile 5 von unten und Seite 69, Zeile 12 von unten.
Ueber Frühgeburten siehe Seite 46, Seite 18 und Seite 70, Zeile 3.
Auch das Argument, welches wir zur Begründung unse- rer Lehre den Gassengeburten entnommen, hat Carl Braun nicht erschüttert.
g) Muthmasslich kommen in allen Gebäranstalten, in wel- chen Hebammen unterrichtet werden, und wo eine cadaveröse Infection nicht leicht möglich ist, weniger Sterbefälle vor als in jenen, in welchen Aerzte unterrichtet werden.
Ad g) erwiedert Carl Braun: »Auch die Frage, ob denn wirklich die ausgedehnteste Gebäranstalt in der Welt, in wel- cher 223,868 Wöchnerinnen sammt ihren Kindern bis jetzt eine ganz unentgeldliche Versorgung vom Staate genossen ha- ben, an einer ganz ungewöhnlichen Sterblichkeit der Wöch- nerinnen leide, müssen wir verneinend beantworten.
An der Wiener Gratisabtheilung, welche wegen Puerpe- ralfieber-Epidemien niemals geschlossen wurde, wie es sonst in allen angeführten fremden Gebärhäusern durch Monate lang öfters geschah; beträgt das Mortalitätsprocent im Durch- schnitte 3,3 (an der Schule für Aerzte 5,9, an der Schule für Hebammen 3,2), zu Paris in der Maternité, wo keinem Stu- direnden der Zutritt erlaubt ist, 4,1, in Dubois’ Klinik 5,6, im
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[504/0516]
sich zu sagen, die Gassengeburten erkrankten nicht häufiger
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Gebärhause zubrachten; die Gassengeburten erleiden meistens
Frühgeburten, worauf ohnediess auch bei den im Gebärhause
Verpflegten viel seltener Puerperalprocesse zu folgen pflegen.
Gassengeburten erleiden meistens Frühgeburten ist aequale,
in Wien weiset der Wintersemester niemals so günstige Re-
sultate wie der Sommersemester aus, ausgenommen C. Braun
versteht unter Frühgeburten die wirklichen Gassengeburten,
welche, wenn eine halbe Stunde später eingetreten, im Gebär-
hause vor sich gegangen wären.
Ueber Gassengeburten siehe Seite 43, Zeile 5 von unten
und Seite 69, Zeile 12 von unten.
Ueber Frühgeburten siehe Seite 46, Seite 18 und Seite 70,
Zeile 3.
Auch das Argument, welches wir zur Begründung unse-
rer Lehre den Gassengeburten entnommen, hat Carl Braun
nicht erschüttert.
g) Muthmasslich kommen in allen Gebäranstalten, in wel-
chen Hebammen unterrichtet werden, und wo eine cadaveröse
Infection nicht leicht möglich ist, weniger Sterbefälle vor als
in jenen, in welchen Aerzte unterrichtet werden.
Ad g) erwiedert Carl Braun: »Auch die Frage, ob denn
wirklich die ausgedehnteste Gebäranstalt in der Welt, in wel-
cher 223,868 Wöchnerinnen sammt ihren Kindern bis jetzt
eine ganz unentgeldliche Versorgung vom Staate genossen ha-
ben, an einer ganz ungewöhnlichen Sterblichkeit der Wöch-
nerinnen leide, müssen wir verneinend beantworten.
An der Wiener Gratisabtheilung, welche wegen Puerpe-
ralfieber-Epidemien niemals geschlossen wurde, wie es sonst in
allen angeführten fremden Gebärhäusern durch Monate lang
öfters geschah; beträgt das Mortalitätsprocent im Durch-
schnitte 3,3 (an der Schule für Aerzte 5,9, an der Schule für
Hebammen 3,2), zu Paris in der Maternité, wo keinem Stu-
direnden der Zutritt erlaubt ist, 4,1, in Dubois’ Klinik 5,6, im
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/516>, abgerufen am 22.11.2024.
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