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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Bei dieser Discussion sprachen sich allerdings Lumpe und
Zipfl gegen mich aus, aber Chiari, Arneth, Helm und Hayne
bekannten sich zu meiner Ueberzeugung, und Dr. Herzfelder,
erster Secretär dieser Gesellschaft, sagt in seinem Berichte
über die Leistungen der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien
während des Jahres 1850 Folgendes:

"Angelangt bei der allgemeinen Pathologie, begegnen wir
hier vor Allem der, wie es scheint, auch praktisch gelungenen
Lösung einer der grössten Aufgaben in der Medicin, es ist
dies die Entstehungsursache der bisher so verheerend gewe-
senen Puerperal-Epidemien durch Dr. Semmelweis; seiner
Ansicht nach wird das Wochenbettfieber nur durch die Auf-
saugung fauler organischer Stoffe in das Blut der Mutter
erzeugt, und diese Stoffe, ohne deren Selbstentwicklung im
eigenen Körper von Placenta-Resten und anderen Bedingungen
her völlig zu läugnen, von aussen, und zwar zum grössten
Theile von in Zersetzung begriffenen Leichen her, in den
mütterlichen Organismus durch die Geburtshelfer selbst ein-
geführt, weswegen Dr. Semmelweis den Letzteren die fleissige
Waschung vor jeder Entbindung mit Chlorkalklösungen an-
geordnet hat, und hiedurch so glücklich war, die weitere
Entwicklung stärkerer Epidemien bisher hintanzuhalten. Gegen
die so gegebene Entstehungsweise der Krankheit fanden sich
kräftige und ehrenwerthe Gegner in den Doctoren Zipfl und
Lumpe, welche aus statistischen Daten mehr den miasmatischen
Ursprung des Uebels vindicirt wissen wollten, in den Aufklä-
rungen jedoch des Dr. Semmelweis ebenso wie die Doctoren
Scanzoni und Seyfert zu Prag eine hinreichende Widerlegung
fanden, so dass die in bezeichneter Weise aufgefasste Krank-
heitsidee, welche auch an den Doctoren Arneth, Chiari und
dem provis. Director Helm, sowie vom thierärztlichen Stand-
punkte aus in Prof. Hayne ihre wärmsten Vertheidiger fand,
als wahrer Triumph medicinischer Forschung angesehen wer-
den kann."

Wenn Scanzoni diesen Verhandlungen weiter nichts ent-

Bei dieser Discussion sprachen sich allerdings Lumpe und
Zipfl gegen mich aus, aber Chiari, Arneth, Helm und Hayne
bekannten sich zu meiner Ueberzeugung, und Dr. Herzfelder,
erster Secretär dieser Gesellschaft, sagt in seinem Berichte
über die Leistungen der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien
während des Jahres 1850 Folgendes:

»Angelangt bei der allgemeinen Pathologie, begegnen wir
hier vor Allem der, wie es scheint, auch praktisch gelungenen
Lösung einer der grössten Aufgaben in der Medicin, es ist
dies die Entstehungsursache der bisher so verheerend gewe-
senen Puerperal-Epidemien durch Dr. Semmelweis; seiner
Ansicht nach wird das Wochenbettfieber nur durch die Auf-
saugung fauler organischer Stoffe in das Blut der Mutter
erzeugt, und diese Stoffe, ohne deren Selbstentwicklung im
eigenen Körper von Placenta-Resten und anderen Bedingungen
her völlig zu läugnen, von aussen, und zwar zum grössten
Theile von in Zersetzung begriffenen Leichen her, in den
mütterlichen Organismus durch die Geburtshelfer selbst ein-
geführt, weswegen Dr. Semmelweis den Letzteren die fleissige
Waschung vor jeder Entbindung mit Chlorkalklösungen an-
geordnet hat, und hiedurch so glücklich war, die weitere
Entwicklung stärkerer Epidemien bisher hintanzuhalten. Gegen
die so gegebene Entstehungsweise der Krankheit fanden sich
kräftige und ehrenwerthe Gegner in den Doctoren Zipfl und
Lumpe, welche aus statistischen Daten mehr den miasmatischen
Ursprung des Uebels vindicirt wissen wollten, in den Aufklä-
rungen jedoch des Dr. Semmelweis ebenso wie die Doctoren
Scanzoni und Seyfert zu Prag eine hinreichende Widerlegung
fanden, so dass die in bezeichneter Weise aufgefasste Krank-
heitsidee, welche auch an den Doctoren Arneth, Chiari und
dem provis. Director Helm, sowie vom thierärztlichen Stand-
punkte aus in Prof. Hayne ihre wärmsten Vertheidiger fand,
als wahrer Triumph medicinischer Forschung angesehen wer-
den kann.«

Wenn Scanzoni diesen Verhandlungen weiter nichts ent-

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[398/0410] Bei dieser Discussion sprachen sich allerdings Lumpe und Zipfl gegen mich aus, aber Chiari, Arneth, Helm und Hayne bekannten sich zu meiner Ueberzeugung, und Dr. Herzfelder, erster Secretär dieser Gesellschaft, sagt in seinem Berichte über die Leistungen der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien während des Jahres 1850 Folgendes: »Angelangt bei der allgemeinen Pathologie, begegnen wir hier vor Allem der, wie es scheint, auch praktisch gelungenen Lösung einer der grössten Aufgaben in der Medicin, es ist dies die Entstehungsursache der bisher so verheerend gewe- senen Puerperal-Epidemien durch Dr. Semmelweis; seiner Ansicht nach wird das Wochenbettfieber nur durch die Auf- saugung fauler organischer Stoffe in das Blut der Mutter erzeugt, und diese Stoffe, ohne deren Selbstentwicklung im eigenen Körper von Placenta-Resten und anderen Bedingungen her völlig zu läugnen, von aussen, und zwar zum grössten Theile von in Zersetzung begriffenen Leichen her, in den mütterlichen Organismus durch die Geburtshelfer selbst ein- geführt, weswegen Dr. Semmelweis den Letzteren die fleissige Waschung vor jeder Entbindung mit Chlorkalklösungen an- geordnet hat, und hiedurch so glücklich war, die weitere Entwicklung stärkerer Epidemien bisher hintanzuhalten. Gegen die so gegebene Entstehungsweise der Krankheit fanden sich kräftige und ehrenwerthe Gegner in den Doctoren Zipfl und Lumpe, welche aus statistischen Daten mehr den miasmatischen Ursprung des Uebels vindicirt wissen wollten, in den Aufklä- rungen jedoch des Dr. Semmelweis ebenso wie die Doctoren Scanzoni und Seyfert zu Prag eine hinreichende Widerlegung fanden, so dass die in bezeichneter Weise aufgefasste Krank- heitsidee, welche auch an den Doctoren Arneth, Chiari und dem provis. Director Helm, sowie vom thierärztlichen Stand- punkte aus in Prof. Hayne ihre wärmsten Vertheidiger fand, als wahrer Triumph medicinischer Forschung angesehen wer- den kann.« Wenn Scanzoni diesen Verhandlungen weiter nichts ent-

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/410>, abgerufen am 24.11.2024.