der Massnahme zur Verhütung des Kindbettfiebers massge- bend war.
Darauf erhielt ich folgende Antwort:
Kopenhagen, 21. September 1858.
"Vorgestern erhielt ich Ihr werthes Schreiben vom 16. d. M., und Ihre dringliche Zumuthung macht es mir zur Pflicht, die Beantwortung schon heute folgen zu lassen.
Erstens muss ich aber referiren, dass ich kein Schreiben von Ihnen als Antwort auf mein Schreiben vom Mai d. J. erhalten habe, so dass ich erst durch Ihren vorgestrigen Brief erfahre, dass mein Schreiben richtig empfangen worden ist. Mit diesem Bewusstsein muss ich aber gestehen, dass es mir nicht recht klar ist, wie Sie die Frage mir jetzt stellen können, "ob in Folge Ihrer Ansicht über die Genese des Puerperal- fiebers die Veränderungen im Gebärhause zu Kopenhagen getroffen worden sind, und mit welchem Erfolge." Ihre An- sicht über die Genese des Puerperalfiebers hauptsächlich durch Leicheninfection würde, selbst wenn sie uns damals bekannt gewesen wäre, auf den Umbau und die hygienische Reorgani- sation unserer Gebäranstalt keinen Einfluss gehabt haben können, wie ich überhaupt nicht einsehe, welchen Einfluss sie auf die Einrichtung irgend einer Anstalt haben könnte.
Als Vorsichtsmassregel mag es in die Geschäftsord- nung der Anstalt angenommen sein, dass man sich vor Ueber- tragung cadaverischer Stoffe auf Gebärende durch die Explo- ration recht hüte; aber auf weitere Einrichtungen der Anstalt kann ich keinen Einfluss davon fassen.
Wie ich selbst Ihre Ansicht aufgefasst habe, glaube ich deutlich genug ausgesprochen zu haben. Und haben Sie mei- nem Schreiben Aufmerksamkeit genug geschenkt, werden Sie sich erinnern, dass wir aus Achtung vor contagionistischen Scrupulositäten schon lange, bevor Ihre Ansichten zum Vor- schein kamen, uns vor Puerperal-Leicheninfection zu schützen gesucht haben.
Dass wir später aus Achtung vor Ihrer Ansicht auch in
der Massnahme zur Verhütung des Kindbettfiebers massge- bend war.
Darauf erhielt ich folgende Antwort:
Kopenhagen, 21. September 1858.
»Vorgestern erhielt ich Ihr werthes Schreiben vom 16. d. M., und Ihre dringliche Zumuthung macht es mir zur Pflicht, die Beantwortung schon heute folgen zu lassen.
Erstens muss ich aber referiren, dass ich kein Schreiben von Ihnen als Antwort auf mein Schreiben vom Mai d. J. erhalten habe, so dass ich erst durch Ihren vorgestrigen Brief erfahre, dass mein Schreiben richtig empfangen worden ist. Mit diesem Bewusstsein muss ich aber gestehen, dass es mir nicht recht klar ist, wie Sie die Frage mir jetzt stellen können, »ob in Folge Ihrer Ansicht über die Genese des Puerperal- fiebers die Veränderungen im Gebärhause zu Kopenhagen getroffen worden sind, und mit welchem Erfolge.« Ihre An- sicht über die Genese des Puerperalfiebers hauptsächlich durch Leicheninfection würde, selbst wenn sie uns damals bekannt gewesen wäre, auf den Umbau und die hygienische Reorgani- sation unserer Gebäranstalt keinen Einfluss gehabt haben können, wie ich überhaupt nicht einsehe, welchen Einfluss sie auf die Einrichtung irgend einer Anstalt haben könnte.
Als Vorsichtsmassregel mag es in die Geschäftsord- nung der Anstalt angenommen sein, dass man sich vor Ueber- tragung cadaverischer Stoffe auf Gebärende durch die Explo- ration recht hüte; aber auf weitere Einrichtungen der Anstalt kann ich keinen Einfluss davon fassen.
Wie ich selbst Ihre Ansicht aufgefasst habe, glaube ich deutlich genug ausgesprochen zu haben. Und haben Sie mei- nem Schreiben Aufmerksamkeit genug geschenkt, werden Sie sich erinnern, dass wir aus Achtung vor contagionistischen Scrupulositäten schon lange, bevor Ihre Ansichten zum Vor- schein kamen, uns vor Puerperal-Leicheninfection zu schützen gesucht haben.
Dass wir später aus Achtung vor Ihrer Ansicht auch in
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[308/0320]
der Massnahme zur Verhütung des Kindbettfiebers massge-
bend war.
Darauf erhielt ich folgende Antwort:
Kopenhagen, 21. September 1858.
»Vorgestern erhielt ich Ihr werthes Schreiben vom
16. d. M., und Ihre dringliche Zumuthung macht es mir zur
Pflicht, die Beantwortung schon heute folgen zu lassen.
Erstens muss ich aber referiren, dass ich kein Schreiben
von Ihnen als Antwort auf mein Schreiben vom Mai d. J.
erhalten habe, so dass ich erst durch Ihren vorgestrigen Brief
erfahre, dass mein Schreiben richtig empfangen worden ist.
Mit diesem Bewusstsein muss ich aber gestehen, dass es mir
nicht recht klar ist, wie Sie die Frage mir jetzt stellen können,
»ob in Folge Ihrer Ansicht über die Genese des Puerperal-
fiebers die Veränderungen im Gebärhause zu Kopenhagen
getroffen worden sind, und mit welchem Erfolge.« Ihre An-
sicht über die Genese des Puerperalfiebers hauptsächlich durch
Leicheninfection würde, selbst wenn sie uns damals bekannt
gewesen wäre, auf den Umbau und die hygienische Reorgani-
sation unserer Gebäranstalt keinen Einfluss gehabt haben
können, wie ich überhaupt nicht einsehe, welchen Einfluss sie
auf die Einrichtung irgend einer Anstalt haben könnte.
Als Vorsichtsmassregel mag es in die Geschäftsord-
nung der Anstalt angenommen sein, dass man sich vor Ueber-
tragung cadaverischer Stoffe auf Gebärende durch die Explo-
ration recht hüte; aber auf weitere Einrichtungen der Anstalt
kann ich keinen Einfluss davon fassen.
Wie ich selbst Ihre Ansicht aufgefasst habe, glaube ich
deutlich genug ausgesprochen zu haben. Und haben Sie mei-
nem Schreiben Aufmerksamkeit genug geschenkt, werden
Sie sich erinnern, dass wir aus Achtung vor contagionistischen
Scrupulositäten schon lange, bevor Ihre Ansichten zum Vor-
schein kamen, uns vor Puerperal-Leicheninfection zu schützen
gesucht haben.
Dass wir später aus Achtung vor Ihrer Ansicht auch in
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/320>, abgerufen am 22.11.2024.
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