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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Beziehung auf nichtpuerperale Sectionen vorsichtiger als
früher geworden sind, mag sein, diese werden dennoch aber
von uns selbst vorgenommen, während wir zu Sectionen von
am Puerperalfieber Verstorbenen uns fremder Hilfe bedienen.

Welchen Antheil solche Vorsichtsmassregeln an dem
verbesserten Gesundheitszustande der Anstalt gehabt haben
mögen, lässt sich ja gar nicht berechaen, wenn zur selben Zeit
höchst wichtige Veränderungen in baulicher und administra-
tiver Richtung vorgenommen worden sind.

Welcher Unparteiische erinnert sich nicht bei Lesung
dieses Briefes an Prof. Dietl, welcher sagt: "Im Ganzen hört
man jetzt wohl weniger von diesen verheerenden Puerperal-
epidemien, vielleicht liegt die Ursache in Beobachtung jener
Einrichtungen, die sich auf Ihre Erfahrungen basiren, ohne
dass man es sich selbst und der Oeffentlichkeit gegenüber
eingestehen will."

Wenn Professor Levy sagt, dass es sich gar nicht berech-
nen lasse, welchen Antheil an dem verbesserten Gesundheits-
zustande diese Vorsichtsmassregeln gehabt haben, weil gleich-
zeitig höchst wichtige bauliche und administrative Verände-
rungen vorgenommen wurden, so ist doch gewiss, dass durch
bauliche und administrative Veränderungen des Kopenhagener
Gebärhauses die atmosphärisch-cosmisch-tellurischen Verhält-
nisse der Stadt Kopenhagen nicht geändert wurden, dass
daher die frühere grosse Sterblichkeit der Wöchnerinnen im
Kopenhagener Gebärhause nicht durch atmosphärische Ein-
flüsse bedingt war, das heisst, dass es keine Epidemie war.

Und wenn in Folge von Massregeln, welche bezwecken,
den Individuen von Aussen keine zersetzten Stoffe einzubringen,
der Gesundheitszustand eines Gebärhauses sich bessert, so ist
das ein Beweis für die Richtigkeit meiner Lehre über die
Entstehung und Verhütung des Kindbettfiebers.


Beziehung auf nichtpuerperale Sectionen vorsichtiger als
früher geworden sind, mag sein, diese werden dennoch aber
von uns selbst vorgenommen, während wir zu Sectionen von
am Puerperalfieber Verstorbenen uns fremder Hilfe bedienen.

Welchen Antheil solche Vorsichtsmassregeln an dem
verbesserten Gesundheitszustande der Anstalt gehabt haben
mögen, lässt sich ja gar nicht berechaen, wenn zur selben Zeit
höchst wichtige Veränderungen in baulicher und administra-
tiver Richtung vorgenommen worden sind.

Welcher Unparteiische erinnert sich nicht bei Lesung
dieses Briefes an Prof. Dietl, welcher sagt: »Im Ganzen hört
man jetzt wohl weniger von diesen verheerenden Puerperal-
epidemien, vielleicht liegt die Ursache in Beobachtung jener
Einrichtungen, die sich auf Ihre Erfahrungen basiren, ohne
dass man es sich selbst und der Oeffentlichkeit gegenüber
eingestehen will.«

Wenn Professor Levy sagt, dass es sich gar nicht berech-
nen lasse, welchen Antheil an dem verbesserten Gesundheits-
zustande diese Vorsichtsmassregeln gehabt haben, weil gleich-
zeitig höchst wichtige bauliche und administrative Verände-
rungen vorgenommen wurden, so ist doch gewiss, dass durch
bauliche und administrative Veränderungen des Kopenhagener
Gebärhauses die atmosphärisch-cosmisch-tellurischen Verhält-
nisse der Stadt Kopenhagen nicht geändert wurden, dass
daher die frühere grosse Sterblichkeit der Wöchnerinnen im
Kopenhagener Gebärhause nicht durch atmosphärische Ein-
flüsse bedingt war, das heisst, dass es keine Epidemie war.

Und wenn in Folge von Massregeln, welche bezwecken,
den Individuen von Aussen keine zersetzten Stoffe einzubringen,
der Gesundheitszustand eines Gebärhauses sich bessert, so ist
das ein Beweis für die Richtigkeit meiner Lehre über die
Entstehung und Verhütung des Kindbettfiebers.


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[309/0321] Beziehung auf nichtpuerperale Sectionen vorsichtiger als früher geworden sind, mag sein, diese werden dennoch aber von uns selbst vorgenommen, während wir zu Sectionen von am Puerperalfieber Verstorbenen uns fremder Hilfe bedienen. Welchen Antheil solche Vorsichtsmassregeln an dem verbesserten Gesundheitszustande der Anstalt gehabt haben mögen, lässt sich ja gar nicht berechaen, wenn zur selben Zeit höchst wichtige Veränderungen in baulicher und administra- tiver Richtung vorgenommen worden sind. Welcher Unparteiische erinnert sich nicht bei Lesung dieses Briefes an Prof. Dietl, welcher sagt: »Im Ganzen hört man jetzt wohl weniger von diesen verheerenden Puerperal- epidemien, vielleicht liegt die Ursache in Beobachtung jener Einrichtungen, die sich auf Ihre Erfahrungen basiren, ohne dass man es sich selbst und der Oeffentlichkeit gegenüber eingestehen will.« Wenn Professor Levy sagt, dass es sich gar nicht berech- nen lasse, welchen Antheil an dem verbesserten Gesundheits- zustande diese Vorsichtsmassregeln gehabt haben, weil gleich- zeitig höchst wichtige bauliche und administrative Verände- rungen vorgenommen wurden, so ist doch gewiss, dass durch bauliche und administrative Veränderungen des Kopenhagener Gebärhauses die atmosphärisch-cosmisch-tellurischen Verhält- nisse der Stadt Kopenhagen nicht geändert wurden, dass daher die frühere grosse Sterblichkeit der Wöchnerinnen im Kopenhagener Gebärhause nicht durch atmosphärische Ein- flüsse bedingt war, das heisst, dass es keine Epidemie war. Und wenn in Folge von Massregeln, welche bezwecken, den Individuen von Aussen keine zersetzten Stoffe einzubringen, der Gesundheitszustand eines Gebärhauses sich bessert, so ist das ein Beweis für die Richtigkeit meiner Lehre über die Entstehung und Verhütung des Kindbettfiebers.

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/321>, abgerufen am 22.11.2024.