pse_077.001 Menschlichen wird der symbolische Gehalt greifbar. Man pse_077.002 könnte von einem metaphorischen Symbol sprechen. Einen pse_077.003 Schritt weiter führen uns die Gestalten Vergils und Beatricens pse_077.004 in Dantes "Divina Commedia". Während Vergil noch als pse_077.005 menschliche Gestalt allein wirksam bleibt, ohne daß unbedingt pse_077.006 die menschliche Vernunft als tieferer Sinn miterlebt pse_077.007 werden muß, wirkt Beatrice etwas blaß, wenn nicht ihr pse_077.008 tieferer Sinn, die göttliche Liebe etwa, zugleich auch lebendig pse_077.009 wird. Hier weisen eben bestimmte Züge der Symbolgestalt pse_077.010 deutlich auf den tieferen Sinn, ohne den diese Züge leer pse_077.011 wären. Man spricht vom transzendenten Symbol. Wenn pse_077.012 solche Züge eines dichterischen Gebildes sich im Lauf der pse_077.013 Tradition fest ausgebildet haben, wenn sie also von vornherein pse_077.014 auf einen Sinn hinweisen, entsteht die Allegorie. Wir pse_077.015 finden sie vor allem im religiösen Spiel, so besonders bei pse_077.016 Calderon. Auch in Hofmannsthals "Jedermann" und "Welttheater" pse_077.017 treten sie auf. "Glaube", "Mammon", "Buhle" usw. pse_077.018 sind im Stück nur sinnvoll als personenhafter Hinweis auf pse_077.019 Glauben, Reichtum, Liebesleidenschaft usw. Je leerer diese pse_077.020 Gestalten als Menschen sind, desto nüchterner wird die pse_077.021 Allegorie. Aber große Dichter vermögen diesen allegorischen pse_077.022 Gestalten, die also ihren Sinn ausschließlich im Hinweis auf pse_077.023 etwas anderes haben, solches Leben zu geben, daß sie trotzdem pse_077.024 dichterisch sehr wertvoll sind, so vor allem Calderon, pse_077.025 Dante, Hofmannsthal, Goethe.
pse_077.026 Die Bedeutung der Symbolik im Gesamt eines dichterischen pse_077.027 Kunstwerks haben wir später zu betrachten.
pse_077.028 All das, was wir über das Merkmal der Verwesentlichung pse_077.029 gesagt haben, also über das Hinausgreifen der Dichtung über pse_077.030 den bloßen Wirklichkeitszusammenhang, ermöglicht ein pse_077.031 erstes Mal, Andeutungen von Wertunterschieden innerhalb pse_077.032 des Bereiches der Dichtkunst zu machen. Denn zweifellos -- pse_077.033 ein Ergebnis innerer Erfahrung -- sind Dichtungen um so pse_077.034 wertvoller, je enthüllender sie sind und je tiefer sie uns in die pse_077.035 ewigen Geheimnisse blicken lassen. Das hat mit ihrem Umfang pse_077.036 kaum etwas zu tun, wohl aber mit ihrer künstlerischen pse_077.037 Gestaltung, wie wir später immer wieder erkennen werden.
pse_077.001 Menschlichen wird der symbolische Gehalt greifbar. Man pse_077.002 könnte von einem metaphorischen Symbol sprechen. Einen pse_077.003 Schritt weiter führen uns die Gestalten Vergils und Beatricens pse_077.004 in Dantes »Divina Commedia«. Während Vergil noch als pse_077.005 menschliche Gestalt allein wirksam bleibt, ohne daß unbedingt pse_077.006 die menschliche Vernunft als tieferer Sinn miterlebt pse_077.007 werden muß, wirkt Beatrice etwas blaß, wenn nicht ihr pse_077.008 tieferer Sinn, die göttliche Liebe etwa, zugleich auch lebendig pse_077.009 wird. Hier weisen eben bestimmte Züge der Symbolgestalt pse_077.010 deutlich auf den tieferen Sinn, ohne den diese Züge leer pse_077.011 wären. Man spricht vom transzendenten Symbol. Wenn pse_077.012 solche Züge eines dichterischen Gebildes sich im Lauf der pse_077.013 Tradition fest ausgebildet haben, wenn sie also von vornherein pse_077.014 auf einen Sinn hinweisen, entsteht die Allegorie. Wir pse_077.015 finden sie vor allem im religiösen Spiel, so besonders bei pse_077.016 Calderón. Auch in Hofmannsthals »Jedermann« und »Welttheater« pse_077.017 treten sie auf. »Glaube«, »Mammon«, »Buhle« usw. pse_077.018 sind im Stück nur sinnvoll als personenhafter Hinweis auf pse_077.019 Glauben, Reichtum, Liebesleidenschaft usw. Je leerer diese pse_077.020 Gestalten als Menschen sind, desto nüchterner wird die pse_077.021 Allegorie. Aber große Dichter vermögen diesen allegorischen pse_077.022 Gestalten, die also ihren Sinn ausschließlich im Hinweis auf pse_077.023 etwas anderes haben, solches Leben zu geben, daß sie trotzdem pse_077.024 dichterisch sehr wertvoll sind, so vor allem Calderón, pse_077.025 Dante, Hofmannsthal, Goethe.
pse_077.026 Die Bedeutung der Symbolik im Gesamt eines dichterischen pse_077.027 Kunstwerks haben wir später zu betrachten.
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menschliche Gestalt allein wirksam bleibt, ohne daß unbedingt pse_077.006
die menschliche Vernunft als tieferer Sinn miterlebt pse_077.007
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tieferer Sinn, die göttliche Liebe etwa, zugleich auch lebendig pse_077.009
wird. Hier weisen eben bestimmte Züge der Symbolgestalt pse_077.010
deutlich auf den tieferen Sinn, ohne den diese Züge leer pse_077.011
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solche Züge eines dichterischen Gebildes sich im Lauf der pse_077.013
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Kunstwerks haben wir später zu betrachten.
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/93>, abgerufen am 23.11.2024.
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