pse_642.001 den Komödien Nestroys und den Spielen Raimunds, pse_642.002 oder in feinere geistige Bereiche, in höhere Sphären gehoben pse_642.003 ist wie der Dorfrichter Adam, der Küchenjunge Leon oder pse_642.004 der Schwierige selbst. Die lustige Person stellt die enge Verbindung pse_642.005 zwischen Bühne und Publikum her, die darstellende pse_642.006 Art wird in ihr gerade dadurch oft betont, daß sie manchmal pse_642.007 aufgehoben wird: dann wenn die lustige Person zum Publikum pse_642.008 spricht und damit den in sich ablaufenden Vorgang pse_642.009 unterbricht. Auch das ist eine Art Auflösung des Scheins. Das pse_642.010 geht bis in die Gestalt Zangas in Grillparzers "Traum ein pse_642.011 Leben", der nach einer ausführlichen Schlachtschilderung, die pse_642.012 an sich schon aus Publikum gerichtet ist, sagt:
pse_642.013
Also sichs begeben hat;pse_642.014 Ich bin selbst das Zeitungsblatt,pse_642.015 Schwarz gekommen schon zur Erden,pse_642.016 Darf's nicht erst durch Lügen werden.
pse_642.017
Und trotzdem besteht in Stimmung und Funktion ein deutlicher pse_642.018 Unterschied zwischen der komischen Figur und dem pse_642.019 Lustigmacher. Die komische Figur verdichtet das Komische pse_642.020 in sich. Sie verkörpert gewisse menschliche Hemmungen und pse_642.021 Schwächen -- den Buckligen, den Geizigen --, sie verdichtet pse_642.022 sie zu Typen und verzerrt sie zu Karikaturen. So wird die pse_642.023 menschliche Unzulänglichkeit wie in jeder echten Komik pse_642.024 deutlich, irgend etwas bricht aus dem Erwarteten heraus. pse_642.025 Anders der Lustigmacher: in Gehaben, Maske und Kostüm pse_642.026 steht er über allen Dingen. Er strotzt von vollsaftiger Vitalität. pse_642.027 Die überschäumende Lebensfreude kann vom Burlesken pse_642.028 bis zum Grotesken gehen. Aber auch seine Wurzel ist die pse_642.029 Unbefriedigtheit mit dem Tatsächlichen, also Gespaltenheit pse_642.030 und Gespanntheit auch hier.
pse_642.031 Die Scheidung von Lustspiel und Komödie drängt sich pse_642.032 also auch so auf. Man kann scharf beide so unterscheiden: in pse_642.033 der Komödie wird die Komik der Unzulänglichkeit Gestalt, pse_642.034 im Lustspiel der Humor des weltüberlegenen Spiels.
pse_642.035 Die Grundlage der Komödie ist die Komik mit all ihren pse_642.036 Zügen, die wir früher betrachtet und vorhin gestreift haben: pse_642.037 die Unerwartetheit, der Widerspruch zum Üblichen, das pse_642.038 Heraustreten aus einer Ordnung, der plötzliche Fall des Anmaßenden,
pse_642.001 den Komödien Nestroys und den Spielen Raimunds, pse_642.002 oder in feinere geistige Bereiche, in höhere Sphären gehoben pse_642.003 ist wie der Dorfrichter Adam, der Küchenjunge Leon oder pse_642.004 der Schwierige selbst. Die lustige Person stellt die enge Verbindung pse_642.005 zwischen Bühne und Publikum her, die darstellende pse_642.006 Art wird in ihr gerade dadurch oft betont, daß sie manchmal pse_642.007 aufgehoben wird: dann wenn die lustige Person zum Publikum pse_642.008 spricht und damit den in sich ablaufenden Vorgang pse_642.009 unterbricht. Auch das ist eine Art Auflösung des Scheins. Das pse_642.010 geht bis in die Gestalt Zangas in Grillparzers »Traum ein pse_642.011 Leben«, der nach einer ausführlichen Schlachtschilderung, die pse_642.012 an sich schon aus Publikum gerichtet ist, sagt:
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Also sichs begeben hat;pse_642.014 Ich bin selbst das Zeitungsblatt,pse_642.015 Schwarz gekommen schon zur Erden,pse_642.016 Darf's nicht erst durch Lügen werden.
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Und trotzdem besteht in Stimmung und Funktion ein deutlicher pse_642.018 Unterschied zwischen der komischen Figur und dem pse_642.019 Lustigmacher. Die komische Figur verdichtet das Komische pse_642.020 in sich. Sie verkörpert gewisse menschliche Hemmungen und pse_642.021 Schwächen — den Buckligen, den Geizigen —, sie verdichtet pse_642.022 sie zu Typen und verzerrt sie zu Karikaturen. So wird die pse_642.023 menschliche Unzulänglichkeit wie in jeder echten Komik pse_642.024 deutlich, irgend etwas bricht aus dem Erwarteten heraus. pse_642.025 Anders der Lustigmacher: in Gehaben, Maske und Kostüm pse_642.026 steht er über allen Dingen. Er strotzt von vollsaftiger Vitalität. pse_642.027 Die überschäumende Lebensfreude kann vom Burlesken pse_642.028 bis zum Grotesken gehen. Aber auch seine Wurzel ist die pse_642.029 Unbefriedigtheit mit dem Tatsächlichen, also Gespaltenheit pse_642.030 und Gespanntheit auch hier.
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pse_642.035 Die Grundlage der Komödie ist die Komik mit all ihren pse_642.036 Zügen, die wir früher betrachtet und vorhin gestreift haben: pse_642.037 die Unerwartetheit, der Widerspruch zum Üblichen, das pse_642.038 Heraustreten aus einer Ordnung, der plötzliche Fall des Anmaßenden,
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der Schwierige selbst. Die lustige Person stellt die enge Verbindung pse_642.005
zwischen Bühne und Publikum her, die darstellende pse_642.006
Art wird in ihr gerade dadurch oft betont, daß sie manchmal pse_642.007
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geht bis in die Gestalt Zangas in Grillparzers »Traum ein pse_642.011
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an sich schon aus Publikum gerichtet ist, sagt:
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Und trotzdem besteht in Stimmung und Funktion ein deutlicher pse_642.018
Unterschied zwischen der komischen Figur und dem pse_642.019
Lustigmacher. Die komische Figur verdichtet das Komische pse_642.020
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Schwächen — den Buckligen, den Geizigen —, sie verdichtet pse_642.022
sie zu Typen und verzerrt sie zu Karikaturen. So wird die pse_642.023
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deutlich, irgend etwas bricht aus dem Erwarteten heraus. pse_642.025
Anders der Lustigmacher: in Gehaben, Maske und Kostüm pse_642.026
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Die überschäumende Lebensfreude kann vom Burlesken pse_642.028
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Unbefriedigtheit mit dem Tatsächlichen, also Gespaltenheit pse_642.030
und Gespanntheit auch hier.
pse_642.031
Die Scheidung von Lustspiel und Komödie drängt sich pse_642.032
also auch so auf. Man kann scharf beide so unterscheiden: in pse_642.033
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/658>, abgerufen am 27.11.2024.
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