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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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aber auch das Verhältnis des Menschen zu seinem Lebensraum pse_490.002
lebendig, damit auf diese Weise wieder ein Stück Menschen- pse_490.003
und Weltbild. Man hat bei Eichendorff zweierlei pse_490.004
Menschen unterschieden: die Stubenhocker sind die Pedanten pse_490.005
und Philister, der gesunde Mensch wandert ins Weite, und pse_490.006
wenn er einmal in eine Stube gebannt ist, reißt er die Fenster pse_490.007
auf. In Stifters "Condor" erlebt der Mensch in der Unheimlichkeit pse_490.008
des Weltallraums seine Kleinheit. Am Schluß des pse_490.009
"Hochwald" stellt Stifter eindringlich den Gegensatz zwischen pse_490.010
der Ewigkeit der Natur und der Vergänglichkeit der Menschen pse_490.011
heraus, im "Bergkristall" die Geborgenheit des einfachen pse_490.012
Menschen in der gewaltigen Größe der Bergwelt. pse_490.013
Später werden dann die Menschen Stifters zu Raumgestaltern, pse_490.014
zu Menschen, die erst dem Raum Wert, Sinn und Ordnung pse_490.015
geben: Brigitta und der Baron Risach. Das Durchwandern pse_490.016
vieler Räume bedeutet Unruhe oder auch ein Symbol für pse_490.017
das Leben als Wandern, besonders eindrucksvoll etwa in pse_490.018
"Moby Dick".

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Erst das Zusammenwirken von Raum und Zeit in der Epik pse_490.020
gibt den Weltbild-Rahmen und schafft Umfassenheit: in pse_490.021
der Zeitgestaltung liegt Ablauf, Strömen, Vergänglichkeit pse_490.022
und Ewigkeit, alles, was mit dem Leben als Fließen, Kommen pse_490.023
und Vergehen zusammenhängt, nicht bloß Vergänglichkeit, pse_490.024
sondern auch Zukunft, Erneuerung und Ewigkeit. Im Raum pse_490.025
erleben wir das Ruhende und Bleibende; das kann dem Menschen pse_490.026
in verschiedenster Weise entgegentreten: beengend, pse_490.027
bedrohend, bergend, dehnend, treibend.

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Ausgefüllt werden diese beiden Bereiche mit den Personen, pse_490.029
die sich im epischen Werk bewegen. Man spricht pse_490.030
heute oft von Figuren, aber es darf, gerade in der Epik, nicht pse_490.031
der Eindruck entstehen, als ob es ihnen an Leben fehlte. Der pse_490.032
mögliche innere Reichtum eines Menschen muß hier immer pse_490.033
mit bedacht sein.

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Man hat den epischen Personen gewisse Eigenarten zugewiesen. pse_490.035
Man hat zu erkennen geglaubt, daß den Personen pse_490.036
der großen Epik oft menschliche Größe fehle, und führt als pse_490.037
Beleg Wilhelm Meister, den Grünen Heinrich und Hans pse_490.038
Castorp im "Zauberberg" an. Aber wenn man dagegen Gestalten

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aber auch das Verhältnis des Menschen zu seinem Lebensraum pse_490.002
lebendig, damit auf diese Weise wieder ein Stück Menschen- pse_490.003
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Menschen unterschieden: die Stubenhocker sind die Pedanten pse_490.005
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»Hochwald« stellt Stifter eindringlich den Gegensatz zwischen pse_490.010
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geben: Brigitta und der Baron Risach. Das Durchwandern pse_490.016
vieler Räume bedeutet Unruhe oder auch ein Symbol für pse_490.017
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»Moby Dick«.

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Erst das Zusammenwirken von Raum und Zeit in der Epik pse_490.020
gibt den Weltbild-Rahmen und schafft Umfassenheit: in pse_490.021
der Zeitgestaltung liegt Ablauf, Strömen, Vergänglichkeit pse_490.022
und Ewigkeit, alles, was mit dem Leben als Fließen, Kommen pse_490.023
und Vergehen zusammenhängt, nicht bloß Vergänglichkeit, pse_490.024
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der Eindruck entstehen, als ob es ihnen an Leben fehlte. Der pse_490.032
mögliche innere Reichtum eines Menschen muß hier immer pse_490.033
mit bedacht sein.

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Man hat den epischen Personen gewisse Eigenarten zugewiesen. pse_490.035
Man hat zu erkennen geglaubt, daß den Personen pse_490.036
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/506>, abgerufen am 23.11.2024.