pse_372.001 die also bereits zusammengesetzter Natur sind. So kommt pse_372.002 man zu einer weiteren Unterscheidung von Groß- und Kurzformen. pse_372.003 Die erste Aufreihung der möglichen einfachen Formen pse_372.004 stammt, nach vorbereitenden Arbeiten anderer, von pse_372.005 Jolles, wobei er selbst mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß pse_372.006 die Reihe noch ergänzt werden könnte, etwa durch die Einbeziehung pse_372.007 der Fabel. Wir wollen die von Jolles betrachteten pse_372.008 kurz kennzeichnen. 1. Die Legende. Sie gibt sich äußerlich pse_372.009 als Lebensbeschreibung eines Heiligen. Wesentlich daran pse_372.010 aber ist, daß sich dieses Leben in der Legende um bestimmte pse_372.011 Wunder und Tugenden konzentriert. Bestimmte Erfahrungen pse_372.012 verdichten sich dabei zu einer sprachlichen Gebärde, pse_372.013 einem einprägsamen Bild, wie etwa dem vom Rad mit scharfen pse_372.014 Klingen, in dem sich die Verfolgungen der Christen verdichten. pse_372.015 2. Die Sage. Sie ist in ihrer Form schwerer zu fassen pse_372.016 als die Legende. Jolles sieht in ihr vor allem die Verdichtung pse_372.017 eines Daseinsbereichs um die Begriffe Familie, Stamm, Blutsverwandtschaft. pse_372.018 Wir werden später auf sie als literarische pse_372.019 Form nochmals zurückkommen. 3. Die Mythe. In ihrer konkreten pse_372.020 Form erscheint sie als Mythos. Die Mythologie ist pse_372.021 dann die Gesamtheit der Mythen und die Wissenschaft davon. pse_372.022 Die Grundform ist eine Weltschöpfung, die sich aus pse_372.023 Frage und Antwort aufbaut. Etwa: Wer hat die Sterne gemacht? pse_372.024 Wie war es vor ihrer Erschaffung? In der Antwort pse_372.025 wird in verdichtender Form in einem Geschehen ein Wissen pse_372.026 vermittelt. 4. Das Rätsel. Hier fragt einer, und wir müssen pse_372.027 antworten. Und zwar besteht eine Notwendigkeit dazu: es pse_372.028 geht oft ums Leben, wenn wir das Rätsel nicht lösen. Wer pse_372.029 das Rätsel aufgibt, verrätselt, der Ratende muß es enträtseln. pse_372.030 Diese einfache Form, die etwas in ein Geheimnis hüllt und pse_372.031 es dadurch ausschließlich zum Besitz eines Bundes macht, pse_372.032 entwickelt sich in breiteren Formen in der modernen Zeit, so pse_372.033 im Detektivroman; auch in den Romanen und Erzählungen pse_372.034 Kafkas spüren wir diese Form noch durch. 5. Der Spruch. Er pse_372.035 formt eine bestimmte Erfahrung der Vergangenheit und pse_372.036 schließt damit diese Erfahrung ab. Ihm eignet eine scharfe pse_372.037 Aussageform, meist ein bestimmtes rhythmisches Schema. pse_372.038 "Wer das Glück zur Mutter hat, dem ist die ganze Welt
pse_372.001 die also bereits zusammengesetzter Natur sind. So kommt pse_372.002 man zu einer weiteren Unterscheidung von Groß- und Kurzformen. pse_372.003 Die erste Aufreihung der möglichen einfachen Formen pse_372.004 stammt, nach vorbereitenden Arbeiten anderer, von pse_372.005 Jolles, wobei er selbst mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß pse_372.006 die Reihe noch ergänzt werden könnte, etwa durch die Einbeziehung pse_372.007 der Fabel. Wir wollen die von Jolles betrachteten pse_372.008 kurz kennzeichnen. 1. Die Legende. Sie gibt sich äußerlich pse_372.009 als Lebensbeschreibung eines Heiligen. Wesentlich daran pse_372.010 aber ist, daß sich dieses Leben in der Legende um bestimmte pse_372.011 Wunder und Tugenden konzentriert. Bestimmte Erfahrungen pse_372.012 verdichten sich dabei zu einer sprachlichen Gebärde, pse_372.013 einem einprägsamen Bild, wie etwa dem vom Rad mit scharfen pse_372.014 Klingen, in dem sich die Verfolgungen der Christen verdichten. pse_372.015 2. Die Sage. Sie ist in ihrer Form schwerer zu fassen pse_372.016 als die Legende. Jolles sieht in ihr vor allem die Verdichtung pse_372.017 eines Daseinsbereichs um die Begriffe Familie, Stamm, Blutsverwandtschaft. pse_372.018 Wir werden später auf sie als literarische pse_372.019 Form nochmals zurückkommen. 3. Die Mythe. In ihrer konkreten pse_372.020 Form erscheint sie als Mythos. Die Mythologie ist pse_372.021 dann die Gesamtheit der Mythen und die Wissenschaft davon. pse_372.022 Die Grundform ist eine Weltschöpfung, die sich aus pse_372.023 Frage und Antwort aufbaut. Etwa: Wer hat die Sterne gemacht? pse_372.024 Wie war es vor ihrer Erschaffung? In der Antwort pse_372.025 wird in verdichtender Form in einem Geschehen ein Wissen pse_372.026 vermittelt. 4. Das Rätsel. Hier fragt einer, und wir müssen pse_372.027 antworten. Und zwar besteht eine Notwendigkeit dazu: es pse_372.028 geht oft ums Leben, wenn wir das Rätsel nicht lösen. Wer pse_372.029 das Rätsel aufgibt, verrätselt, der Ratende muß es enträtseln. pse_372.030 Diese einfache Form, die etwas in ein Geheimnis hüllt und pse_372.031 es dadurch ausschließlich zum Besitz eines Bundes macht, pse_372.032 entwickelt sich in breiteren Formen in der modernen Zeit, so pse_372.033 im Detektivroman; auch in den Romanen und Erzählungen pse_372.034 Kafkas spüren wir diese Form noch durch. 5. Der Spruch. Er pse_372.035 formt eine bestimmte Erfahrung der Vergangenheit und pse_372.036 schließt damit diese Erfahrung ab. Ihm eignet eine scharfe pse_372.037 Aussageform, meist ein bestimmtes rhythmisches Schema. pse_372.038 »Wer das Glück zur Mutter hat, dem ist die ganze Welt
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die also bereits zusammengesetzter Natur sind. So kommt pse_372.002
man zu einer weiteren Unterscheidung von Groß- und Kurzformen. pse_372.003
Die erste Aufreihung der möglichen einfachen Formen pse_372.004
stammt, nach vorbereitenden Arbeiten anderer, von pse_372.005
Jolles, wobei er selbst mit der Möglichkeit gerechnet hat, daß pse_372.006
die Reihe noch ergänzt werden könnte, etwa durch die Einbeziehung pse_372.007
der Fabel. Wir wollen die von Jolles betrachteten pse_372.008
kurz kennzeichnen. 1. Die Legende. Sie gibt sich äußerlich pse_372.009
als Lebensbeschreibung eines Heiligen. Wesentlich daran pse_372.010
aber ist, daß sich dieses Leben in der Legende um bestimmte pse_372.011
Wunder und Tugenden konzentriert. Bestimmte Erfahrungen pse_372.012
verdichten sich dabei zu einer sprachlichen Gebärde, pse_372.013
einem einprägsamen Bild, wie etwa dem vom Rad mit scharfen pse_372.014
Klingen, in dem sich die Verfolgungen der Christen verdichten. pse_372.015
2. Die Sage. Sie ist in ihrer Form schwerer zu fassen pse_372.016
als die Legende. Jolles sieht in ihr vor allem die Verdichtung pse_372.017
eines Daseinsbereichs um die Begriffe Familie, Stamm, Blutsverwandtschaft. pse_372.018
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Form nochmals zurückkommen. 3. Die Mythe. In ihrer konkreten pse_372.020
Form erscheint sie als Mythos. Die Mythologie ist pse_372.021
dann die Gesamtheit der Mythen und die Wissenschaft davon. pse_372.022
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Frage und Antwort aufbaut. Etwa: Wer hat die Sterne gemacht? pse_372.024
Wie war es vor ihrer Erschaffung? In der Antwort pse_372.025
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geht oft ums Leben, wenn wir das Rätsel nicht lösen. Wer pse_372.029
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Diese einfache Form, die etwas in ein Geheimnis hüllt und pse_372.031
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im Detektivroman; auch in den Romanen und Erzählungen pse_372.034
Kafkas spüren wir diese Form noch durch. 5. Der Spruch. Er pse_372.035
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»Wer das Glück zur Mutter hat, dem ist die ganze Welt
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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