pse_236.001 Stil das beherrschende Merkmal, dem sich pse_236.002 die anderen einfügen. Diese Stilbetrachtung, die noch nicht pse_236.003 alle Feinheiten herausgehoben hat, zeigt eines: kein Stilelement pse_236.004 steht für sich, Lautung und Gehalt sind volle Einheit, pse_236.005 die drei Stilkräfte des Bildes, des Satzablaufs und des Ausrufs pse_236.006 wirken in fester, gefügter Weise zusammen und schaffen pse_236.007 einen Ablauf bestimmter Art. Die sprachlichen Bilder erwachsen pse_236.008 aus den mannigfachen Fügungen gehaltlicher und lautungsmäßiger pse_236.009 Art, zu denen die stark gehaltvollen Worte pse_236.010 verflochten sind. Der Wortgehalt selbst wird erst im klanglichen pse_236.011 und sinnvollen Zusammenhang voll wirksam. Freilich pse_236.012 kann eine solche Stilbetrachtung immer wieder nur analysierend pse_236.013 vorgehen und nur mühsam rational auf die Ganzheit pse_236.014 dieses sprachlichen Gewebes hinweisen. Sie ist im tiefsten ja pse_236.015 nur dem Erleben zugänglich. Aber man erkennt: erst und nur pse_236.016 aus diesem kunstvollen Ganzen geht das Tiefere auf, und nur in pse_236.017 ihm ist es auf diese einmalige Weise Wirklichkeit im wahrsten pse_236.018 Sinn des Wortes geworden.
pse_236.019 Ein anderer Weg, die geschlossene sprachkünstlerische Gestalt pse_236.020 zu erkennen, ist der Vergleich. Denn auch da kann man pse_236.021 von Einzelbeobachtungen zu allgemeineren Einsichten aufsteigen pse_236.022 und so die Gliedhaftigkeit und sinnvolle Eingefügtheit pse_236.023 der Elemente ins Ganze in den Blick bekommen. Ein Beispiel pse_236.024 sei angedeutet: der Vergleich zwischen dem dramatischen Stil pse_236.025 Schillers und Hebbels. Schillers Rhythmus ist weit geschwungen, pse_236.026 die Dynamik des Redevorgangs pathetisch, großwellig. pse_236.027 Auch die Gegensätze in den Bildern und Bildgruppen und pse_236.028 auch in den anderen Stilkräften sind weiträumig, d. h. die pse_236.029 Gegensätze stoßen sich nicht im kleinsten sprachlichen Gebilde. pse_236.030 Man hat dabei immer noch den Eindruck von Übergangsmöglichkeiten. pse_236.031 Die sprachlichen Bilder erfassen einen pse_236.032 gewissen Höhenbereich des Lebens, der selten unterschritten pse_236.033 wird. Auch hier bindet die Liebe zur Pracht eher die Antithetik. pse_236.034 Die Bilder bleiben im Bereich des Geistigen. Die Bildränder pse_236.035 sind fließend, sowohl in der Lautung als auch im Gehalt. pse_236.036 Hebbels Rhythmus ist schärfer, unausgeglichen. Auch pse_236.037 die Redeführung ist scharf und stoßhaft. Die Gegensätze prallen pse_236.038 hart aufeinander, heftig, rücksichtslos. Klüfte werden aufgerissen
pse_236.001 Stil das beherrschende Merkmal, dem sich pse_236.002 die anderen einfügen. Diese Stilbetrachtung, die noch nicht pse_236.003 alle Feinheiten herausgehoben hat, zeigt eines: kein Stilelement pse_236.004 steht für sich, Lautung und Gehalt sind volle Einheit, pse_236.005 die drei Stilkräfte des Bildes, des Satzablaufs und des Ausrufs pse_236.006 wirken in fester, gefügter Weise zusammen und schaffen pse_236.007 einen Ablauf bestimmter Art. Die sprachlichen Bilder erwachsen pse_236.008 aus den mannigfachen Fügungen gehaltlicher und lautungsmäßiger pse_236.009 Art, zu denen die stark gehaltvollen Worte pse_236.010 verflochten sind. Der Wortgehalt selbst wird erst im klanglichen pse_236.011 und sinnvollen Zusammenhang voll wirksam. Freilich pse_236.012 kann eine solche Stilbetrachtung immer wieder nur analysierend pse_236.013 vorgehen und nur mühsam rational auf die Ganzheit pse_236.014 dieses sprachlichen Gewebes hinweisen. Sie ist im tiefsten ja pse_236.015 nur dem Erleben zugänglich. Aber man erkennt: erst und nur pse_236.016 aus diesem kunstvollen Ganzen geht das Tiefere auf, und nur in pse_236.017 ihm ist es auf diese einmalige Weise Wirklichkeit im wahrsten pse_236.018 Sinn des Wortes geworden.
pse_236.019 Ein anderer Weg, die geschlossene sprachkünstlerische Gestalt pse_236.020 zu erkennen, ist der Vergleich. Denn auch da kann man pse_236.021 von Einzelbeobachtungen zu allgemeineren Einsichten aufsteigen pse_236.022 und so die Gliedhaftigkeit und sinnvolle Eingefügtheit pse_236.023 der Elemente ins Ganze in den Blick bekommen. Ein Beispiel pse_236.024 sei angedeutet: der Vergleich zwischen dem dramatischen Stil pse_236.025 Schillers und Hebbels. Schillers Rhythmus ist weit geschwungen, pse_236.026 die Dynamik des Redevorgangs pathetisch, großwellig. pse_236.027 Auch die Gegensätze in den Bildern und Bildgruppen und pse_236.028 auch in den anderen Stilkräften sind weiträumig, d. h. die pse_236.029 Gegensätze stoßen sich nicht im kleinsten sprachlichen Gebilde. pse_236.030 Man hat dabei immer noch den Eindruck von Übergangsmöglichkeiten. pse_236.031 Die sprachlichen Bilder erfassen einen pse_236.032 gewissen Höhenbereich des Lebens, der selten unterschritten pse_236.033 wird. Auch hier bindet die Liebe zur Pracht eher die Antithetik. pse_236.034 Die Bilder bleiben im Bereich des Geistigen. Die Bildränder pse_236.035 sind fließend, sowohl in der Lautung als auch im Gehalt. pse_236.036 Hebbels Rhythmus ist schärfer, unausgeglichen. Auch pse_236.037 die Redeführung ist scharf und stoßhaft. Die Gegensätze prallen pse_236.038 hart aufeinander, heftig, rücksichtslos. Klüfte werden aufgerissen
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Stil das beherrschende Merkmal, dem sich pse_236.002
die anderen einfügen. Diese Stilbetrachtung, die noch nicht pse_236.003
alle Feinheiten herausgehoben hat, zeigt eines: kein Stilelement pse_236.004
steht für sich, Lautung und Gehalt sind volle Einheit, pse_236.005
die drei Stilkräfte des Bildes, des Satzablaufs und des Ausrufs pse_236.006
wirken in fester, gefügter Weise zusammen und schaffen pse_236.007
einen Ablauf bestimmter Art. Die sprachlichen Bilder erwachsen pse_236.008
aus den mannigfachen Fügungen gehaltlicher und lautungsmäßiger pse_236.009
Art, zu denen die stark gehaltvollen Worte pse_236.010
verflochten sind. Der Wortgehalt selbst wird erst im klanglichen pse_236.011
und sinnvollen Zusammenhang voll wirksam. Freilich pse_236.012
kann eine solche Stilbetrachtung immer wieder nur analysierend pse_236.013
vorgehen und nur mühsam rational auf die Ganzheit pse_236.014
dieses sprachlichen Gewebes hinweisen. Sie ist im tiefsten ja pse_236.015
nur dem Erleben zugänglich. Aber man erkennt: erst und nur pse_236.016
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Sinn des Wortes geworden.
pse_236.019
Ein anderer Weg, die geschlossene sprachkünstlerische Gestalt pse_236.020
zu erkennen, ist der Vergleich. Denn auch da kann man pse_236.021
von Einzelbeobachtungen zu allgemeineren Einsichten aufsteigen pse_236.022
und so die Gliedhaftigkeit und sinnvolle Eingefügtheit pse_236.023
der Elemente ins Ganze in den Blick bekommen. Ein Beispiel pse_236.024
sei angedeutet: der Vergleich zwischen dem dramatischen Stil pse_236.025
Schillers und Hebbels. Schillers Rhythmus ist weit geschwungen, pse_236.026
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auch in den anderen Stilkräften sind weiträumig, d. h. die pse_236.029
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Man hat dabei immer noch den Eindruck von Übergangsmöglichkeiten. pse_236.031
Die sprachlichen Bilder erfassen einen pse_236.032
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Hebbels Rhythmus ist schärfer, unausgeglichen. Auch pse_236.037
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/252>, abgerufen am 25.11.2024.
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