pse_235.001 Heraustreten aus der scharfen Geprägtheit. Die Worte sind pse_235.002 nun in der mannigfachsten Weise miteinander zu Gruppen pse_235.003 gefügt. Rosen, Vasen und Strauch geben zunächst ein beinahe pse_235.004 handfestes, deutliches Bild -- ein Symbol, in dem das Folgende, pse_235.005 mehr Zerfließende aufgefangen bleibt. Am Schluß der ersten pse_235.006 Strophe das Wort "Traum", das nur durch die zweite hindurchgeht, pse_235.007 genau wie in der dritten der Wahn. In der starken pse_235.008 Alliteration werden die Gegenstandswörter noch mehr gebunden pse_235.009 und treiben gegenseitig ihren Gehalt heraus: Wechsel, pse_235.010 Wiederbeginn; Traum, Tiefe, Trauer; Stunden, Steigen. Fünf pse_235.011 Verse beginnen mit dem W-Laut. Auch die Reime wirken pse_235.012 gehaltvoll: verrinnen und beginnen stellen einen scharfen pse_235.013 Gegensatz heraus, ebenso Dauer -- Trauer, Beginn -- hin, pse_235.014 Steigen -- Schweigen, Auferstehn -- vergehn. So sind also die pse_235.015 Worte in den sprachlichen Bildern aufs kunstvollste zusammengefügt pse_235.016 und arbeiten deutlich einen bestimmten Gehalt pse_235.017 heraus. Dazu kommt, daß im Rhythmus die Hebungen nur pse_235.018 auf die Sinnträger fallen, diese also noch mehr wirken. Die pse_235.019 metrische Form ist streng insofern, als alle Verse dreihebig pse_235.020 sind und eine genaue Reimfolge abab mit klingendem a und pse_235.021 stumpfem b haben. Der stumpfe Abschluß jedes Verspaares, pse_235.022 vor allem jeder Strophe, wirkt hinein in die Gesamtstimmung. pse_235.023 Eigenartig unbestimmt sind aber die Versanfänge der ersten pse_235.024 Strophe: Vers 1 bleibt ganz unbestimmt, Vers 2 setzt deutlich pse_235.025 mit Senkung ein, 3 bleibt unbestimmt; erst mit Vers 4 setzt pse_235.026 sich der Anfang mit Hebung durch. So wirkt das Fallende des pse_235.027 Rhythmus in seiner Entschiedenheit am Schluß der ersten pse_235.028 Strophe erst recht und gestaltet auf seine Weise auch das, was pse_235.029 schon in der Satzbewegung deutlich wird. Und in bezug auf pse_235.030 die Stilart: der starke Gehalt der Gegenstandswörter und der pse_235.031 Vorgangswörter schafft einen dichten Stil, in der Einfachheit pse_235.032 des Wortschatzes (Wortwiederholungen!) und dem Unbestimmten pse_235.033 des Satzbaus in der zweiten und dritten Strophe pse_235.034 liegt etwas vom schlichten Stil. Das Leise des Ganzen und die pse_235.035 große, bis ins letzte durchgearbeitete Sprachkunst zeigt Enthobenheit, pse_235.036 alles klingt harmonisch auf die Stimmung des Vergehens pse_235.037 zusammen, im leisen und verhaltenen Sprachausdruck pse_235.038 scheint die stärkste Wirkung zu liegen. So ist wohl der zusammengezogene
pse_235.001 Heraustreten aus der scharfen Geprägtheit. Die Worte sind pse_235.002 nun in der mannigfachsten Weise miteinander zu Gruppen pse_235.003 gefügt. Rosen, Vasen und Strauch geben zunächst ein beinahe pse_235.004 handfestes, deutliches Bild — ein Symbol, in dem das Folgende, pse_235.005 mehr Zerfließende aufgefangen bleibt. Am Schluß der ersten pse_235.006 Strophe das Wort »Traum«, das nur durch die zweite hindurchgeht, pse_235.007 genau wie in der dritten der Wahn. In der starken pse_235.008 Alliteration werden die Gegenstandswörter noch mehr gebunden pse_235.009 und treiben gegenseitig ihren Gehalt heraus: Wechsel, pse_235.010 Wiederbeginn; Traum, Tiefe, Trauer; Stunden, Steigen. Fünf pse_235.011 Verse beginnen mit dem W-Laut. Auch die Reime wirken pse_235.012 gehaltvoll: verrinnen und beginnen stellen einen scharfen pse_235.013 Gegensatz heraus, ebenso Dauer — Trauer, Beginn — hin, pse_235.014 Steigen — Schweigen, Auferstehn — vergehn. So sind also die pse_235.015 Worte in den sprachlichen Bildern aufs kunstvollste zusammengefügt pse_235.016 und arbeiten deutlich einen bestimmten Gehalt pse_235.017 heraus. Dazu kommt, daß im Rhythmus die Hebungen nur pse_235.018 auf die Sinnträger fallen, diese also noch mehr wirken. Die pse_235.019 metrische Form ist streng insofern, als alle Verse dreihebig pse_235.020 sind und eine genaue Reimfolge abab mit klingendem a und pse_235.021 stumpfem b haben. Der stumpfe Abschluß jedes Verspaares, pse_235.022 vor allem jeder Strophe, wirkt hinein in die Gesamtstimmung. pse_235.023 Eigenartig unbestimmt sind aber die Versanfänge der ersten pse_235.024 Strophe: Vers 1 bleibt ganz unbestimmt, Vers 2 setzt deutlich pse_235.025 mit Senkung ein, 3 bleibt unbestimmt; erst mit Vers 4 setzt pse_235.026 sich der Anfang mit Hebung durch. So wirkt das Fallende des pse_235.027 Rhythmus in seiner Entschiedenheit am Schluß der ersten pse_235.028 Strophe erst recht und gestaltet auf seine Weise auch das, was pse_235.029 schon in der Satzbewegung deutlich wird. Und in bezug auf pse_235.030 die Stilart: der starke Gehalt der Gegenstandswörter und der pse_235.031 Vorgangswörter schafft einen dichten Stil, in der Einfachheit pse_235.032 des Wortschatzes (Wortwiederholungen!) und dem Unbestimmten pse_235.033 des Satzbaus in der zweiten und dritten Strophe pse_235.034 liegt etwas vom schlichten Stil. Das Leise des Ganzen und die pse_235.035 große, bis ins letzte durchgearbeitete Sprachkunst zeigt Enthobenheit, pse_235.036 alles klingt harmonisch auf die Stimmung des Vergehens pse_235.037 zusammen, im leisen und verhaltenen Sprachausdruck pse_235.038 scheint die stärkste Wirkung zu liegen. So ist wohl der zusammengezogene
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Heraustreten aus der scharfen Geprägtheit. Die Worte sind pse_235.002
nun in der mannigfachsten Weise miteinander zu Gruppen pse_235.003
gefügt. Rosen, Vasen und Strauch geben zunächst ein beinahe pse_235.004
handfestes, deutliches Bild — ein Symbol, in dem das Folgende, pse_235.005
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Strophe das Wort »Traum«, das nur durch die zweite hindurchgeht, pse_235.007
genau wie in der dritten der Wahn. In der starken pse_235.008
Alliteration werden die Gegenstandswörter noch mehr gebunden pse_235.009
und treiben gegenseitig ihren Gehalt heraus: Wechsel, pse_235.010
Wiederbeginn; Traum, Tiefe, Trauer; Stunden, Steigen. Fünf pse_235.011
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auf die Sinnträger fallen, diese also noch mehr wirken. Die pse_235.019
metrische Form ist streng insofern, als alle Verse dreihebig pse_235.020
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vor allem jeder Strophe, wirkt hinein in die Gesamtstimmung. pse_235.023
Eigenartig unbestimmt sind aber die Versanfänge der ersten pse_235.024
Strophe: Vers 1 bleibt ganz unbestimmt, Vers 2 setzt deutlich pse_235.025
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Strophe erst recht und gestaltet auf seine Weise auch das, was pse_235.029
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Vorgangswörter schafft einen dichten Stil, in der Einfachheit pse_235.032
des Wortschatzes (Wortwiederholungen!) und dem Unbestimmten pse_235.033
des Satzbaus in der zweiten und dritten Strophe pse_235.034
liegt etwas vom schlichten Stil. Das Leise des Ganzen und die pse_235.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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