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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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werden können. Weiterhin kann aber jede einzelne Sprachwissenschaft pse_149.002
an der konkreten Einzelsprache, die sie studiert, pse_149.003
bestimmte Stilzüge aufweisen, bestimmte Ausprägungen innerster pse_149.004
Haltungen, bestimmte Seiten des Gemüts, die nur pse_149.005
dieser Sprache oder Sprachgemeinschaft eigen sind. Es gibt pse_149.006
also stilistische Möglichkeiten der Sprache überhaupt und pse_149.007
solche bestimmter einzelner Sprachen.

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Wenn, wie wir gesagt haben, Dichtungen die reinste und pse_149.009
höchste Form der Sprachkunstwerke sind, so ist in ihnen pse_149.010
der Typus der Sprachkunst am reinsten ausgeprägt, müssen pse_149.011
also diese Züge an der Sprache unbedingt vorhanden sein, pse_149.012
die wir als Stil bezeichnen. Dichtung ohne stilhafte Sprachgestaltung pse_149.013
ist also unmöglich.

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In diesem Zusammenhang seien noch kurz die Ausdrücke pse_149.015
Stilistik und Stilbeschreibung auseinandergehalten. Stilistik pse_149.016
beschäftigt sich mit den stilhaften Möglichkeiten, mit den pse_149.017
Stilkräften, Stilarten usw. der Sprache überhaupt. Sobald pse_149.018
wir aber die Stilzüge einer bestimmten Sprache oder gar pse_149.019
bestimmter Sprachwerke und Dichtungen herausheben, pse_149.020
ordnen und zu einem geschlossenen Ganzen zusammenfassen, pse_149.021
sprechen wir besser von Stilbeschreibung. Stilistik setzt pse_149.022
Stilbeschreibung voraus, und umgekehrt ist Stilbeschreibung pse_149.023
auf Stilistik angewiesen. Stilhaftes kann nur an konkreten pse_149.024
Einzelerscheinungen erkannt werden. Nur an einem Gedicht, pse_149.025
an bestimmten Sprachgebilden, an einer ganz bestimmten pse_149.026
Stelle eines Textes kann man die stilhaften Züge erblicken. pse_149.027
Freilich: um die Stilwerte einer bestimmten Stelle, eines bestimmten pse_149.028
Textes ganz in ihrer Eigenart zu erfassen, müssen pse_149.029
Einsichten in die grundlegenden stilhaften Möglichkeiten der pse_149.030
Sprache im allgemeinen und auch der betreffenden Sprache pse_149.031
vorhanden sein. Sonst bliebe es bei vagen subjektiven Äußerungen. pse_149.032
So gilt also auch für eine Poetik: da Stil die unabdingbare pse_149.033
Voraussetzung jeder Dichtung ist, müssen wir, um pse_149.034
der Dichtung im allgemeinen näherzukommen, auch die pse_149.035
stilhaften Möglichkeiten der Sprache erfassen. Wir werden pse_149.036
diese Grundzüge aber immer nur an konkreten Beispielen pse_149.037
ersehen, diese als Belege für die stilhaften Möglichkeiten pse_149.038
überhaupt ansehen, zugleich als die Fälle, an denen wir zu

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werden können. Weiterhin kann aber jede einzelne Sprachwissenschaft pse_149.002
an der konkreten Einzelsprache, die sie studiert, pse_149.003
bestimmte Stilzüge aufweisen, bestimmte Ausprägungen innerster pse_149.004
Haltungen, bestimmte Seiten des Gemüts, die nur pse_149.005
dieser Sprache oder Sprachgemeinschaft eigen sind. Es gibt pse_149.006
also stilistische Möglichkeiten der Sprache überhaupt und pse_149.007
solche bestimmter einzelner Sprachen.

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Wenn, wie wir gesagt haben, Dichtungen die reinste und pse_149.009
höchste Form der Sprachkunstwerke sind, so ist in ihnen pse_149.010
der Typus der Sprachkunst am reinsten ausgeprägt, müssen pse_149.011
also diese Züge an der Sprache unbedingt vorhanden sein, pse_149.012
die wir als Stil bezeichnen. Dichtung ohne stilhafte Sprachgestaltung pse_149.013
ist also unmöglich.

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In diesem Zusammenhang seien noch kurz die Ausdrücke pse_149.015
Stilistik und Stilbeschreibung auseinandergehalten. Stilistik pse_149.016
beschäftigt sich mit den stilhaften Möglichkeiten, mit den pse_149.017
Stilkräften, Stilarten usw. der Sprache überhaupt. Sobald pse_149.018
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bestimmter Sprachwerke und Dichtungen herausheben, pse_149.020
ordnen und zu einem geschlossenen Ganzen zusammenfassen, pse_149.021
sprechen wir besser von Stilbeschreibung. Stilistik setzt pse_149.022
Stilbeschreibung voraus, und umgekehrt ist Stilbeschreibung pse_149.023
auf Stilistik angewiesen. Stilhaftes kann nur an konkreten pse_149.024
Einzelerscheinungen erkannt werden. Nur an einem Gedicht, pse_149.025
an bestimmten Sprachgebilden, an einer ganz bestimmten pse_149.026
Stelle eines Textes kann man die stilhaften Züge erblicken. pse_149.027
Freilich: um die Stilwerte einer bestimmten Stelle, eines bestimmten pse_149.028
Textes ganz in ihrer Eigenart zu erfassen, müssen pse_149.029
Einsichten in die grundlegenden stilhaften Möglichkeiten der pse_149.030
Sprache im allgemeinen und auch der betreffenden Sprache pse_149.031
vorhanden sein. Sonst bliebe es bei vagen subjektiven Äußerungen. pse_149.032
So gilt also auch für eine Poetik: da Stil die unabdingbare pse_149.033
Voraussetzung jeder Dichtung ist, müssen wir, um pse_149.034
der Dichtung im allgemeinen näherzukommen, auch die pse_149.035
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/165>, abgerufen am 22.11.2024.