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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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zumindest tut er so. Schroffheit fehlt ihm, die Haltung pse_112.002
hat etwas Durchlichtetes und Gelöstes. Trotz des Versteckens pse_112.003
fehlt alles Geheimnisvolle, Klarheit herrscht. Vom Humor pse_112.004
trennt sie eben diese überlegene Klarheit, es fehlt ihr Glaube pse_112.005
und Liebe, das Gemüthaft-Beschauliche. Man kann eine objektive pse_112.006
und eine subjektive Ironie unterscheiden. Freilich pse_112.007
sind diese Ausdrücke etwas unklar. Mit jener meint man bereits pse_112.008
eine Art Weltsicht auf Grund dieser geistig-überlegenen pse_112.009
Haltung. Es erscheint hier so, als ob das herrschende Weltprinzip pse_112.010
sein geistiges Spiel mit den Menschen, besonders mit pse_112.011
den übermütigen und eingebildeten, spiele. So färbt sich pse_112.012
eben dem ironischen Menschen die Welt. Von hier aus kann pse_112.013
sogar das Spielerische schwinden, wenn sich furchtbare Zusammenhänge pse_112.014
auftun. In der Sprachgebung enthüllen sich pse_112.015
dann plötzlich Hintergründe, die ursprünglich nicht in den pse_112.016
Worten zu liegen schienen. So wenn Wallenstein sagt: "Ich pse_112.017
gedenke einen langen Schlaf zu tun", und nur denen, die den pse_112.018
ganzen Zusammenhang erfassen, aufgeht, welch unheimlichen pse_112.019
Sinn das Wort "Schlaf" bekommt. Wir sprechen hier pse_112.020
von tragischer Ironie, die eigentlich schon über den strengen pse_112.021
Sinn des Wortes hinausgeht. Man kann sich auch selbst ironisieren, pse_112.022
sich selbst kraft seines Geistes in seiner Hinfälligkeit pse_112.023
bloßstellen. Das wäre dann subjektive Ironie. Wieder anders pse_112.024
ist die bekannte romantische Ironie: das freie Spiel des Geistes, pse_112.025
der eben nur in dieser Haltung das Ganze der Welt überblicken pse_112.026
und zusammenzwingen kann. Ironie kann dann endlich pse_112.027
sogar Selbstbewahrung des Geistes gegenüber dem Bedrohlichen pse_112.028
des Lebens werden, so vor allem bei Thomas Mann. pse_112.029
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, der Ironie sprachliche pse_112.030
Gestalt zu geben und sie damit ins Sprachkunstwerk einzuführen. pse_112.031
Voraussetzung ist dabei eine reich gegliederte und pse_112.032
ausgebildete Sprache. Ironie kann schon deutlich werden pse_112.033
durch Wiederholung besonderer Ausdrücke, so in der berühmten pse_112.034
Rede des Antonius an der Leiche Cäsars in Shakespeares pse_112.035
Drama: das Wort von den "ehrenwerten Männern" pse_112.036
wird mit jeder Wiederholung vernichtender. Hier ist zugleich pse_112.037
deutlich, daß eines der häufigsten Mittel der Ironie der pse_112.038
scheinbare Ausdruck des Gegenteils ist. Oder man gebraucht

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zumindest tut er so. Schroffheit fehlt ihm, die Haltung pse_112.002
hat etwas Durchlichtetes und Gelöstes. Trotz des Versteckens pse_112.003
fehlt alles Geheimnisvolle, Klarheit herrscht. Vom Humor pse_112.004
trennt sie eben diese überlegene Klarheit, es fehlt ihr Glaube pse_112.005
und Liebe, das Gemüthaft-Beschauliche. Man kann eine objektive pse_112.006
und eine subjektive Ironie unterscheiden. Freilich pse_112.007
sind diese Ausdrücke etwas unklar. Mit jener meint man bereits pse_112.008
eine Art Weltsicht auf Grund dieser geistig-überlegenen pse_112.009
Haltung. Es erscheint hier so, als ob das herrschende Weltprinzip pse_112.010
sein geistiges Spiel mit den Menschen, besonders mit pse_112.011
den übermütigen und eingebildeten, spiele. So färbt sich pse_112.012
eben dem ironischen Menschen die Welt. Von hier aus kann pse_112.013
sogar das Spielerische schwinden, wenn sich furchtbare Zusammenhänge pse_112.014
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dann plötzlich Hintergründe, die ursprünglich nicht in den pse_112.016
Worten zu liegen schienen. So wenn Wallenstein sagt: »Ich pse_112.017
gedenke einen langen Schlaf zu tun«, und nur denen, die den pse_112.018
ganzen Zusammenhang erfassen, aufgeht, welch unheimlichen pse_112.019
Sinn das Wort »Schlaf« bekommt. Wir sprechen hier pse_112.020
von tragischer Ironie, die eigentlich schon über den strengen pse_112.021
Sinn des Wortes hinausgeht. Man kann sich auch selbst ironisieren, pse_112.022
sich selbst kraft seines Geistes in seiner Hinfälligkeit pse_112.023
bloßstellen. Das wäre dann subjektive Ironie. Wieder anders pse_112.024
ist die bekannte romantische Ironie: das freie Spiel des Geistes, pse_112.025
der eben nur in dieser Haltung das Ganze der Welt überblicken pse_112.026
und zusammenzwingen kann. Ironie kann dann endlich pse_112.027
sogar Selbstbewahrung des Geistes gegenüber dem Bedrohlichen pse_112.028
des Lebens werden, so vor allem bei Thomas Mann. pse_112.029
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, der Ironie sprachliche pse_112.030
Gestalt zu geben und sie damit ins Sprachkunstwerk einzuführen. pse_112.031
Voraussetzung ist dabei eine reich gegliederte und pse_112.032
ausgebildete Sprache. Ironie kann schon deutlich werden pse_112.033
durch Wiederholung besonderer Ausdrücke, so in der berühmten pse_112.034
Rede des Antonius an der Leiche Cäsars in Shakespeares pse_112.035
Drama: das Wort von den »ehrenwerten Männern« pse_112.036
wird mit jeder Wiederholung vernichtender. Hier ist zugleich pse_112.037
deutlich, daß eines der häufigsten Mittel der Ironie der pse_112.038
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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/128>, abgerufen am 22.11.2024.