Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite


Die Motorwagen.
gramm schwerer, was bei der Leichtigkeit der gewöhnlichen Bicycles allerdings in
die Wagschale fällt, umsomehr, als die Lenkstange mit einem außergewöhnlich
schweren Gepäcksstücke belastet ist.

Wir kommen nun zu der dritten Gruppe der Automobilen, denjenigen, welche
sich der Elektromotoren bedienen. Die ersten Versuche dieser Art sind anscheinend
durch Raffard im Jahre 1881 gemacht worden, während nahezu gleichzeitig
Trouve in Paris ein Dreirad (Autotricycle) mit einem kleinen, von sechs Plante-
Accumulatoren gespeisten Motor ausrüstete. Den beiden genannten Constructeuren
folgte ein Jahr später Ayston in London mit einem elektrischen Dreirad für eine
Person, das vorne zwei große Treibräder und rückwärts ein kleines Lenkrad hatte.
Das Vehikel bewährte sich nicht. Im [Abbildung] Fig. 789.

Elektrischer Motorwagen (vorderer Theil).


Jahre 1887 traten Bolk & Park in
Brighton mit einem dreirädrigen "Pog-
carr" zu zwei Plätzen hervor. Dasselbe
war mit dem Motor Immisch zu
400 Watt, gespeist durch 16 Accumu-
latoren, ausgerüstet. Obwohl bald
hierauf noch ein zweites Vehikel dieser
Art in größeren Dimensionen (Motor
zu 1200 Watt, 24 Accumulatoren) für
den Sultan in Constantinopel gebaut
wurde, hörte man weiterhin gleichwohl
nichts mehr von dieser Construction.

Der in den Fig. 788 bis 790
abgebildete electrische Motorwagen gehört
den ersten Versuchen dieser Art an, was
schon aus der Gestalt des Vehikels, die
sich ganz an das herkömmliche Straßenfuhrwerk anlehnt, hervorgeht. Die Con-
struction ging aus den Werkstätten von St. Quen in Paris hervor. Es standen
48 Accumulatoren in Verwendung, welche derart in drei Gruppen angeordnet
werden konnten, daß damit die Geschwindigkeit sich in drei Grade abstufen ließ:
Bei 12 Accumulatoren 3 Kilometer, bei 24 Accumulatoren 7 Kilometer, bei
48 Accumulatoren 16 Kilometer pro Stunde. Bei voller Ausnützung der moto-
rischen Kraft konnte mit diesem Vehikel eine Strecke von 45 bis 50 Kilometer
ohne Störung durchlaufen werden. In der Fig. 789 (rückwärtiger Theil) ist der
Raum ersichtlich, in welchem der Kasten (A) mit den Batterien (B) untergebracht
ist. Die Fig. 790 (vorderer Theil) veranschaulicht den abgedeckten Sitz des Lenkers
mit dem Raume, in welchem zwei Accumulatoren zur Speisung der Lampe unter-
gebracht sind. D ist der Antriebshebel, C der Reversirhebel.

Dieses Vehikel war der erste brauchbare elektrische Motorwagen. Im
Jahre 1893 brachte die Wagenbauanstalt Kühlstein (Charlottenburg) ein ähnliches

57*


Die Motorwagen.
gramm ſchwerer, was bei der Leichtigkeit der gewöhnlichen Bicycles allerdings in
die Wagſchale fällt, umſomehr, als die Lenkſtange mit einem außergewöhnlich
ſchweren Gepäcksſtücke belaſtet iſt.

Wir kommen nun zu der dritten Gruppe der Automobilen, denjenigen, welche
ſich der Elektromotoren bedienen. Die erſten Verſuche dieſer Art ſind anſcheinend
durch Raffard im Jahre 1881 gemacht worden, während nahezu gleichzeitig
Trouvé in Paris ein Dreirad (Autotricycle) mit einem kleinen, von ſechs Planté-
Accumulatoren geſpeiſten Motor ausrüſtete. Den beiden genannten Conſtructeuren
folgte ein Jahr ſpäter Ayſton in London mit einem elektriſchen Dreirad für eine
Perſon, das vorne zwei große Treibräder und rückwärts ein kleines Lenkrad hatte.
Das Vehikel bewährte ſich nicht. Im [Abbildung] Fig. 789.

Elektriſcher Motorwagen (vorderer Theil).


Jahre 1887 traten Bolk & Park in
Brighton mit einem dreirädrigen »Pog-
carr« zu zwei Plätzen hervor. Dasſelbe
war mit dem Motor Immiſch zu
400 Watt, geſpeiſt durch 16 Accumu-
latoren, ausgerüſtet. Obwohl bald
hierauf noch ein zweites Vehikel dieſer
Art in größeren Dimenſionen (Motor
zu 1200 Watt, 24 Accumulatoren) für
den Sultan in Conſtantinopel gebaut
wurde, hörte man weiterhin gleichwohl
nichts mehr von dieſer Conſtruction.

Der in den Fig. 788 bis 790
abgebildete electriſche Motorwagen gehört
den erſten Verſuchen dieſer Art an, was
ſchon aus der Geſtalt des Vehikels, die
ſich ganz an das herkömmliche Straßenfuhrwerk anlehnt, hervorgeht. Die Con-
ſtruction ging aus den Werkſtätten von St. Quen in Paris hervor. Es ſtanden
48 Accumulatoren in Verwendung, welche derart in drei Gruppen angeordnet
werden konnten, daß damit die Geſchwindigkeit ſich in drei Grade abſtufen ließ:
Bei 12 Accumulatoren 3 Kilometer, bei 24 Accumulatoren 7 Kilometer, bei
48 Accumulatoren 16 Kilometer pro Stunde. Bei voller Ausnützung der moto-
riſchen Kraft konnte mit dieſem Vehikel eine Strecke von 45 bis 50 Kilometer
ohne Störung durchlaufen werden. In der Fig. 789 (rückwärtiger Theil) iſt der
Raum erſichtlich, in welchem der Kaſten (A) mit den Batterien (B) untergebracht
iſt. Die Fig. 790 (vorderer Theil) veranſchaulicht den abgedeckten Sitz des Lenkers
mit dem Raume, in welchem zwei Accumulatoren zur Speiſung der Lampe unter-
gebracht ſind. D iſt der Antriebshebel, C der Reverſirhebel.

Dieſes Vehikel war der erſte brauchbare elektriſche Motorwagen. Im
Jahre 1893 brachte die Wagenbauanſtalt Kühlſtein (Charlottenburg) ein ähnliches

57*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0981" n="899"/><lb/>
<fw place="top" type="header">Die Motorwagen.</fw><lb/>
gramm &#x017F;chwerer, was bei der Leichtigkeit der gewöhnlichen Bicycles allerdings in<lb/>
die Wag&#x017F;chale fällt, um&#x017F;omehr, als die Lenk&#x017F;tange mit einem außergewöhnlich<lb/>
&#x017F;chweren Gepäcks&#x017F;tücke bela&#x017F;tet i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Wir kommen nun zu der dritten Gruppe der Automobilen, denjenigen, welche<lb/>
&#x017F;ich der <hi rendition="#g">Elektromotoren</hi> bedienen. Die er&#x017F;ten Ver&#x017F;uche die&#x017F;er Art &#x017F;ind an&#x017F;cheinend<lb/>
durch <hi rendition="#g">Raffard</hi> im Jahre 1881 gemacht worden, während nahezu gleichzeitig<lb/><hi rendition="#g">Trouv<hi rendition="#aq">é</hi></hi> in Paris ein Dreirad (Autotricycle) mit einem kleinen, von &#x017F;echs Plant<hi rendition="#aq">é</hi>-<lb/>
Accumulatoren ge&#x017F;pei&#x017F;ten Motor ausrü&#x017F;tete. Den beiden genannten Con&#x017F;tructeuren<lb/>
folgte ein Jahr &#x017F;päter <hi rendition="#g">Ay&#x017F;ton</hi> in London mit einem elektri&#x017F;chen Dreirad für eine<lb/>
Per&#x017F;on, das vorne zwei große Treibräder und rückwärts ein kleines Lenkrad hatte.<lb/>
Das Vehikel bewährte &#x017F;ich nicht. Im  <figure><head>Fig. 789.</head><p> Elektri&#x017F;cher Motorwagen (vorderer Theil).</p></figure><lb/>
Jahre 1887 traten <hi rendition="#g">Bolk &amp; Park</hi> in<lb/>
Brighton mit einem dreirädrigen »Pog-<lb/>
carr« zu zwei Plätzen hervor. Das&#x017F;elbe<lb/>
war mit dem Motor <hi rendition="#g">Immi&#x017F;ch</hi> zu<lb/>
400 Watt, ge&#x017F;pei&#x017F;t durch 16 Accumu-<lb/>
latoren, ausgerü&#x017F;tet. Obwohl bald<lb/>
hierauf noch ein zweites Vehikel die&#x017F;er<lb/>
Art in größeren Dimen&#x017F;ionen (Motor<lb/>
zu 1200 Watt, 24 Accumulatoren) für<lb/>
den Sultan in Con&#x017F;tantinopel gebaut<lb/>
wurde, hörte man weiterhin gleichwohl<lb/>
nichts mehr von die&#x017F;er Con&#x017F;truction.</p><lb/>
            <p>Der in den Fig. 788 bis 790<lb/>
abgebildete electri&#x017F;che Motorwagen gehört<lb/>
den er&#x017F;ten Ver&#x017F;uchen die&#x017F;er Art an, was<lb/>
&#x017F;chon aus der Ge&#x017F;talt des Vehikels, die<lb/>
&#x017F;ich ganz an das herkömmliche Straßenfuhrwerk anlehnt, hervorgeht. Die Con-<lb/>
&#x017F;truction ging aus den Werk&#x017F;tätten von St. Quen in Paris hervor. Es &#x017F;tanden<lb/>
48 Accumulatoren in Verwendung, welche derart in drei Gruppen angeordnet<lb/>
werden konnten, daß damit die Ge&#x017F;chwindigkeit &#x017F;ich in drei Grade ab&#x017F;tufen ließ:<lb/>
Bei 12 Accumulatoren 3 Kilometer, bei 24 Accumulatoren 7 Kilometer, bei<lb/>
48 Accumulatoren 16 Kilometer pro Stunde. Bei voller Ausnützung der moto-<lb/>
ri&#x017F;chen Kraft konnte mit die&#x017F;em Vehikel eine Strecke von 45 bis 50 Kilometer<lb/>
ohne Störung durchlaufen werden. In der Fig. 789 (rückwärtiger Theil) i&#x017F;t der<lb/>
Raum er&#x017F;ichtlich, in welchem der Ka&#x017F;ten (<hi rendition="#aq">A</hi>) mit den Batterien (<hi rendition="#aq">B</hi>) untergebracht<lb/>
i&#x017F;t. Die Fig. 790 (vorderer Theil) veran&#x017F;chaulicht den abgedeckten Sitz des Lenkers<lb/>
mit dem Raume, in welchem zwei Accumulatoren zur Spei&#x017F;ung der Lampe unter-<lb/>
gebracht &#x017F;ind. <hi rendition="#aq">D</hi> i&#x017F;t der Antriebshebel, <hi rendition="#aq">C</hi> der Rever&#x017F;irhebel.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Vehikel war der er&#x017F;te brauchbare elektri&#x017F;che Motorwagen. Im<lb/>
Jahre 1893 brachte die Wagenbauan&#x017F;talt <hi rendition="#g">Kühl&#x017F;tein</hi> (Charlottenburg) ein ähnliches<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">57*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[899/0981] Die Motorwagen. gramm ſchwerer, was bei der Leichtigkeit der gewöhnlichen Bicycles allerdings in die Wagſchale fällt, umſomehr, als die Lenkſtange mit einem außergewöhnlich ſchweren Gepäcksſtücke belaſtet iſt. Wir kommen nun zu der dritten Gruppe der Automobilen, denjenigen, welche ſich der Elektromotoren bedienen. Die erſten Verſuche dieſer Art ſind anſcheinend durch Raffard im Jahre 1881 gemacht worden, während nahezu gleichzeitig Trouvé in Paris ein Dreirad (Autotricycle) mit einem kleinen, von ſechs Planté- Accumulatoren geſpeiſten Motor ausrüſtete. Den beiden genannten Conſtructeuren folgte ein Jahr ſpäter Ayſton in London mit einem elektriſchen Dreirad für eine Perſon, das vorne zwei große Treibräder und rückwärts ein kleines Lenkrad hatte. Das Vehikel bewährte ſich nicht. Im [Abbildung Fig. 789. Elektriſcher Motorwagen (vorderer Theil).] Jahre 1887 traten Bolk & Park in Brighton mit einem dreirädrigen »Pog- carr« zu zwei Plätzen hervor. Dasſelbe war mit dem Motor Immiſch zu 400 Watt, geſpeiſt durch 16 Accumu- latoren, ausgerüſtet. Obwohl bald hierauf noch ein zweites Vehikel dieſer Art in größeren Dimenſionen (Motor zu 1200 Watt, 24 Accumulatoren) für den Sultan in Conſtantinopel gebaut wurde, hörte man weiterhin gleichwohl nichts mehr von dieſer Conſtruction. Der in den Fig. 788 bis 790 abgebildete electriſche Motorwagen gehört den erſten Verſuchen dieſer Art an, was ſchon aus der Geſtalt des Vehikels, die ſich ganz an das herkömmliche Straßenfuhrwerk anlehnt, hervorgeht. Die Con- ſtruction ging aus den Werkſtätten von St. Quen in Paris hervor. Es ſtanden 48 Accumulatoren in Verwendung, welche derart in drei Gruppen angeordnet werden konnten, daß damit die Geſchwindigkeit ſich in drei Grade abſtufen ließ: Bei 12 Accumulatoren 3 Kilometer, bei 24 Accumulatoren 7 Kilometer, bei 48 Accumulatoren 16 Kilometer pro Stunde. Bei voller Ausnützung der moto- riſchen Kraft konnte mit dieſem Vehikel eine Strecke von 45 bis 50 Kilometer ohne Störung durchlaufen werden. In der Fig. 789 (rückwärtiger Theil) iſt der Raum erſichtlich, in welchem der Kaſten (A) mit den Batterien (B) untergebracht iſt. Die Fig. 790 (vorderer Theil) veranſchaulicht den abgedeckten Sitz des Lenkers mit dem Raume, in welchem zwei Accumulatoren zur Speiſung der Lampe unter- gebracht ſind. D iſt der Antriebshebel, C der Reverſirhebel. Dieſes Vehikel war der erſte brauchbare elektriſche Motorwagen. Im Jahre 1893 brachte die Wagenbauanſtalt Kühlſtein (Charlottenburg) ein ähnliches 57*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/981
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 899. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/981>, abgerufen am 19.05.2024.