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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die Entwickelung der Kriegsmarinen.

Von ganz besonderer Bedeutung war die Stapellegung des "Monarch", denn
es war das erste große Hochsee-Thurmschiff, das erbaut wurde. Seine Länge
beträgt 100.5 Meter, seine größte Breite 17.5 Meter, der Tiefgang 7.9 Meter,
das Deplacement 8322 Tonnen. Er lief im Mai 1868 ins Wasser, und schon
ein Jahr später folgte ihm der "Captain". Ihre volle Ausgestaltung erhielten
indeß die englischen Thurmschiffe erst durch den Bau der mächtigen Schlachtschiffe
"Devastation" und "Thunderer". Sie sind unbemastet, wodurch ihnen eine größere
Offensiv- und Defensivkraft, sowie größere Manövrirfähigkeit zu Theil werden sollte.

[Abbildung] Fig. 466.

Englisches Schlachtschiff "Barfleur" Deplacement 10.500 Tonnen, Geschwindigkeit 18.5 Knoten, Haupt-
geschütze 4 Zehnzöller, Panzer an der Wasserlinie 12 engl. Zoll.

In anderen Marinen war man indeß mit diesem neuen Typ nicht einverstanden.
Eine fachmännische Stimme ließ sich damals (Ende der Sechzigerjahre) wie folgt
vernehmen: "Die Begeisterung, in welche die Engländer anläßlich ihrer neuen Riesen-
schiffe verfallen, können wir nicht theilen. Obwohl die Panzerschiffe ohne Takelung
dem Zwecke des Angriffes und der Vertheidigung zu entsprechen scheinen, wird
man doch vielleicht nur zu bald zu der Ueberzeugung gelangen, daß die Kanone
ohne den Schiffskörper, welcher sie trägt, nichts auszurichten vermag. Diese
schwimmenden Maschinenhäuser werden Mühe haben, dem verderblichen Spornstoße
eines flinken Gegners zu entgehen. Auch sind diese Maschinen im Wasser; bei etwas
bewegter See müssen alle Luken geschlossen werden und der Aufenthalt im Schiffe
wird dann unerträglich. In Wahrheit können die Panzerschiffe ohne Takelung nur

Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 38
Die Entwickelung der Kriegsmarinen.

Von ganz beſonderer Bedeutung war die Stapellegung des »Monarch«, denn
es war das erſte große Hochſee-Thurmſchiff, das erbaut wurde. Seine Länge
beträgt 100‧5 Meter, ſeine größte Breite 17‧5 Meter, der Tiefgang 7‧9 Meter,
das Deplacement 8322 Tonnen. Er lief im Mai 1868 ins Waſſer, und ſchon
ein Jahr ſpäter folgte ihm der »Captain«. Ihre volle Ausgeſtaltung erhielten
indeß die engliſchen Thurmſchiffe erſt durch den Bau der mächtigen Schlachtſchiffe
»Devaſtation« und »Thunderer«. Sie ſind unbemaſtet, wodurch ihnen eine größere
Offenſiv- und Defenſivkraft, ſowie größere Manövrirfähigkeit zu Theil werden ſollte.

[Abbildung] Fig. 466.

Engliſches Schlachtſchiff »Barfleur« Deplacement 10.500 Tonnen, Geſchwindigkeit 18‧5 Knoten, Haupt-
geſchütze 4 Zehnzöller, Panzer an der Waſſerlinie 12 engl. Zoll.

In anderen Marinen war man indeß mit dieſem neuen Typ nicht einverſtanden.
Eine fachmänniſche Stimme ließ ſich damals (Ende der Sechzigerjahre) wie folgt
vernehmen: »Die Begeiſterung, in welche die Engländer anläßlich ihrer neuen Rieſen-
ſchiffe verfallen, können wir nicht theilen. Obwohl die Panzerſchiffe ohne Takelung
dem Zwecke des Angriffes und der Vertheidigung zu entſprechen ſcheinen, wird
man doch vielleicht nur zu bald zu der Ueberzeugung gelangen, daß die Kanone
ohne den Schiffskörper, welcher ſie trägt, nichts auszurichten vermag. Dieſe
ſchwimmenden Maſchinenhäuſer werden Mühe haben, dem verderblichen Spornſtoße
eines flinken Gegners zu entgehen. Auch ſind dieſe Maſchinen im Waſſer; bei etwas
bewegter See müſſen alle Luken geſchloſſen werden und der Aufenthalt im Schiffe
wird dann unerträglich. In Wahrheit können die Panzerſchiffe ohne Takelung nur

Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 38
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[593/0655] Die Entwickelung der Kriegsmarinen. Von ganz beſonderer Bedeutung war die Stapellegung des »Monarch«, denn es war das erſte große Hochſee-Thurmſchiff, das erbaut wurde. Seine Länge beträgt 100‧5 Meter, ſeine größte Breite 17‧5 Meter, der Tiefgang 7‧9 Meter, das Deplacement 8322 Tonnen. Er lief im Mai 1868 ins Waſſer, und ſchon ein Jahr ſpäter folgte ihm der »Captain«. Ihre volle Ausgeſtaltung erhielten indeß die engliſchen Thurmſchiffe erſt durch den Bau der mächtigen Schlachtſchiffe »Devaſtation« und »Thunderer«. Sie ſind unbemaſtet, wodurch ihnen eine größere Offenſiv- und Defenſivkraft, ſowie größere Manövrirfähigkeit zu Theil werden ſollte. [Abbildung Fig. 466. Engliſches Schlachtſchiff »Barfleur« Deplacement 10.500 Tonnen, Geſchwindigkeit 18‧5 Knoten, Haupt- geſchütze 4 Zehnzöller, Panzer an der Waſſerlinie 12 engl. Zoll.] In anderen Marinen war man indeß mit dieſem neuen Typ nicht einverſtanden. Eine fachmänniſche Stimme ließ ſich damals (Ende der Sechzigerjahre) wie folgt vernehmen: »Die Begeiſterung, in welche die Engländer anläßlich ihrer neuen Rieſen- ſchiffe verfallen, können wir nicht theilen. Obwohl die Panzerſchiffe ohne Takelung dem Zwecke des Angriffes und der Vertheidigung zu entſprechen ſcheinen, wird man doch vielleicht nur zu bald zu der Ueberzeugung gelangen, daß die Kanone ohne den Schiffskörper, welcher ſie trägt, nichts auszurichten vermag. Dieſe ſchwimmenden Maſchinenhäuſer werden Mühe haben, dem verderblichen Spornſtoße eines flinken Gegners zu entgehen. Auch ſind dieſe Maſchinen im Waſſer; bei etwas bewegter See müſſen alle Luken geſchloſſen werden und der Aufenthalt im Schiffe wird dann unerträglich. In Wahrheit können die Panzerſchiffe ohne Takelung nur Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 38

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/655>, abgerufen am 22.11.2024.