auf den Plan. Im Jahre 1698 brachte der englische Militär-Ingenieur Thomas Savery die erste "Feuermaschine" in Gang, 1705 folgte "Newcomben's " "atmo- sphärische Maschine". Es waren dies die ersten Rudimente zu jenem mechanischen Organismus, welcher 70 Jahre später seine complete Ausbildung durch James Watt erhalten sollte -- in derselben Zeit, als der Weltumsegler Cook unter den Kanaken der Südsee jenen eisernen Nagel fand, dem die Bedeutung eines Kron- schatzes zukam.
Die Thatsache, daß die Dampfarbeit in Verbindung mit dem Eisen auf der Erde eine Umwälzung hervorgebracht hat, wie sie durch keine andere Erfindung oder Entdeckung je bewerkstelligt wurde, ist bezeichnend für das Culturelement, das ihr innewohnt. Wohin wir blicken, allerorten regt sich der gewaltige Motor in allen denkbaren Gestalten und Formen, dem Leben mächtige Impulse verleihend, Wohl- stand und Gedeihen der Völker fördernd -- ein Bild von sinnverwirrender Groß- artigkeit.
Dampf und Eisen haben aber diese Welt nicht entgöttert, wie die Idealisten der alten Schule meinen. Wohl verfügt die moderne Civilisation reichlich über andere menschliche Errungenschaften, über geistige Güter aller Art. Ob die Dampfarbeit diesen zu unterordnen sei, oder denselben voranzugehen habe, wäre schwer zu ent- scheiden. Die epochalen Leistungen der Menschheit prägen sich in gewissen universellen Errungenschaften aus, und wenn dies als Axiom gelten soll, dann hat keine Er- rungenschaft, und wäre sie von noch so einschneidender Bedeutung, einen ähnlichen internationalen Erfolg zu verzeichnen, wie die Dampfarbeit. Dagegen wollen wir gelten lassen, daß die Ideenwelt, welche diese Art von menschlicher Thätigkeit segen- bringend befruchtet, ja sie gewissermaßen erst auf ihre dominirende Höhe emporgehoben hat, aus jenem reichen Bildungsstoffe hervorgegangen ist, der unsere Zeit durchsetzt.
Die rein äußerlichen Kennzeichen des "Eisernen Jahrhunderts" sind in erster Linie die Großbetriebe, die Heimstätten der modernen Cyklopen, welche die Natur- kräfte gebändigt und sie den Menschen dienstbar gemacht haben. Aber was Alles liegt dazwischen! Man denke an den Unterschied zwischen einem Schachthaspel und einer Dampf-Fördermaschine; einem gewöhnlichen Niethammer und einem Dampf- hammer, dessen Fallgewicht in neuester Zeit von 50 Tonnen bis auf 100 und 120 Tonnen gesteigert wurde; zwischen einem Spinnrade und einem Selfactor, einer Buchdruckhandpresse und einer Schnellpresse, oder zwischen dem Dreschen mit Flegeln und einer Dampf-Dreschmaschine, des Unterschiedes zwischen einem Fracht- wagen und einem Eisenbahnzuge, einer Caravelle und einem modernen Panzer- ungethüm gar nicht zu gedenken. Welcher Weg, welcher Abstand von der feinsten Uhrfeder und dem feinen Clavierdraht bis zu der schwersten Locomotive, vom Eisen- schwamm des Frischherdes bis zum 75.000 Kilogramm schweren Krupp'schen Gußstahlblock, von der Nähnadel bis zum Eiffelthurm.
Es wäre ungerecht, wollte man diese Steigerung der Eisenarbeit lediglich auf die im Dampfe innewohnende Kraft zurückführen. Die großartige Entwickelung der
Einleitung.
auf den Plan. Im Jahre 1698 brachte der engliſche Militär-Ingenieur Thomas Savery die erſte »Feuermaſchine« in Gang, 1705 folgte »Newcomben's « »atmo- ſphäriſche Maſchine«. Es waren dies die erſten Rudimente zu jenem mechaniſchen Organismus, welcher 70 Jahre ſpäter ſeine complete Ausbildung durch James Watt erhalten ſollte — in derſelben Zeit, als der Weltumſegler Cook unter den Kanaken der Südſee jenen eiſernen Nagel fand, dem die Bedeutung eines Kron- ſchatzes zukam.
Die Thatſache, daß die Dampfarbeit in Verbindung mit dem Eiſen auf der Erde eine Umwälzung hervorgebracht hat, wie ſie durch keine andere Erfindung oder Entdeckung je bewerkſtelligt wurde, iſt bezeichnend für das Culturelement, das ihr innewohnt. Wohin wir blicken, allerorten regt ſich der gewaltige Motor in allen denkbaren Geſtalten und Formen, dem Leben mächtige Impulſe verleihend, Wohl- ſtand und Gedeihen der Völker fördernd — ein Bild von ſinnverwirrender Groß- artigkeit.
Dampf und Eiſen haben aber dieſe Welt nicht entgöttert, wie die Idealiſten der alten Schule meinen. Wohl verfügt die moderne Civiliſation reichlich über andere menſchliche Errungenſchaften, über geiſtige Güter aller Art. Ob die Dampfarbeit dieſen zu unterordnen ſei, oder denſelben voranzugehen habe, wäre ſchwer zu ent- ſcheiden. Die epochalen Leiſtungen der Menſchheit prägen ſich in gewiſſen univerſellen Errungenſchaften aus, und wenn dies als Axiom gelten ſoll, dann hat keine Er- rungenſchaft, und wäre ſie von noch ſo einſchneidender Bedeutung, einen ähnlichen internationalen Erfolg zu verzeichnen, wie die Dampfarbeit. Dagegen wollen wir gelten laſſen, daß die Ideenwelt, welche dieſe Art von menſchlicher Thätigkeit ſegen- bringend befruchtet, ja ſie gewiſſermaßen erſt auf ihre dominirende Höhe emporgehoben hat, aus jenem reichen Bildungsſtoffe hervorgegangen iſt, der unſere Zeit durchſetzt.
Die rein äußerlichen Kennzeichen des »Eiſernen Jahrhunderts« ſind in erſter Linie die Großbetriebe, die Heimſtätten der modernen Cyklopen, welche die Natur- kräfte gebändigt und ſie den Menſchen dienſtbar gemacht haben. Aber was Alles liegt dazwiſchen! Man denke an den Unterſchied zwiſchen einem Schachthaſpel und einer Dampf-Fördermaſchine; einem gewöhnlichen Niethammer und einem Dampf- hammer, deſſen Fallgewicht in neueſter Zeit von 50 Tonnen bis auf 100 und 120 Tonnen geſteigert wurde; zwiſchen einem Spinnrade und einem Selfactor, einer Buchdruckhandpreſſe und einer Schnellpreſſe, oder zwiſchen dem Dreſchen mit Flegeln und einer Dampf-Dreſchmaſchine, des Unterſchiedes zwiſchen einem Fracht- wagen und einem Eiſenbahnzuge, einer Caravelle und einem modernen Panzer- ungethüm gar nicht zu gedenken. Welcher Weg, welcher Abſtand von der feinſten Uhrfeder und dem feinen Clavierdraht bis zu der ſchwerſten Locomotive, vom Eiſen- ſchwamm des Friſchherdes bis zum 75.000 Kilogramm ſchweren Krupp'ſchen Gußſtahlblock, von der Nähnadel bis zum Eiffelthurm.
Es wäre ungerecht, wollte man dieſe Steigerung der Eiſenarbeit lediglich auf die im Dampfe innewohnende Kraft zurückführen. Die großartige Entwickelung der
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auf den Plan. Im Jahre 1698 brachte der engliſche Militär-Ingenieur Thomas
Savery die erſte »Feuermaſchine« in Gang, 1705 folgte »Newcomben's « »atmo-
ſphäriſche Maſchine«. Es waren dies die erſten Rudimente zu jenem mechaniſchen
Organismus, welcher 70 Jahre ſpäter ſeine complete Ausbildung durch James
Watt erhalten ſollte — in derſelben Zeit, als der Weltumſegler Cook unter den
Kanaken der Südſee jenen eiſernen Nagel fand, dem die Bedeutung eines Kron-
ſchatzes zukam.
Die Thatſache, daß die Dampfarbeit in Verbindung mit dem Eiſen auf der
Erde eine Umwälzung hervorgebracht hat, wie ſie durch keine andere Erfindung oder
Entdeckung je bewerkſtelligt wurde, iſt bezeichnend für das Culturelement, das ihr
innewohnt. Wohin wir blicken, allerorten regt ſich der gewaltige Motor in allen
denkbaren Geſtalten und Formen, dem Leben mächtige Impulſe verleihend, Wohl-
ſtand und Gedeihen der Völker fördernd — ein Bild von ſinnverwirrender Groß-
artigkeit.
Dampf und Eiſen haben aber dieſe Welt nicht entgöttert, wie die Idealiſten
der alten Schule meinen. Wohl verfügt die moderne Civiliſation reichlich über andere
menſchliche Errungenſchaften, über geiſtige Güter aller Art. Ob die Dampfarbeit
dieſen zu unterordnen ſei, oder denſelben voranzugehen habe, wäre ſchwer zu ent-
ſcheiden. Die epochalen Leiſtungen der Menſchheit prägen ſich in gewiſſen univerſellen
Errungenſchaften aus, und wenn dies als Axiom gelten ſoll, dann hat keine Er-
rungenſchaft, und wäre ſie von noch ſo einſchneidender Bedeutung, einen ähnlichen
internationalen Erfolg zu verzeichnen, wie die Dampfarbeit. Dagegen wollen wir
gelten laſſen, daß die Ideenwelt, welche dieſe Art von menſchlicher Thätigkeit ſegen-
bringend befruchtet, ja ſie gewiſſermaßen erſt auf ihre dominirende Höhe emporgehoben
hat, aus jenem reichen Bildungsſtoffe hervorgegangen iſt, der unſere Zeit durchſetzt.
Die rein äußerlichen Kennzeichen des »Eiſernen Jahrhunderts« ſind in erſter
Linie die Großbetriebe, die Heimſtätten der modernen Cyklopen, welche die Natur-
kräfte gebändigt und ſie den Menſchen dienſtbar gemacht haben. Aber was Alles
liegt dazwiſchen! Man denke an den Unterſchied zwiſchen einem Schachthaſpel und
einer Dampf-Fördermaſchine; einem gewöhnlichen Niethammer und einem Dampf-
hammer, deſſen Fallgewicht in neueſter Zeit von 50 Tonnen bis auf 100 und
120 Tonnen geſteigert wurde; zwiſchen einem Spinnrade und einem Selfactor,
einer Buchdruckhandpreſſe und einer Schnellpreſſe, oder zwiſchen dem Dreſchen mit
Flegeln und einer Dampf-Dreſchmaſchine, des Unterſchiedes zwiſchen einem Fracht-
wagen und einem Eiſenbahnzuge, einer Caravelle und einem modernen Panzer-
ungethüm gar nicht zu gedenken. Welcher Weg, welcher Abſtand von der feinſten
Uhrfeder und dem feinen Clavierdraht bis zu der ſchwerſten Locomotive, vom Eiſen-
ſchwamm des Friſchherdes bis zum 75.000 Kilogramm ſchweren Krupp'ſchen
Gußſtahlblock, von der Nähnadel bis zum Eiffelthurm.
Es wäre ungerecht, wollte man dieſe Steigerung der Eiſenarbeit lediglich auf
die im Dampfe innewohnende Kraft zurückführen. Die großartige Entwickelung der
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/22>, abgerufen am 24.11.2024.
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