ausführten und wobei sie übermüthig das eiserne Schwert in die Wagschale warfen den Besiegten ihre Gesetze dictirend. ... In Aegypten war das Eisen seit den ältesten Perioden bekannt, ward aber aus unbekannten Ursachen bis in die späteste Zeit hinein nur ausnahmsweise verwendet. Als ältester Eisenfund dürfte der eiserne Keil anzusehen sein, den Belzoni unter der Sphynx von Karnak fand und welcher der Zeit von 4400--3500 v. Chr. entstammt. Der berühmten eisernen Säule von Delhi in Vorderindien wird ein Alter von 3000 Jahren zugeschrieben. Das Merk- würdigste an ihr sind ihre gewaltigen Dimensionen und daß sie geschmiedet ist. Sie ragt 10 Meter aus dem Boden, steckt 10 Meter in demselben und hat über der Erde 38, an der Spitze 28 Centimeter Durchmesser! Das ist selbst für unsere Zeit ein gewaltiges Schmiedestück.
Als das eiserne Zeitalter in voller Entwickelung begriffen war, traten die Römer auf den Plan. Sie waren die ersten Welteroberer im großen Style. Die Horden der Völkerwanderung warfen mit ihren eisernen Waffen das zusammen, was die Cäsaren aufgebaut hatten. Schon zur Zeit der Karolinger begann man das Eisen den Kleidungsstücken anzupassen, die Kreuzzügler endlich kleideten sich vollends in solches. Den flinken, leichtbewehrten Orientalen fremdartige Erscheinungen, standen die eisengepanzerten Kreuzritter gleichwohl ihren Feinden an Güte der Waffen nach. Bekannt ist die Probe, welche Sultan Saladin dem Brittenkönig Richard Löwenherz bezüglich der Vorzüglichkeit der Damascenerklingen gab. Er ließ sich ein weiches, seidenes, mit Daunen angefülltes Kissen reichen und theilte dasselbe mühelos in zwei Hälften, indem er die haarscharfe elastische Klinge nur leicht von oben nach unten durch das Kissen hindurchzog. Das hatte der wuchtige Hieb des Kreuzfahrers nicht zu Stande gebracht.
Aus den altgermanischen Sagen ist bekannt, welche Rolle vorzügliche Schwerter beziehungsweise die Waffenschmiede spielten. Bei den Normannen, Sachsen und anderen Völkern wurden sie gleich den Häuptlingen geehrt, Dank ihrer Kunst, mit der das Kriegshandwerk eng verknüpft war. Aber auch sonst galten die Schmiede als unentbehrlich. Unter den Hochschotten geht die Sage, daß einst ein Schmied eines Verbrechens wegen hingerichtet werden sollte. Dem Clan-Häuptling paßte die Sache nicht, und da er den einzigen Schmied seines Gaues nicht verlieren wollte, schlug er vor, an seinerstatt -- zwei Weber aufzuhenken.
Es ist bezeichnend für die Bedeutung des Eisens, daß es so viel anekdotisches Material liefert, daß es von den Dichtern in allen denkbaren Variationen gefeiert wurde und daß es schon frühzeitig in das Kunsthandwerk hereingezogen wurde. Aber ebenso bezeichnend ist das lange Verweilen des nützlichen Metalls auf dieser Stufe. Zur wirklichen Weltherrschaft gelangte das Eisen erst mit der Inaugurirung der Aera des Dampfes. "Dampf und Eisen" ist die Signatur des neuesten Weltalters. Erst mit Hilfe des Dampfes, welche die menschliche Muskelkraft von der schwersten Last der Arbeit befreite, beginnt das Eisen seine große Rolle an- zutreten. Ueber den Waffen und Gebrauchsgegenständen trat nun die -- Maschine
Einleitung.
ausführten und wobei ſie übermüthig das eiſerne Schwert in die Wagſchale warfen den Beſiegten ihre Geſetze dictirend. ... In Aegypten war das Eiſen ſeit den älteſten Perioden bekannt, ward aber aus unbekannten Urſachen bis in die ſpäteſte Zeit hinein nur ausnahmsweiſe verwendet. Als älteſter Eiſenfund dürfte der eiſerne Keil anzuſehen ſein, den Belzoni unter der Sphynx von Karnak fand und welcher der Zeit von 4400—3500 v. Chr. entſtammt. Der berühmten eiſernen Säule von Delhi in Vorderindien wird ein Alter von 3000 Jahren zugeſchrieben. Das Merk- würdigſte an ihr ſind ihre gewaltigen Dimenſionen und daß ſie geſchmiedet iſt. Sie ragt 10 Meter aus dem Boden, ſteckt 10 Meter in demſelben und hat über der Erde 38, an der Spitze 28 Centimeter Durchmeſſer! Das iſt ſelbſt für unſere Zeit ein gewaltiges Schmiedeſtück.
Als das eiſerne Zeitalter in voller Entwickelung begriffen war, traten die Römer auf den Plan. Sie waren die erſten Welteroberer im großen Style. Die Horden der Völkerwanderung warfen mit ihren eiſernen Waffen das zuſammen, was die Cäſaren aufgebaut hatten. Schon zur Zeit der Karolinger begann man das Eiſen den Kleidungsſtücken anzupaſſen, die Kreuzzügler endlich kleideten ſich vollends in ſolches. Den flinken, leichtbewehrten Orientalen fremdartige Erſcheinungen, ſtanden die eiſengepanzerten Kreuzritter gleichwohl ihren Feinden an Güte der Waffen nach. Bekannt iſt die Probe, welche Sultan Saladin dem Brittenkönig Richard Löwenherz bezüglich der Vorzüglichkeit der Damascenerklingen gab. Er ließ ſich ein weiches, ſeidenes, mit Daunen angefülltes Kiſſen reichen und theilte dasſelbe mühelos in zwei Hälften, indem er die haarſcharfe elaſtiſche Klinge nur leicht von oben nach unten durch das Kiſſen hindurchzog. Das hatte der wuchtige Hieb des Kreuzfahrers nicht zu Stande gebracht.
Aus den altgermaniſchen Sagen iſt bekannt, welche Rolle vorzügliche Schwerter beziehungsweiſe die Waffenſchmiede ſpielten. Bei den Normannen, Sachſen und anderen Völkern wurden ſie gleich den Häuptlingen geehrt, Dank ihrer Kunſt, mit der das Kriegshandwerk eng verknüpft war. Aber auch ſonſt galten die Schmiede als unentbehrlich. Unter den Hochſchotten geht die Sage, daß einſt ein Schmied eines Verbrechens wegen hingerichtet werden ſollte. Dem Clan-Häuptling paßte die Sache nicht, und da er den einzigen Schmied ſeines Gaues nicht verlieren wollte, ſchlug er vor, an ſeinerſtatt — zwei Weber aufzuhenken.
Es iſt bezeichnend für die Bedeutung des Eiſens, daß es ſo viel anekdotiſches Material liefert, daß es von den Dichtern in allen denkbaren Variationen gefeiert wurde und daß es ſchon frühzeitig in das Kunſthandwerk hereingezogen wurde. Aber ebenſo bezeichnend iſt das lange Verweilen des nützlichen Metalls auf dieſer Stufe. Zur wirklichen Weltherrſchaft gelangte das Eiſen erſt mit der Inaugurirung der Aera des Dampfes. »Dampf und Eiſen« iſt die Signatur des neueſten Weltalters. Erſt mit Hilfe des Dampfes, welche die menſchliche Muskelkraft von der ſchwerſten Laſt der Arbeit befreite, beginnt das Eiſen ſeine große Rolle an- zutreten. Ueber den Waffen und Gebrauchsgegenſtänden trat nun die — Maſchine
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[5/0021]
Einleitung.
ausführten und wobei ſie übermüthig das eiſerne Schwert in die Wagſchale warfen
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Perioden bekannt, ward aber aus unbekannten Urſachen bis in die ſpäteſte Zeit
hinein nur ausnahmsweiſe verwendet. Als älteſter Eiſenfund dürfte der eiſerne Keil
anzuſehen ſein, den Belzoni unter der Sphynx von Karnak fand und welcher der
Zeit von 4400—3500 v. Chr. entſtammt. Der berühmten eiſernen Säule von
Delhi in Vorderindien wird ein Alter von 3000 Jahren zugeſchrieben. Das Merk-
würdigſte an ihr ſind ihre gewaltigen Dimenſionen und daß ſie geſchmiedet iſt.
Sie ragt 10 Meter aus dem Boden, ſteckt 10 Meter in demſelben und hat über
der Erde 38, an der Spitze 28 Centimeter Durchmeſſer! Das iſt ſelbſt für unſere
Zeit ein gewaltiges Schmiedeſtück.
Als das eiſerne Zeitalter in voller Entwickelung begriffen war, traten die
Römer auf den Plan. Sie waren die erſten Welteroberer im großen Style. Die
Horden der Völkerwanderung warfen mit ihren eiſernen Waffen das zuſammen,
was die Cäſaren aufgebaut hatten. Schon zur Zeit der Karolinger begann man
das Eiſen den Kleidungsſtücken anzupaſſen, die Kreuzzügler endlich kleideten ſich
vollends in ſolches. Den flinken, leichtbewehrten Orientalen fremdartige Erſcheinungen,
ſtanden die eiſengepanzerten Kreuzritter gleichwohl ihren Feinden an Güte der
Waffen nach. Bekannt iſt die Probe, welche Sultan Saladin dem Brittenkönig
Richard Löwenherz bezüglich der Vorzüglichkeit der Damascenerklingen gab.
Er ließ ſich ein weiches, ſeidenes, mit Daunen angefülltes Kiſſen reichen und theilte
dasſelbe mühelos in zwei Hälften, indem er die haarſcharfe elaſtiſche Klinge nur
leicht von oben nach unten durch das Kiſſen hindurchzog. Das hatte der wuchtige
Hieb des Kreuzfahrers nicht zu Stande gebracht.
Aus den altgermaniſchen Sagen iſt bekannt, welche Rolle vorzügliche Schwerter
beziehungsweiſe die Waffenſchmiede ſpielten. Bei den Normannen, Sachſen und
anderen Völkern wurden ſie gleich den Häuptlingen geehrt, Dank ihrer Kunſt, mit
der das Kriegshandwerk eng verknüpft war. Aber auch ſonſt galten die Schmiede
als unentbehrlich. Unter den Hochſchotten geht die Sage, daß einſt ein Schmied
eines Verbrechens wegen hingerichtet werden ſollte. Dem Clan-Häuptling paßte die
Sache nicht, und da er den einzigen Schmied ſeines Gaues nicht verlieren wollte,
ſchlug er vor, an ſeinerſtatt — zwei Weber aufzuhenken.
Es iſt bezeichnend für die Bedeutung des Eiſens, daß es ſo viel anekdotiſches
Material liefert, daß es von den Dichtern in allen denkbaren Variationen gefeiert
wurde und daß es ſchon frühzeitig in das Kunſthandwerk hereingezogen wurde.
Aber ebenſo bezeichnend iſt das lange Verweilen des nützlichen Metalls auf dieſer
Stufe. Zur wirklichen Weltherrſchaft gelangte das Eiſen erſt mit der Inaugurirung
der Aera des Dampfes. »Dampf und Eiſen« iſt die Signatur des neueſten
Weltalters. Erſt mit Hilfe des Dampfes, welche die menſchliche Muskelkraft von
der ſchwerſten Laſt der Arbeit befreite, beginnt das Eiſen ſeine große Rolle an-
zutreten. Ueber den Waffen und Gebrauchsgegenſtänden trat nun die — Maſchine
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/21>, abgerufen am 24.11.2024.
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