der in dem scheinbaren Gewimmel alsbald ein gleichmäßiges Kommen und Gehen der mit den einzelnen Hantirungen betrauten Arbeiter erkennt. Die Ruhe, mit der sich dies Alles abspielt, ist nicht ohne Wirkung auf den Beschauer, der sich kaum des Erstaunens zu erwehren vermag, wenn er die dämonischen Gestalten bald in die Finsterniß zurückweichen, bald sie vor dem Gießcanal feurig angeglüht sieht. Dazu kommen die blendenden Lichtblitze, welche jedesmal weithin und bis hoch zum Sparrenwerk der Halle hinauf den Raum erhellen, so oft eine Ofenthüre ge- öffnet wird.
Allmählich mehren sich die benützten Tiegel zu Hauf und noch nimmt der Zug der Gießer kein Ende. Dennoch verläuft der ganze Vorgang verhältnißmäßig sehr rasch. Um die Form für einen 50 Tonnen-Block zu füllen, bedarf es etwa des Inhaltes von 1200 Tiegeln, welche in ungefähr einer halben Stunde entleert sind. Daß ein so gewaltiger Block nur etwa zwei Stunden benöthigt, um gänzlich zu erstarren, möchte vielleicht den Laien überraschen. Das Krupp'sche Etablissement gießt jedoch nach Bedarf Tiegelstahlblöcke von dem schier unfaßbaren Gewichte von 85 Tonnen! Es ist eine wahre Gigantenwerkstatt, deren Leistungen den Ferne- stehenden umsomehr verblüffen müssen, als sich der eben geschilderte Vorgang so rasch und glatt vor seinen Augen, so scheinbar ohne jede Anstrengung abspielt, daß er ein Wunder zu schauen wähnt. Hierbei verblüfft ganz besonders die stramme Schulung, welche das Wort gänzlich überflüssig macht. Es ist, als hätte man die ineinandergreifenden Theile eines lebenden Mechanismus vor sich. Alles geht Hand in Hand, ohne Hast, ohne Zwischenrufe, ohne geringste Störung.
Angesichts des großen Verbrauches an Tiegeln liegt es auf der Hand, daß dieselben in großen Mengen in einer eigens für diesen Zweck bestimmten Abthei- lung der Fabrik erzeugt werden. Es kommen verschiedene Arten von Thon zur Verwendung und erhalten dieselben eine entsprechende Menge von Graphit zuge- setzt. Das auf diese Weise gewonnene Gemenge kommt in einen Apparat, aus welchem jenes in Form einer etwa schenkeldicken Wurst hervorgepreßt und in kurze Stücke derart zerschnitten wird, daß jedem derselben das vorgeschriebene Gewicht zukommt. Die einzelnen Stücke werden sodann mittelst Holzkeulen in die bereit- stehenden stählernen Hohlformen eingestampft und zuletzt durch einen konischen Preßkolben in der Weise zusammengedrückt, daß die Masse neben der ihr zu ge- benden Form auch die erforderliche Dicke erlangt. Nach Oeffnen der zweitheiligen Form ist der Tiegel fertig und wird nach der Trockenkammer befördert, wo er wochenlange verbleibt, ehe er in Verwendung genommen wird.
Die Tiegelstahlerzeugung bildet die Krone der Krupp'schen Betriebe. Sie hat aber den Fehler, daß sie sehr kostspielig ist und die Möglichkeit, durch dieselbe allen herantretenden Anforderungen zu entsprechen -- vornehmlich in Bezug auf Eisenbahnbedarf und Schiffbau -- von vorneher ausgeschlossen ist. Das Mittel hierzu ist der von uns bereits an anderer Stelle eingehend besprochene Martin- proceß. Versuchen wir es, uns den Unterschied beider Verfahren klar zu machen.
Hüttenwerke.
der in dem ſcheinbaren Gewimmel alsbald ein gleichmäßiges Kommen und Gehen der mit den einzelnen Hantirungen betrauten Arbeiter erkennt. Die Ruhe, mit der ſich dies Alles abſpielt, iſt nicht ohne Wirkung auf den Beſchauer, der ſich kaum des Erſtaunens zu erwehren vermag, wenn er die dämoniſchen Geſtalten bald in die Finſterniß zurückweichen, bald ſie vor dem Gießcanal feurig angeglüht ſieht. Dazu kommen die blendenden Lichtblitze, welche jedesmal weithin und bis hoch zum Sparrenwerk der Halle hinauf den Raum erhellen, ſo oft eine Ofenthüre ge- öffnet wird.
Allmählich mehren ſich die benützten Tiegel zu Hauf und noch nimmt der Zug der Gießer kein Ende. Dennoch verläuft der ganze Vorgang verhältnißmäßig ſehr raſch. Um die Form für einen 50 Tonnen-Block zu füllen, bedarf es etwa des Inhaltes von 1200 Tiegeln, welche in ungefähr einer halben Stunde entleert ſind. Daß ein ſo gewaltiger Block nur etwa zwei Stunden benöthigt, um gänzlich zu erſtarren, möchte vielleicht den Laien überraſchen. Das Krupp'ſche Etabliſſement gießt jedoch nach Bedarf Tiegelſtahlblöcke von dem ſchier unfaßbaren Gewichte von 85 Tonnen! Es iſt eine wahre Gigantenwerkſtatt, deren Leiſtungen den Ferne- ſtehenden umſomehr verblüffen müſſen, als ſich der eben geſchilderte Vorgang ſo raſch und glatt vor ſeinen Augen, ſo ſcheinbar ohne jede Anſtrengung abſpielt, daß er ein Wunder zu ſchauen wähnt. Hierbei verblüfft ganz beſonders die ſtramme Schulung, welche das Wort gänzlich überflüſſig macht. Es iſt, als hätte man die ineinandergreifenden Theile eines lebenden Mechanismus vor ſich. Alles geht Hand in Hand, ohne Haſt, ohne Zwiſchenrufe, ohne geringſte Störung.
Angeſichts des großen Verbrauches an Tiegeln liegt es auf der Hand, daß dieſelben in großen Mengen in einer eigens für dieſen Zweck beſtimmten Abthei- lung der Fabrik erzeugt werden. Es kommen verſchiedene Arten von Thon zur Verwendung und erhalten dieſelben eine entſprechende Menge von Graphit zuge- ſetzt. Das auf dieſe Weiſe gewonnene Gemenge kommt in einen Apparat, aus welchem jenes in Form einer etwa ſchenkeldicken Wurſt hervorgepreßt und in kurze Stücke derart zerſchnitten wird, daß jedem derſelben das vorgeſchriebene Gewicht zukommt. Die einzelnen Stücke werden ſodann mittelſt Holzkeulen in die bereit- ſtehenden ſtählernen Hohlformen eingeſtampft und zuletzt durch einen koniſchen Preßkolben in der Weiſe zuſammengedrückt, daß die Maſſe neben der ihr zu ge- benden Form auch die erforderliche Dicke erlangt. Nach Oeffnen der zweitheiligen Form iſt der Tiegel fertig und wird nach der Trockenkammer befördert, wo er wochenlange verbleibt, ehe er in Verwendung genommen wird.
Die Tiegelſtahlerzeugung bildet die Krone der Krupp'ſchen Betriebe. Sie hat aber den Fehler, daß ſie ſehr koſtſpielig iſt und die Möglichkeit, durch dieſelbe allen herantretenden Anforderungen zu entſprechen — vornehmlich in Bezug auf Eiſenbahnbedarf und Schiffbau — von vorneher ausgeſchloſſen iſt. Das Mittel hierzu iſt der von uns bereits an anderer Stelle eingehend beſprochene Martin- proceß. Verſuchen wir es, uns den Unterſchied beider Verfahren klar zu machen.
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Hüttenwerke.
der in dem ſcheinbaren Gewimmel alsbald ein gleichmäßiges Kommen und Gehen
der mit den einzelnen Hantirungen betrauten Arbeiter erkennt. Die Ruhe, mit der
ſich dies Alles abſpielt, iſt nicht ohne Wirkung auf den Beſchauer, der ſich kaum
des Erſtaunens zu erwehren vermag, wenn er die dämoniſchen Geſtalten bald in
die Finſterniß zurückweichen, bald ſie vor dem Gießcanal feurig angeglüht ſieht.
Dazu kommen die blendenden Lichtblitze, welche jedesmal weithin und bis hoch zum
Sparrenwerk der Halle hinauf den Raum erhellen, ſo oft eine Ofenthüre ge-
öffnet wird.
Allmählich mehren ſich die benützten Tiegel zu Hauf und noch nimmt der
Zug der Gießer kein Ende. Dennoch verläuft der ganze Vorgang verhältnißmäßig
ſehr raſch. Um die Form für einen 50 Tonnen-Block zu füllen, bedarf es etwa
des Inhaltes von 1200 Tiegeln, welche in ungefähr einer halben Stunde entleert
ſind. Daß ein ſo gewaltiger Block nur etwa zwei Stunden benöthigt, um gänzlich
zu erſtarren, möchte vielleicht den Laien überraſchen. Das Krupp'ſche Etabliſſement
gießt jedoch nach Bedarf Tiegelſtahlblöcke von dem ſchier unfaßbaren Gewichte von
85 Tonnen! Es iſt eine wahre Gigantenwerkſtatt, deren Leiſtungen den Ferne-
ſtehenden umſomehr verblüffen müſſen, als ſich der eben geſchilderte Vorgang ſo
raſch und glatt vor ſeinen Augen, ſo ſcheinbar ohne jede Anſtrengung abſpielt,
daß er ein Wunder zu ſchauen wähnt. Hierbei verblüfft ganz beſonders die ſtramme
Schulung, welche das Wort gänzlich überflüſſig macht. Es iſt, als hätte man die
ineinandergreifenden Theile eines lebenden Mechanismus vor ſich. Alles geht Hand
in Hand, ohne Haſt, ohne Zwiſchenrufe, ohne geringſte Störung.
Angeſichts des großen Verbrauches an Tiegeln liegt es auf der Hand, daß
dieſelben in großen Mengen in einer eigens für dieſen Zweck beſtimmten Abthei-
lung der Fabrik erzeugt werden. Es kommen verſchiedene Arten von Thon zur
Verwendung und erhalten dieſelben eine entſprechende Menge von Graphit zuge-
ſetzt. Das auf dieſe Weiſe gewonnene Gemenge kommt in einen Apparat, aus
welchem jenes in Form einer etwa ſchenkeldicken Wurſt hervorgepreßt und in kurze
Stücke derart zerſchnitten wird, daß jedem derſelben das vorgeſchriebene Gewicht
zukommt. Die einzelnen Stücke werden ſodann mittelſt Holzkeulen in die bereit-
ſtehenden ſtählernen Hohlformen eingeſtampft und zuletzt durch einen koniſchen
Preßkolben in der Weiſe zuſammengedrückt, daß die Maſſe neben der ihr zu ge-
benden Form auch die erforderliche Dicke erlangt. Nach Oeffnen der zweitheiligen
Form iſt der Tiegel fertig und wird nach der Trockenkammer befördert, wo er
wochenlange verbleibt, ehe er in Verwendung genommen wird.
Die Tiegelſtahlerzeugung bildet die Krone der Krupp'ſchen Betriebe. Sie hat
aber den Fehler, daß ſie ſehr koſtſpielig iſt und die Möglichkeit, durch dieſelbe
allen herantretenden Anforderungen zu entſprechen — vornehmlich in Bezug auf
Eiſenbahnbedarf und Schiffbau — von vorneher ausgeſchloſſen iſt. Das Mittel
hierzu iſt der von uns bereits an anderer Stelle eingehend beſprochene Martin-
proceß. Verſuchen wir es, uns den Unterſchied beider Verfahren klar zu machen.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/167>, abgerufen am 25.11.2024.
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