sächlich aus oxydirtem Mangan und Eisen, sowie Kieselsäure. Beim Martinflußeisen treten solche Einschlüsse vornehmlich dann auf, wenn mit einem großen Procentsatze Roheisen gearbeitet und der Schmelzproceß durch Zusatz von Erz oder Walzen- schlacke beschleunigt wurde. Beim Thomasflußeisen kann eine schlecht gewählte Roh- eisenzusammensetzung -- zu viel Phosphor, zu wenig Mangan -- den Anlaß geben.
Man bezeichnet alle Blasenbildungen im flüssigen Metall, hervorgerufen durch Oxydationsvorgänge, als Saigerungen. Dieselben sind darauf zurückzuführen, daß beim Chargiren dem oxydirten Eisen nicht genügend Zeit zur Reduction gelassen wird. Die sich bildenden Sauerstoffverbindungen (in Gemeinschaft mit Gaseinschlüssen und Schlackenpartikelchen) streben wohl -- weil specifisch leichter -- zu entweichen, werden aber meist im oberen Drittel
[Abbildung]
Fig. 71.
Aetzprobe einer heißen Flußeisencharge mit ausgesaigerter Schlacke im Kern.
des Blockes, wo der Erstarrungsproceß bereits begonnen hat, zurückgehalten. Kleine Ingots zeigen diese Erscheinung weniger als große, weil durch die rascher erfolgte Erstarrung die Sauerstoffver- bindungen dem Flußeisen mechanisch bei- gemengt bleiben. Bei den großen Blöcken ist, wie gesagt, die Zeit zu kurz, um ein vollständiges Aussaigern der vorhandenen und neugebildeten Sauerstoffverbindungen des Mangans u. s. w. zu gestatten.
Der Vorgang selbst erklärt sich da- durch, daß die reinen Eisentheilchen eine höhere Schmelztemperatur haben als die Sauerstoffverbindungen. Nach erfolgtem Guß erstarren nun am Rande der Coquille die Eisentheilchen zuerst, während die flüssigeren Oxyde nach dem Innern des Blockes abgestoßen werden. Die Randtheile des letzteren werden also hart, während der Kern noch teigig ist. Bei besonders heißen Güssen mit sehr dünnflüssigem Material wird also consequenter Weise der Rand des Blockes umso oxydfreier, der Kern umso oxydreicher.
Sehr treffend bemerkt A. Kühfus, dem wir hier vorzugsweise folgen: "Gäbe es ein Verfahren, den flüssigen Stahl nur eine Stunde lang in der Gieß- pfanne oder sonst in einem geschlossenen Gefäße stehen lassen zu können, ohne eine Temperaturabnahme befürchten zu müssen, so würde man einen Stahl erhalten, der die Eigenschaften des Tiegelstahles besäße. Denn Tiegelstahl ist nichts anderes wie vollständig ausgesaigerter Stahl, d h. ein Stahl ohne Sauerstoffverbindungen."
Bedenklicher als die Oxyde sind die im Flußeisen eingeschlossenen Gase. Ihr Vorhandensein verräth sich durch ein plötzliches Steigen beziehungsweise Sinken der Schmelzmasse in der Coquille. Letzteres kann man künstlich hervorrufen, wenn
Formgebungsarbeiten.
ſächlich aus oxydirtem Mangan und Eiſen, ſowie Kieſelſäure. Beim Martinflußeiſen treten ſolche Einſchlüſſe vornehmlich dann auf, wenn mit einem großen Procentſatze Roheiſen gearbeitet und der Schmelzproceß durch Zuſatz von Erz oder Walzen- ſchlacke beſchleunigt wurde. Beim Thomasflußeiſen kann eine ſchlecht gewählte Roh- eiſenzuſammenſetzung — zu viel Phosphor, zu wenig Mangan — den Anlaß geben.
Man bezeichnet alle Blaſenbildungen im flüſſigen Metall, hervorgerufen durch Oxydationsvorgänge, als Saigerungen. Dieſelben ſind darauf zurückzuführen, daß beim Chargiren dem oxydirten Eiſen nicht genügend Zeit zur Reduction gelaſſen wird. Die ſich bildenden Sauerſtoffverbindungen (in Gemeinſchaft mit Gaseinſchlüſſen und Schlackenpartikelchen) ſtreben wohl — weil ſpecifiſch leichter — zu entweichen, werden aber meiſt im oberen Drittel
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Fig. 71.
Aetzprobe einer heißen Flußeiſencharge mit ausgeſaigerter Schlacke im Kern.
des Blockes, wo der Erſtarrungsproceß bereits begonnen hat, zurückgehalten. Kleine Ingots zeigen dieſe Erſcheinung weniger als große, weil durch die raſcher erfolgte Erſtarrung die Sauerſtoffver- bindungen dem Flußeiſen mechaniſch bei- gemengt bleiben. Bei den großen Blöcken iſt, wie geſagt, die Zeit zu kurz, um ein vollſtändiges Ausſaigern der vorhandenen und neugebildeten Sauerſtoffverbindungen des Mangans u. ſ. w. zu geſtatten.
Der Vorgang ſelbſt erklärt ſich da- durch, daß die reinen Eiſentheilchen eine höhere Schmelztemperatur haben als die Sauerſtoffverbindungen. Nach erfolgtem Guß erſtarren nun am Rande der Coquille die Eiſentheilchen zuerſt, während die flüſſigeren Oxyde nach dem Innern des Blockes abgeſtoßen werden. Die Randtheile des letzteren werden alſo hart, während der Kern noch teigig iſt. Bei beſonders heißen Güſſen mit ſehr dünnflüſſigem Material wird alſo conſequenter Weiſe der Rand des Blockes umſo oxydfreier, der Kern umſo oxydreicher.
Sehr treffend bemerkt A. Kühfus, dem wir hier vorzugsweiſe folgen: »Gäbe es ein Verfahren, den flüſſigen Stahl nur eine Stunde lang in der Gieß- pfanne oder ſonſt in einem geſchloſſenen Gefäße ſtehen laſſen zu können, ohne eine Temperaturabnahme befürchten zu müſſen, ſo würde man einen Stahl erhalten, der die Eigenſchaften des Tiegelſtahles beſäße. Denn Tiegelſtahl iſt nichts anderes wie vollſtändig ausgeſaigerter Stahl, d h. ein Stahl ohne Sauerſtoffverbindungen.«
Bedenklicher als die Oxyde ſind die im Flußeiſen eingeſchloſſenen Gaſe. Ihr Vorhandenſein verräth ſich durch ein plötzliches Steigen beziehungsweiſe Sinken der Schmelzmaſſe in der Coquille. Letzteres kann man künſtlich hervorrufen, wenn
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Formgebungsarbeiten.
ſächlich aus oxydirtem Mangan und Eiſen, ſowie Kieſelſäure. Beim Martinflußeiſen
treten ſolche Einſchlüſſe vornehmlich dann auf, wenn mit einem großen Procentſatze
Roheiſen gearbeitet und der Schmelzproceß durch Zuſatz von Erz oder Walzen-
ſchlacke beſchleunigt wurde. Beim Thomasflußeiſen kann eine ſchlecht gewählte Roh-
eiſenzuſammenſetzung — zu viel Phosphor, zu wenig Mangan — den Anlaß geben.
Man bezeichnet alle Blaſenbildungen im flüſſigen Metall, hervorgerufen durch
Oxydationsvorgänge, als Saigerungen. Dieſelben ſind darauf zurückzuführen,
daß beim Chargiren dem oxydirten Eiſen nicht genügend Zeit zur Reduction gelaſſen
wird. Die ſich bildenden Sauerſtoffverbindungen (in Gemeinſchaft mit Gaseinſchlüſſen
und Schlackenpartikelchen) ſtreben wohl — weil ſpecifiſch leichter — zu entweichen,
werden aber meiſt im oberen Drittel
[Abbildung Fig. 71. Aetzprobe einer heißen Flußeiſencharge mit
ausgeſaigerter Schlacke im Kern.]
des Blockes, wo der Erſtarrungsproceß
bereits begonnen hat, zurückgehalten.
Kleine Ingots zeigen dieſe Erſcheinung
weniger als große, weil durch die raſcher
erfolgte Erſtarrung die Sauerſtoffver-
bindungen dem Flußeiſen mechaniſch bei-
gemengt bleiben. Bei den großen Blöcken
iſt, wie geſagt, die Zeit zu kurz, um ein
vollſtändiges Ausſaigern der vorhandenen
und neugebildeten Sauerſtoffverbindungen
des Mangans u. ſ. w. zu geſtatten.
Der Vorgang ſelbſt erklärt ſich da-
durch, daß die reinen Eiſentheilchen eine
höhere Schmelztemperatur haben als die
Sauerſtoffverbindungen. Nach erfolgtem
Guß erſtarren nun am Rande der
Coquille die Eiſentheilchen zuerſt, während die flüſſigeren Oxyde nach dem Innern
des Blockes abgeſtoßen werden. Die Randtheile des letzteren werden alſo hart,
während der Kern noch teigig iſt. Bei beſonders heißen Güſſen mit ſehr dünnflüſſigem
Material wird alſo conſequenter Weiſe der Rand des Blockes umſo oxydfreier, der
Kern umſo oxydreicher.
Sehr treffend bemerkt A. Kühfus, dem wir hier vorzugsweiſe folgen:
»Gäbe es ein Verfahren, den flüſſigen Stahl nur eine Stunde lang in der Gieß-
pfanne oder ſonſt in einem geſchloſſenen Gefäße ſtehen laſſen zu können, ohne eine
Temperaturabnahme befürchten zu müſſen, ſo würde man einen Stahl erhalten, der
die Eigenſchaften des Tiegelſtahles beſäße. Denn Tiegelſtahl iſt nichts anderes wie
vollſtändig ausgeſaigerter Stahl, d h. ein Stahl ohne Sauerſtoffverbindungen.«
Bedenklicher als die Oxyde ſind die im Flußeiſen eingeſchloſſenen Gaſe. Ihr
Vorhandenſein verräth ſich durch ein plötzliches Steigen beziehungsweiſe Sinken
der Schmelzmaſſe in der Coquille. Letzteres kann man künſtlich hervorrufen, wenn
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/111>, abgerufen am 24.11.2024.
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